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# taz.de -- Mega-Gesetzentwurf in Argentinien: Milei will Gesetze selber machen
> Um seinen radikalen Staats- und Sozialabbau ohne Parlament verwirklichen
> zu können, legt Argentiniens Präsident Milei ein Ermächtigungsgesetz vor.
Bild: Noch halten sich die Proteste gegen Mileis Politik in Argentinien in Gren…
Buenos Aires taz | Argentiniens Präsident [1][Javier Milei] will
Sondervollmachten. Am Mittwoch legte der Präsident dem Kongress einen
Mega-Gesetzentwurf vor. Darin wird vorgeschlagen, dass der Kongress das
verfassungsmäßige Verbot der Übertragung von Gesetzgebungsbefugnissen an
die Exekutive aussetzt und bis Ende 2025 den öffentlichen Notstand in den
Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Steuern, soziale Sicherheit, Sicherheit,
Verteidigung, Zölle, Energie, Gesundheit, Verwaltung und Soziales ausruft.
„Auf dieser Grundlage werden der Exekutive in diesen Bereichen
gesetzgeberische Befugnisse mit dem entsprechenden Zeitrahmen und den
entsprechenden Grundlagen übertragen, sodass die Exekutive […] die für den
Notstand erforderlichen Vorschriften erlassen und anwenden kann“, heißt es
in dem 351 Seiten starken Gesetzentwurf.
Der Entwurf umfasst 664 Artikel und sieht einen tiefgreifenden Umbau des
Staates auch ohne die Sondervollmachten vor. Neben umfangreichen
Privatisierungs-, Wirtschafts-, Wahl-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen wird
eine Umstrukturierung der staatlichen Verwaltung vorgeschlagen. So sollen
beispielsweise Einrichtungen wie das Institut gegen Diskriminierung,
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus (Inadi) abgeschafft werden.
Im Einklang mit der wirtschaftslibertären Ideologie des Präsidenten sollten
„die Privatinitiative und die Entwicklung von Industrie und Handel durch
ein Rechtssystem gefördert werden, das allen Bewohnern des Landes die
Vorteile der Freiheit sichert und alle staatlichen Eingriffe einschränkt,
die nicht zum Schutz der verfassungsmäßigen Rechte notwendig sind“, heißt
es in der Begründung. Trotz der Sommerpause soll der Kongress bis Ende
Januar in Sondersitzungen über den Gesetzentwurf entscheiden.
## Noch hat Milei Unterstützung in der Bevölkerung
Schließlich verlangt die Exekutive auch die Zustimmung des Kongresses zu
dem umfangreichen [2][Dekret], dass Milei letzte Woche erlassen hatte und
das am Freitag in Kraft tritt. Es umfasst 366 Artikel mit weitreichenden
wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Deregulierungen sowie
Sparmaßnahmen. Bei der Justiz sind bereits zahlreiche Anträge auf
einstweilige Verfügung gegen das Dekret anhängig. Die Entscheidungen
darüber stehen noch aus.
Argentiniens Staatsoberhäupter machen regelmäßig von solchen „Dekreten der
Notwendigkeit und Dringlichkeit“ (DNU) Gebrauch. Um sie aufzuheben, müssen
sie von beiden Kammern des Kongress mit einfacher Mehrheit abgelehnt
werden. Mileis Dekret wird vor allem wegen seines enormen Umfangs und
seiner Reichweite kritisiert. Am Mittwoch heizte er die Debatte darüber
weiter an. „Die Langsamkeit, mit der die Gesetzgeber die DNU-Debatte
führen, ist darauf zurückzuführen, dass sie auf der Suche nach
Bestechungsgeldern sind“, sagte der Präsident.
Am selben Tag protestierten in der Hauptstadt Buenos Aires rund 12.000
Menschen gegen das Dekret. Aufgerufen hatten Gewerkschaften und kleine
linke Parteien. „Legal zu sein, heißt, die nationale Verfassung zu
respektieren. Legitim sein, heißt, die Mehrheiten zu überzeugen. Wer dieses
System nicht respektiert, läuft Gefahr, nicht respektiert zu werden“, heißt
es in einer verlesenen Erklärung.
Doch die Straßenproteste halten sich derzeit in Grenzen, und das nicht nur
wegen der strengen Sicherheitsmaßnahmen. Umfragen zufolge sind bis zu 70
Prozent der Bevölkerung mit dem Vorgehen des Präsidenten einverstanden.
Entsprechend zurückhaltend agiert auch die politische Opposition der
ehemals regierenden Peronisten. Die Stimmung könnte jedoch kippen, sobald
die [3][Inflationsrate] noch weiter ansteigt. Allein für den Monat Dezember
wird ein Preisanstieg zwischen 20 und 30 Prozent vorausgesagt.
28 Dec 2023
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## AUTOREN
Jürgen Vogt
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