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# taz.de -- Hochwasser in Niedersachen: Keine Entwarnung – aber Hoffnung
> Auch wenn sich die Lage in einzelnen Gebieten weiter zuspitzt, gibt das
> Wetter in Niedersachsen Grund zum Aufatmen. Doch die Lehren stehen noch
> aus.
Bild: Huckepack statt Büroalltag: In Oldenburg sollen ehrenamtliche Rettungskr…
Hannover taz | Möglicherweise werden es am Ende zwei Faktoren sein, die
dafür sorgen, das Niedersachsen beim Hochwasser glimpflicher davon kommt
als befürchtet. Der erste: Die Flut kam mit Ansage, das verschaffte den
Einsatzkräften Zeit, mobile Schutzsysteme zu installieren. Der zweite
Faktor: Das Wasser fand genug plattes Land, auf dem es sich ausbreiten
konnte.
Bei aller Erleichterung darüber, dass der Regen endlich nachlässt – für
eine Entwarnung ist es am Mittwoch noch zu früh. Mit einiger Verzögerung
erst lassen sich die Höchststände der Wassermassen an den Pegeln von Aller,
Leine und Oker nachlesen. Auch Weser und Ems führten zuletzt wieder mehr
Wasser. In einzelnen Regionen spitzt sich die Lage deshalb weiter zu.
Für die Landkreise Celle, Verden, Oldenburg, Osterholz, das Emsland und den
Heidekreis gilt immer noch der Status „außergewöhnliches Ereignis“ – das
ist eine Stufe vor der Ausrufung des Katastrophenfalls. Besonders betroffen
ist auch die Stadt Oldenburg, wo sich mehrere hundert Menschen auf eine
mögliche Evakuierung vorbereiten.
Auch deshalb hat die Staatskanzlei zusammen mit den Kammern und Verbänden
gerade noch einen Appell an die Arbeitgeber gerichtet. Sie müssen die rund
140.000 ehrenamtlichen Fluthelfer von Feuerwehr und THW weiter freistellen.
## Die Talsperren und das Hochwasser
Trotzdem, erklärt Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), es sei doch auch
beeindruckend, dass man bisher weniger als 2.000 Menschen aus ihren Häusern
habe holen müssen – obwohl weite Teile des Landes unter Wasser stünden. Das
zeige eben auch, dass man nach dem Hochwasser 2017 gelernt habe.
Auf X (früher Twitter) tummeln sich derweil schon die ersten
Verschwörungserzähler, die vom Staat als Verantwortlichen des Hochwassers
raunen. Der Hintergrund: Die komplexe Steuerung der Talsperren im Harz. Die
Resevoirs waren an den Weihnachtsfeiertagen vollgelaufen und mussten in der
Folge Wasser ablassen, was zum großen Bangen an den Unterläufen führte.
Doch die befürchteten Hochwasserwellen blieben weitgehend aus. Pünktlich
zum Eintreffen des Dauerregens konnten die Talsperren neues Wasser fassen.
„Entgegen aller anders lautender Gerüchte haben wir es insgesamt geschafft,
zur Dämpfung der Hochwasserwellen beizutragen“, sagte Anne Rickmeyer, die
Direktorin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft,
Küsten- und Naturschutz (NLWKN).
Doch möglicherweise muss man bei den Talsperren, die vor allem
Trinkwasserreservoir und Energielieferant sind, langfristig nachjustieren.
Denn auch dieses System muss auf den Klimawandel reagieren, wie [1][ein
Forschungsprojekt der TU Clausthal im vergangenen Jahr] zeigte.
Einerseits fallen die Pegel nach langen Dürremonaten auf ungeahnte Tiefen.
So wurden im Dezember 2022 in der Okertalsperre die Überreste des 1954
gefluteten Dorfes Unterschulenberg wieder sichtbar. Andererseits müssen im
Januar und Februar plötzlich große Niederschlagsmengen aufgefangen und
gehalten werden. Darauf sind die Systeme bisher nicht ausgelegt gewesen.
## Weil zur verpflichtenden Elementarschadenversicherung
In der Fläche und an den Flüssen spielen andere Maßnahmen eine Rolle:
Renaturierungen, Auewälder, Überlaufflächen – doch anders als
prestigeträchtige Großprojekte verliert sich hier vieles im kommunalen
Klein-Klein. Wer hier seine Hausaufgaben gemacht hat, wird sich wohl erst
feststellen lassen, wenn das Wasser endlich abgeflossen ist.
Das gilt auch für die Schadenssumme, wie Ministerpräsident Weil betonte.
Debatten über eine Aussetzung der Schuldenbremse hielt er deshalb für
verfrüht. Die Landesregierung diskutiere aber über die Aufsetzung eines
Fonds wie nach dem Hochwasser 2017. Über Umfang und Konditionen werde noch
beraten.
Weil plädierte auch dafür, über eine Pflicht zu
Elementarschadenversicherungen nachzudenken. Dies werde von allen
Bundesländern gefordert. „Solche Extremwetterereignisse werden nicht
weniger, sondern eher mehr.“
3 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.tu-clausthal.de/universitaet/einrichtungen/presse-und-oeffentli…
## AUTOREN
Nadine Conti
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Hochwasser
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Stephan Weil
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