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# taz.de -- SPD debattiert über Migration: Schulze fordert weniger Populismus
> Vor dem Parteitag der SPD kritisieren mehrere Anträge die Asylpolitik der
> Ampel. Auch Entwicklungsministerin Schulze wirbt für Solidarität.
Bild: Svenja Schulze fordert Sachlichkeit in der Migrationsdebatte, im Flüchtl…
Berlin taz | Migration und Integration dürften auf dem SPD-Parteitag am
Wochenende für kontroverse Debatten sorgen. Derzeit liegen 58 Anträge zu
den Themenfeldern vor. Die meisten davon setzen sich kritisch mit der
Asylpolitik der selbst angeführten Bundesregierung auseinander. Sie reichen
von der Forderung, [1][das Gemeinsame Europäische Asylsystem als inhuman]
abzulehnen, bis hin zur Einführung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer
aus Nicht-EU-Staaten.
Selbst aus dem SPD-Parteivorstand kommen nun Vorschläge, die Asylpolitik zu
korrigieren. Etwa von der Genossin Svenja Schulze aus Münster in
Nordrhein-Westfalen, im sonstigen Leben auch Bundesentwicklungsministerin
in der Ampelregierung.
Deutschland trage eine historische Verantwortung für Menschen, die vor
Vertreibung, Verfolgung, Zerstörung und Krieg fliehen, heißt es in dem
Antrag, der der taz vorliegt. „Abschottung, Ober- und Belastungsgrenzen
sind keine Lösung, sondern Populismus“, schreibt Schulze und schlägt damit
einen deutlich solidarischeren Grundton an, als zuletzt in der politischen
Debatte üblich. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach im November im
Spiegel etwa davon, dass Deutschland [2][„endlich im großen Stil
abschieben“ müsse.]
Schulze fordert eine Versachlichung der Debatte um Migrationspolitik und
konkret eine bessere Unterstützung der Aufnahmeländer im Globalen Süden.
Rund 80 Prozent der weltweit 110 Millionen Flüchtlinge fänden Aufnahme im
Nachbarland. „Sie dürfen wir mit dieser Aufgabe nicht allein lassen“,
schreibt Schulze und fordert die Bundesrepublik auf voranzugehen. Beim
Globalen Flüchtlingsforum Mitte Dezember müsse Deutschland „eine
Führungsrolle einnehmen und ganz konkrete Unterstützung bei der Bildung,
Gesundheit und Beschäftigung für Flüchtlinge zusagen.“
## Schulze kritisiert verengten EU-Diskurs
Beim Globalen Flüchtlingsforum kommen die Minister:innen erstmals seit
2019 wieder in Genf zusammen und überprüfen, ob und welche [3][Fortschritte
beim UNO-Flüchtlingspakt] erzielt wurden, etwa wenn es darum geht,
Flüchtlinge besser zu versorgen und zu verteilen.
Schulze fordert Migrationsabkommen mit Partnerländern, zu denen auch
gehöre, „dass Menschen, die kein Recht auf einen Aufenthalt in Deutschland
und Europa haben, von Ihren Herkunftsstaaten wieder aufgenommen werden.“
Sie hält jedoch nichts von der Forderung, Entwicklungsgelder zu kürzen,
falls Staaten nicht bereit sind zu kooperieren. „Wer bei Ernährung, Bildung
oder Gesundheitssystemen kürzt, vergrößert das Leid von Menschen und
politische und soziale Unsicherheit.“
Die Debatte in der EU kritisiert sie. „Die Antworten, nach denen viele
EU-Mitgliedsstaaten rufen, funktionieren schlichtweg nicht.“ Seit Jahren
verenge sich der Diskurs immer mehr auf restriktive Maßnahmen, so die
Genossin und warnt bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
vor einer Aushöhlung des Asylrechts. Das werde von den Partnerländern im
Globalen Süden sehr genau beobachtet und vermittle den Eindruck doppelter
Standards – „von Partnerländern fordern wir Schutz und Aufnahme von
Flüchtlingen ein und die EU selbst tut das Gegenteil?“
Damit ein Antrag als Initiativantrag auf dem Parteitag debattiert wird,
müssen 50 Unterstützer:innen aus 5 Bezirken gewonnen werden oder der
Parteivorstand muss mehrheitlich dafür stimmen. Aus Schulzes Umfeld hieß
es, die 50 Unterstützer:innen zu finden, werde kein Problem sein.
## SPD Berlin will keine Familien in EU-Außenlagern
Die Anträge, die bereits vorliegen, gehen zum Teil deutlich über den Antrag
von Schulze hinaus. So fordert etwa der Landesverband Berlin dem
Gemeinsamen Europäischen Asylsystem nur zuzustimmen, wenn Familien mit
minderjährigen Kindern von jeglicher Form von Grenzverfahren ausgenommen
seien.
Die Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt fordert alle Außenlager zu
schließen und Flüchtlinge in die EU-Länder zu verteilen. Beide lehnen eine
Verschärfung von Abschiebungen, wie etwa die Verlängerung der Abschiebehaft
von 10 auf 28 Tage ab. Die Jusos wollen die Seenotrettung
entkriminalisieren, die Kommunen besser unterstützen, alle Ankerzentren
schließen, Arbeitsverbote abschaffen und das Asylbewerberleistungsgesetz
überarbeiten.
Wie all diese Anträge auf dem Parteitag behandelt werden, wird sich am
Donnerstag entscheiden. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat in Absprache
mit den Jusos, der AG Migration, Fach- und Kommunalpolitikern einen eigenen
Antrag zu dem Thema erarbeitet. Dieser soll am Donnerstag vom Vorstand
verabschiedet und ebenfalls auf dem Parteitag debattiert werden. Auch
Schulzes Antrag könnte darin aufgehen.
5 Dec 2023
## LINKS
[1] /EU-Asyl-Krisenverordnung/!5961205
[2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/olaf-scholz-ueber-migration-es-k…
[3] https://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/globaler-pakt
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Entwicklungspolitik
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Saskia Esken
Migration
Schwerpunkt UN-Migrationspakt
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