# taz.de -- UNO-Flüchtlingsforum in Genf: Gipfel der gebrochenen Versprechen | |
> Start mit enttäuschender Bilanz: Trotz Annahme des UN-Flüchtlingspakts | |
> vor einem Jahr fehlen Geld und der Wille, Menschen aufzunehmen. | |
Bild: Geflüchtete an der deutsch-österreichischen Grenze im Jahr 2015 | |
GENF taz | Die weltweite Zahl der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen ist | |
seit Verabschiedung des UNO-Flüchtlingspaktes im Dezember 2018 auf die | |
Rekordmarke von 70,8 Millionen gestiegen – so viele wie nie seit Ende des | |
2. Weltkrieges. Doch den Finanzbedarf des UNO-Hochkommissariats für | |
Flüchtlinge (UNHCR) haben die Mitgliedsstaaten bislang nur zu knapp 40 | |
Prozent gedeckt. | |
Mit dieser enttäuschenden Bilanz haben UNO-Generalsekretär António Guterres | |
und der [1][Hochkommissar für Flüchtlinge Filippo Grandi] am Dienstag in | |
Genf das erste Globale Flüchtlingsforum der Vereinten Nationen eröffnet. | |
Rund 3.000 VertreterInnen von Regierungen aus 170 Staaten sowie | |
Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaftsunternehmen nehmen daran teil. | |
„In einer Zeit, in der das Asylrecht angegriffen wird, Flüchtlingen so | |
viele Türen verschlossen sind und so viele Flüchtlingskinder von ihren | |
Familien getrennt und festgehalten werden, müssen wir ihre Menschenrechte | |
bekräftigen“, sagte Guterres. | |
Guterres und Grandi äußerten die Hoffnung, dass die | |
RegierungsvertreterInnen bis zum Ende des Forums am Mittwochabend konkrete | |
und verbindliche Zusagen machen zur verstärkten finanziellen Unterstützung | |
des UNHCR sowie zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen in ihren jeweiligen | |
Ländern, und dass diese Zusagen dann auch eingehalten werden. Das ist | |
dringend notwendig. Gerade mal ein Fünftel der 193 UNO-Staaten engagiert | |
sich in nennenswerter Weise finanziell oder durch die Aufnahme von | |
Flüchtlingen. | |
Unter dem Eindruck der stark erhöhten Zahl von Flüchtlingen, die 2015 nach | |
Europa kamen, hatten die Staats- und Regierungschefs der UNO-Staaten 2016 | |
auf einem Gipfeltreffen in New York die Ausarbeitung eines [2][Globalen | |
Paktes] beschlossen. Erklärtes Ziel war, die Versorgung von Flüchtlingen | |
und ihre Lebensbedingungen zu verbessern und die Verantwortung für diese | |
Aufgabe gerechter als bislang zwischen armen und reichen Weltregionen und | |
Mitgliedsländern zu verteilen. | |
## Ziele nicht erreicht | |
„Es war ein Gipfel der gebrochenen Versprechen“, resümierte der Direktor | |
des Norwegischen Flüchtlingsrates und ehemaligen Nothilfekoordinator der | |
UNO, Jan Egeland am gestrigen Dienstag in Genf. Denn entgegen der Ziele des | |
Gipfels hat sich die Zahl der Flüchtlinge, die Aufnahme in sicheren | |
Drittländern finden, seit 2016 mehr als halbiert: von 126.000 auf 58.000 im | |
Jahr 2018 und 54.000 bis Ende Oktober dieses Jahres. | |
Ende 2018 hatte die UNO gegenüber den Mitgliedsstaaten für die Versorgung | |
der Flüchtlinge bis Ende 2019 einen Finanzbedarf von zehn Milliarden | |
US-Dollar angemeldet. Davon sind erst vier Milliarden Dollar zugesagt und | |
überwiesen. Neun der zehn größten Aufnahmeländer für Flüchtlinge sind | |
Länder mit niedriger und mittlerer Wirtschaftsleistung wie Pakistan mit 1,4 | |
Millionen Flüchtlingen, Uganda (1,2 Millionen), Sudan, Bangladesch und | |
Libanon (jeweils 1,1 Millionen). | |
Als einziges Industrieland in dieser Gruppe liegt Deutschland mit ebenfalls | |
1,1 Millionen Flüchtlinge an sechster Stelle. Größtes Aufnahmeland ist die | |
Türkei mit rund 3,7 Millionen Flüchtlingen – in erster Linie aus dem | |
kriegsversehrten Nachbarland Syrien. | |
In Genf wurde befürchtet, dass der am Montagabend unter extremen | |
Sicherheitsvorkehrungen angereiste türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan | |
in seiner Rede die Drohung wiederholen könnte, syrische Flüchtlinge aus der | |
Türkei in die EU ausreisen zu lassen, wenn die Türkei nicht mehr | |
finanzielle Unterstützung bei der Flüchtlingshilfe bekommt. Dies wäre ein | |
Bruch des EU-Türkei-Abkommens, auf dessen Basis Ankara bereits sechs | |
Milliarden Euro erhalten hat. Aus der ganzen Schweiz und dem benachbarten | |
Frankreich sind Tausende TürkInnen und KurdInnen nach Genf gereist, um für | |
oder gegen Erdoğan zu demonstrieren. | |
17 Dec 2019 | |
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[1] /UNHCR-Fluechtlingskommissar-zu-Flucht/!5604380 | |
[2] /UN-Migrationspakt-wuehlt-Belgien-auf/!5560199 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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