# taz.de -- Sipri-Bericht über Waffenexporte: Rüstungsfirmen fehlen Kapazitä… | |
> Das Friedensforschungsinstitut Sipri sieht vor allem Hersteller aus Asien | |
> als Profiteure globaler Aufrüstung. Die US-Firmen haben | |
> Kapazitätsprobleme. | |
Bild: Frauen vor einer Kampfdrohne auf einer Technikmesse in Instanbul im April… | |
STOCKHOLM taz | Rüstungkonzerne mit zweistelligen Wachstumsraten, deren | |
Produktion mit der massiv gestiegenen Nachfrage nicht Schritt halten kann: | |
Solche Beispiele nennt der am Montag [1][vom Stockholmer internationalen | |
Friedensforschungsinstitut Sipri] veröffentlichte jährliche Rüstungsbericht | |
zuhauf. Er betrachtet die Umsatzentwicklung der weltweit 100 größten | |
Produzenten für Waffen und militärische Dienstleistungen. | |
[2][Trotz des Auftragsbooms, den die russische Invasion in der Ukraine und | |
geopolitische Spannungen auf der ganzen Welt ausgelöst haben], erlebt die | |
Branche nach sieben Plusjahren global ein Umsatzminus. Inflationsbereinigt | |
sanken die Einnahmen der umsatzstärksten Waffenschmieden 2022 um 3,5 | |
Prozent gegenüber dem Vorjahr. | |
Dafür gibt es im Wesentlichen einen Grund, erläutert Lucie Béraud-Sudreau, | |
die Direktorin des Sipri-Programms für Militärausgeben und | |
Waffenproduktion: Die Top-100 Liste wird von den US-Branchenriesen | |
dominiert, die global für über die Hälfte der Umsätze stehen. Und die | |
hätten ihre Produktionskapazitäten nicht rasch genug der gestiegenen | |
Nachfrage anpassen können. | |
Hindernisse seien fortgesetzter Arbeitskräftemangel sowie steigende Kosten | |
und Unterbrechungen der Lieferketten gewesen, die durch den Krieg in der | |
Ukraine verschärft worden seien. Außerdem hätten viele Länder erst spät im | |
Jahr Waffen und Dienstleistungen bestellt, sodass sich aufgrund der | |
Verzögerung zwischen Bestellungen und Produktion der Nachfrageschub 2022 | |
noch nicht in den Umsätzen dieser Unternehmen widergespiegelt habe. | |
## Sinkende Umsätze | |
Die Folge: Bei 32 der 42 US-Unternehmen auf der Top-100-Liste sind die | |
Umsätze mit militärischen Gütern und Dienstleistungen gesunken: um | |
insgesamt 7,9 Prozent auf 302 Milliarden Dollar. Hinter den USA platzierten | |
sich die acht chinesischen Rüstungskonzerne mit einem um 2,7 Prozent auf | |
108 Milliarden Dollar gestiegenem Umsatz auf Platz 2. Die Daten der | |
russischen Konzerne bewertet Sipri als unzuverlässig, „die Transparenz | |
nimmt weiter ab“. | |
[3][Wenn die Konkurrenz aus Asien, Ozeanien und dem Nahen Osten 2022 einen | |
deutlichen Anstieg] ihrer Umsätze verzeichnen konnten, so stellen sie damit | |
laut Sipri „ihre Fähigkeit unter Beweis, innerhalb kürzerer Zeit auf die | |
gestiegene Nachfrage zu reagieren“: Dies gelte insbesondere für Länder, in | |
denen Rüstungsunternehmen über flexible Fertigungskapazitäten verfügten, | |
wie in Israel und Südkorea, und für die, „die sich auf kurze Lieferketten | |
stützen können“. | |
Insgesamt stiegen die Umsätze der 22 in der Rangliste aufgeführten | |
Unternehmen aus Asien und Ozeanien um 3,1 Prozent auf 134 Milliarden | |
US-Dollar und übertrafen damit im zweiten Jahr in Folge die der | |
europäischen Unternehmen auf der Top-100-Liste. Der Umsatz der 26 | |
europäischen Konzerne wuchs leicht um 0,9 Prozent auf 121 Milliarden | |
Dollar. | |
## Material für Zermürbungskriege erfolgreich | |
Vor allem die Produzenten von Munition und gepanzerten Fahrzeugen in | |
Norwegen, Deutschland und Polen hätten profitiert, sagt Sipri-Forscher | |
Lorenzo Scarazzato: „Material eben, das für einen Zermürbungskrieg geeignet | |
ist.“ Polens PGZ steigerte seine Waffeneinnahmen um 14 Prozent, Kongsberg | |
aus Norwegen um 12 Prozent. Die deutschen Waffenschmieden Rheinmetall und | |
Hensholdt um 6 beziehungsweise 6,9 Prozent, Diehl um 13 Prozent. | |
Der Umsatz von KNDS, einer französisch-deutschen Holding aus dem | |
Nexter-Konzern und Krauss-Maffei Wegmann, wuchs um 11 Prozent. | |
Thyssen-Krupp lieferte weniger Marineschiffe ab, weshalb man als einziger | |
deutscher Top-Konzern im militärischen Geschäftsbereich ein Umsatzminus von | |
16 Prozent verbuchte. | |
Den größten Umsatzsprung auf der Sipri-Liste machte mit 94 Prozent die | |
türkische Baykar: „Aufgrund wachsender Verkäufe von Bayraktar TB-2 Drohnen, | |
die von der Ukraine während des Krieges ausgiebig genutzt wurden.“ Die | |
türkische Rüstungsbranche ist nun mit vier statt bislang zwei Unternehmen | |
auf der Rangliste vertreten, zusammen kamen sie auf ein Plus von 22 | |
Prozent. Es seien Unternehmen, „die sich auf technologisch weniger | |
anspruchsvolle Produkte spezialisiert haben und ihre Produktion als | |
Reaktion auf die steigende Nachfrage schneller steigern konnten“, sagt der | |
Sipri-Forscher Diego Lopes da Silva. | |
Für 2023 und die Zukunft rechnet Sipri angesichts voller Orderbücher und | |
weiterhin steigender Nachfrage nach Waffen mit einem „weiteren | |
signifikantem Anstieg der Branchenumsätze“. Von einer „düsteren | |
Entwicklung“ sprach der Sipri-Waffenhandels-Forscher Pieter D. Wezeman | |
kürzlich in einem Interview. In weiten Teilen der Welt „herrscht die | |
Überzeugung, dass Waffen eine wichtige Rolle bei der Verteidigung von | |
Ländern und der Verhinderung von Konflikten spielen“: „Die Möglichkeiten | |
für Abrüstung und Rüstungsbegrenzung sind noch geringer als früher.“ | |
4 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] http://www.sipri.org | |
[2] /Ruestungsbetriebe-in-Norddeutschland/!5917734 | |
[3] /Ruestungsexporte-ueber-den-Hamburger-Hafen/!5943562 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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