# taz.de -- Steigender Meeresspiegel in Südasien: Ein Land ertrinkt | |
> Die Sundarbans im Golf von Bengalen sind die größten Mangrovenwälder der | |
> Welt. Der steigende Meeresspiegel bedroht das Ökosystem und die Anwohner. | |
Bild: Fließender Übergang: die Mangrovenwälder in den Sundarbans | |
Das Sonar Bangla Resort war früher einmal sicher beliebt bei Touristen: | |
Unter Palmen, quasi direkt am Meer gelegen, garantierten die bunt | |
angemalten, um einen kleinen Teich gruppierten Bungalows wohl das, was | |
gemeinhin unter „Tropenfeeling“ verstanden wird. Heute teilt ein | |
zweieinhalb Meter hoher Damm aus Lehm und schwarzen und weißen Sandsäcken | |
die Anlage in zwei Teile: Die Bungalows auf der Seeseite sind zerstört. An | |
die Palmen erinnern nur noch ihre Stümpfe im Wasser. Touristen kommen keine | |
mehr in das Sonar Bangla Resort am Golf von Bengalen, 75 Kilometer | |
südöstlich von Kolkata (früher Kalkutta), der Hauptstadt des indischen | |
Bundesstaates Westbengalen. | |
„Es ging einfach nicht anders, wir mussten den neuen Damm anlegen“, sagt | |
Pramgan, ein 29-jähriger Reisbauer, der direkt neben dem Resort lebt. | |
Sicherlich habe es auch in seiner Kindheit schon Überschwemmungen gegeben, | |
„aber das, was wir in den letzten Jahren erlebt haben, ist völlig neu“. | |
In der Vergangenheit waren es sehr starke Wirbelstürme, die vom Indischen | |
Ozean auf die Küste zurasten und das Land überschwemmten. Bei der großen | |
Flut am Golf von Bengalen 1970 starben mehr als eine halbe Million | |
Menschen. Als der Bangladesch-Zyklon 1991 auf Land traf, kostete das | |
140.000 Inder und Bangladeschis das Leben. „Heute aber reichen schon | |
kleinere Stürme aus, um unsere Felder und Häuser zu überfluten“, sagt | |
Pramgan. | |
Der Klimawandel und seine Folgen, [1][heftiger werdende Stürme], | |
Überschwemmungen – sie lassen der Region das Wasser sprichwörtlich bis zum | |
Hals stehen. | |
Deshalb haben sie sich diesen Sommer in Pakhirala entschlossen, Land zu | |
opfern und darauf einen neuen Damm zu bauen. Das kleine Fischerdorf liegt | |
auf der Insel Gosāba in den Sundarbans, dem größten Mangrovenwald der | |
Welt. Die Flüsse Brahmaputra, Ganges und Meghna haben hier ein Delta | |
erschaffen, das seinesgleichen sucht. Allein auf der indischen Seite | |
bildeten Abermilliarden jener Sand-, Ton- oder Humusteilchen, die das | |
Wasser aus den Bergen und der Ebene zur Küste transportierte, mehr als 100 | |
Inseln, die Hälfte davon ist heute bewohnt. Mit gut 25.000 | |
Quadratkilometern sind die Sundarbans so groß wie Schleswig-Holstein und | |
Rheinland-Pfalz zusammen, knapp 10.000 Quadratkilometer liegen auf | |
indischem Staatsgebiet. Allerdings schwindet die Fläche rasant: Erhebungen | |
zufolge haben Küstenerosion und ein steigender Ozeanpegel in den letzten | |
Jahrzehnten fast 25 Prozent der Mangroven vernichtet. Ein Prozess, der sich | |
beschleunigt. | |
Die Erzählungen von Pramgan passen zu wissenschaftlichen Studien, die es | |
über diese Region gibt. Weil der Klimawandel auch die Ozeane immer wärmer | |
werden lässt, kann immer mehr Wasser verdunsten. Zyklone, tropische | |
Wirbelstürme, bilden sich ab einer Oberflächentemperatur von 26 Grad. | |
Regenwolken können mit steigender Temperatur mehr Wasser speichern, weshalb | |
die Regenfälle immer heftiger werden. Zudem sorgen [2][die schmelzenden | |
Gletscher] weltweit dafür, dass der Meeresspiegel ansteigt. Nach Prognosen | |
des Weltklimarats IPCC könnte der Pegel der Ozeane in 75 Jahren mehr als 80 | |
Zentimeter höher liegen als heute. | |
In den Sundarbarns, wie Satellitenaufnahmen aus den letzten Jahren belegen, | |
läuft der Prozess deutlich schneller ab: Derzeit steigt hier der | |
Meeresspiegel um 3 Zentimeter pro Jahrzehnt. Und Wissenschaftler gehen | |
davon aus, dass es künftig noch schneller gehen könnte. Damit wird nicht | |
nur ein Großteil des Schwemmlands im Delta verschwinden, auch die Mangroven | |
selbst sind in Gefahr. | |
Wobei „die Mangroven“ eine Zusammenfassung für wenigstens 58 nachgewiesene | |
Baumarten ist, die sich in den Sundarbans perfekt an ein Leben sowohl im | |
Süß- wie auch im Salzwasser angepasst haben. Die Gezeiten sind hier | |
besonders stark; alle sechs Stunden sinkt beziehungsweise steigt der | |
Wasserpegel enorm. Die Differenz kann über fünf Meter betragen. Höhe und | |
Höhepunkt von Ebbe und Flut hängen vom Stand des Mondes ab, sie ändern sich | |
täglich und damit auch der Salzgehalt: Bei Ebbe dominiert das Süßwasser aus | |
den Flüssen, bei Flut das salzhaltige aus dem Golf von Bengalen. | |
Dieses stete Hin und Her hat eines der produktivsten Ökosysteme der Welt | |
erschaffen. Mangroven gelten als „Alleskönner“ im Kampf gegen den | |
Klimawandel: Einerseits halten die Baumwurzeln das Schwemmland fest, ohne | |
diesen Bewuchs hätten die Inseln gegen den steigenden Meeresspiegel | |
überhaupt keine Chance. Andererseits binden die Mangrovenwälder große | |
Mengen Treibhausgas, mehr als beispielsweise Wälder in Europa. Doch dieser | |
Kohlendioxidspeicher bleibt nur dann intakt, wenn das salzige Meerwasser | |
nicht die Oberhand über die Landschaft gewinnt. | |
„Der Reisanbau wird immer schwieriger, das Salzwasser vergiftet unsere | |
Böden“, sagt Pramgan. Seine Eltern hätten noch Wassermelonen, Schwammgurken | |
und Chilis auf dem Familiengrund angebaut, „das geht heute nicht mehr, weil | |
die Erde auch Jahre nach einer Flut noch versalzen ist“. Selbst die | |
salzresistenten Züchtungen würden nicht mehr richtig gedeihen, beklagt der | |
Reisbauer. Um ihr Einkommen zu verbessern, versuchen die Bauern auf den | |
Sundarban-Inseln, in angelegten Teichen Regenwasser zu sammeln, um | |
Süßwasserfische zu züchten: „Aber auch dort wird das Wasser immer | |
salzhaltiger.“ Die Bäume der Betelnussplantagen, die Krabbenfarmen, selbst | |
die in Indien heiligen Kühe seien in Gefahr: Das salzhaltige Brackwasser, | |
das sie trinken, ist lebensgefährlich für die Tiere. Pramgan sagt: | |
„Natürlich überlegt man sich, die Heimat zu verlassen.“ | |
Zwei Dörfer weiter, in Sonargar, lebt Anirban Mandal. Auch seine Eltern | |
waren früher Bauern, „allerdings besitzen wir kein eigenes Land, wir | |
nutzten Felder des Großgrundbesitzers“. Dafür mussten sie eine Hälfte der | |
Ernte an den „Landlord“ abgeben. „Das ging lange Zeit gut. So lange, bis | |
der Klimawandel Landwirtschaft für uns unmöglich machte.“ 2020 überspülte | |
Zyklon Ampan sein Haus, es stand fünf Tage lang unter Wasser. 2021 folgte | |
Zyklon Yaas, der Teile des Gebäudes mit sich riss. Danach waren die Böden | |
so durch das Ozeanwasser versalzen, dass gar nichts mehr wuchs. | |
„Die Mangroven sind unsere Schutzwand“, sagt Anirban Mandal. Über Wasser | |
würden die Wirbelstürme im Golf von Bengalen Geschwindigkeiten von bis zu | |
300 Stundenkilometer erreichen. „Die Mangrovenwälder aber bremsen diese | |
Wucht; wenn sie bei uns ankommen, sind sie nur noch 180 Stundenkilometer | |
stark.“ | |
## Luftwurzeln als Schnorchel | |
Die Bäume haben alle möglichen Formen von Luftwurzeln entwickelt, die wie | |
Schnorchel funktionieren und über große Poren Kohlendioxid aufnehmen: | |
Manche ragen wie lange Haare in den Boden, andere sprießen so kurz und hart | |
wie die Enden einer Haarbürste aus dem Sumpf, wieder andere bilden ein | |
Gewirr wie Lianen im Regenwald. Es gibt Luftwurzeln, die zuerst waagerecht | |
in den Boden wachsen, dann wieder auftauchen und nach einem Knick zurück in | |
den Schlick streben, es gibt ganz spitze, schlanke, die aussehen wie Kerzen | |
in einer Kirche vor dem Altar. Es gibt Stelzen, Undurchdringlichkeit und | |
Gewimmel. Die Mangrovenbäume der Gattung Avicennia alba besitzen Salzdrüsen | |
und werden bis zu 20 Meter hoch. Andere Arten schaffen sogar 30 Meter, so | |
hoch wie Eichen hierzulande. | |
Diese Extreme haben einen einzigartigen Lebensraum geschaffen und eine | |
Schatzkammer der Biodiversität. Neben vielen endemischen Pflanzenarten | |
leben hier Fische, die auch auf Land leben können, Riesenvögel wie der | |
Sundarban-Marabu, Krokodile und Warane. Es gibt vom Aussterben bedrohte | |
Sägerochen, Flussdelfine und die Batagur-Schildkröte, von der es nur noch | |
129 Exemplare geben soll. Nicht zu vergessen: der Bengalische Tiger. | |
Die Sundarbans – aus dem Bengalischen übersetzt „der schöne Wald“ – g… | |
zu den letzten Lebensräumen der bedrohten Raubkatze. Direkt gegenüber der | |
Insel Gosāba beginnt das 1.300 Quadratkilometer große Sundarban Tiger | |
Reserve, in seiner Kernzone ein Totalreservat, das sich über 54 Inseln | |
erstreckt. Menschliche Aktivitäten wie Fischen, das Sammeln von Holz oder | |
der Tourismus sind nur im nordwestlichen Randgebiet, der Pufferzone, | |
erlaubt. | |
„Der Tiger ist unser Nationaltier“, sagt Anirban Mandal. Nach der jüngsten | |
Zählung leben noch 3.167 Exemplare in Indien; zuletzt war es gelungen, die | |
Population zu stabilisieren und wieder leicht anwachsen zu lassen. Der | |
Tiger ist hier in vielen Religionen heilig. Beispielsweise für die Hindus: | |
Durga, die Göttin der Vollkommenheit, reitet auf einem Tiger. Ohne Tiger, | |
so könnte man es übertragen auf die Sundarbans sehen, keine Vollkommenheit. | |
Allerdings wird in den Sundarbans mit steigendem Meeresspiegel auch der | |
Platz für die Tiger und deren Beute kleiner. Anders als in anderen | |
Schutzgebieten fällt der Mensch hier in das Beuteschema der Raubkatzen: Im | |
Netz gibt es jede Menge Videos, die Tigerangriffe auf Fischer oder Dörfer | |
zeigen. Es ist nicht ganz klar, warum sich die Tiger hier so verhalten. | |
Eine Vermutung ist der hinduistische Brauch, die Toten zu verbrennen und | |
ihre Asche Mutter Ganga, der zum Fluss gewordenen Göttin, anzuvertrauen. | |
Arme Hindus können sich dieses Ritual nicht leisten, weshalb deren Tote in | |
Laken eingenäht und mit Blumen geschmückt dem Fluss übergeben werden und | |
dann ins Delta treiben, wo sie sich in den Mangroven verfangen – und das | |
Interesse der Tiger weckten. Derart könnten diese sich an das | |
Menschenfleisch gewöhnt haben. | |
Die Bewohner in den Sundarbans sind arm, weshalb viele zum Fischen oder | |
Krabbensammeln ins weitläufige Tigerreservat aufbrechen, mit behördlicher | |
Genehmigung. Auch mit dem Honigsammeln versuchen sie, ihren Lebensunterhalt | |
zu bestreiten. „Im April blühen die Mangroven, dann kommen die | |
Himalayabienen hierher und produzieren den in ganz Indien am meisten | |
geschätzten Honig“, sagt Mandal. Allerdings begeben sich Honigsammler oder | |
Fischer dabei in große Gefahr, immer wieder schlagen die Tiger zu. | |
Offiziell gab es 25 Tote im vergangenen Jahr, aber die Einheimischen | |
kritisieren, dass die Regierung es mit der Statistik nicht so genau nehme. | |
Die wahre Zahl der Opfer dürfte deutlich höher sein. | |
Das liegt auch daran, dass Tiger sehr gut schwimmen können. „Eine trächtige | |
Tigerin, die besonders viel fressen muss, legt locker acht Kilometer | |
zurück“, sagt Mandal. Zwischen dem Tigerreservat und der Insel Gosāba ist | |
das Delta an den schmalen Stellen wenig mehr als ein Kilometer breit. Immer | |
wieder kommt es zu Tigerüberfällen in den Dörfern rund um den Sundarban | |
National Park. Er selbst habe zuletzt 2011 eine der Raubkatzen in seinem | |
Dorf gesehen, „aber vor zwei Jahren hat ein Tiger in einem Dorf zwei Inseln | |
weiter einen Menschen gefressen“. | |
Der Indian Telegraph berichtete Anfang November von einem Tiger, der über | |
den Fluss geschwommen war und in ein Dorf eingefallen ist. Die Regierung | |
versuche, den Konflikt zwischen Mensch und Raubtier durch „physische | |
Barrieren“ in den Griff zu bekommen, berichtet Mandal, „auf 96 Kilometern | |
wurde ein gut zwei Meter hoher Maschenzaun aus Nylon gezogen“. Angesichts | |
des schwindenden Lebensraums für die Raubkatze und ihre Beute erscheint | |
jedoch fraglich, ob das ausreicht, um die Menschen vernünftig zu schützen. | |
„Natürlich kennen wir das Risiko!“ Parameshwar Mandal ist Fischer und | |
Nachbar von Anirban, allerdings nicht verwandt. Mit vier anderen war er | |
gerade acht Tage lang in den Gewässern des Sundarban Tiger Reserve | |
unterwegs, aber sie hätten keine der Raubkatzen gesehen, nur ihre Spuren. | |
Während die Touristen mit Motorbooten durch die Mangroven geschippert | |
werden, müssen die Fischer rudern, Motoren sind ihnen untersagt. Aber | |
Parameshwar Mandal und seine Crew haben sowieso kein Geld für den Diesel. | |
„Gefangen haben wir sehr wenig“, sagt Parameshwar, weshalb er auch schnell | |
wieder aufbrechen will, sobald die neue Genehmigung durch die | |
Parkverwaltung da ist. Hat er denn keine Angst? „Natürlich! Was sollen wir | |
aber machen, wir sind arme Leute.“ Deshalb bete er zu Bonbibi, dem | |
Schutzgeist des Waldes. Hindus und Moslems verehren diesen Gott | |
gleichermaßen, denn sein Erzfeind Dakshin Rai erscheint tatsächlich in | |
Gestalt eines Tigers und greift Menschen an. „Bonbibi muss stark sein“, | |
sagt der Fischer. Er will am Nachmittag ein Schälchen Reis vor den Schrein | |
des Gottes stellen. Sollte sich trotzdem tatsächlich einmal ein Tiger ihrem | |
Boot nähern – „und das ist schon vorgekommen“ – schlagen Parameshwar u… | |
seine Männer so heftig mit den Rudern auf das Wasser, dass es klatscht und | |
spritzt. Bislang sei das gutgegangen. | |
## Krabbenzüchter und Tourismusbranche | |
Es ist nicht ganz klar, wie viele Menschen in den Sundarbans leben. Einige | |
Quellen sprechen von 13 Millionen, andere von lediglich viereinhalb | |
Millionen. Manche versuchen sich als Krabbenzüchter, andere im Tourismus. | |
Anirban Mandal beispielsweise erwarb 2016 ein Zertifikat als | |
Touristenführer. Der 28-Jährige verdient dadurch so viel Geld, dass sein | |
Haus mittlerweile wieder aufgebaut ist. „Nach den Zyklonen wuchs aber erst | |
mal nichts mehr auf den Feldern“, erst in diesem Jahr gibt es wieder eine | |
Reisernte, wenn auch eine viel geringere. Anirban zeigt eine Reisrispe, die | |
jetzt schon ins Goldgelbe wechseln, obwohl die Reiskörner noch sehr klein | |
sind: „Nach und nach hat der Monsunregen das Salz der Flut aus den Böden | |
gespült.“ Aber die Reiskörner in diesem Jahr blieben klein. | |
„Wir haben vielleicht noch 15 Jahre“, urteilt Jayanta Bandyopadhyay, | |
Professor und einer der indischen Experten für die Region. „In 15 Jahren | |
wird der Meeresspiegel so weit gestiegen sein, dass der Druck für die | |
Bevölkerung nicht mehr bewältigbar ist.“ Schon 1996 ging mit Lohachara die | |
erste bewohnte Insel der Sundarbans im Meer unter, mindestens 6.000 | |
Menschen verloren ihre Heimat. Mit Bedford, South Talpatti und Kabasgadi | |
verschwanden dann drei weitere Inseln. Wissenschaftler der Forschungsgruppe | |
„Indischer Ozean“ bilanzierten 2019: Mehr als ein Drittel der Einwohner | |
sind bereits durch den steigenden Meeresspiegel aus ihrer Heimat vertrieben | |
worden. | |
Bei der [3][internationalen Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die noch | |
bis zum 12. Dezember in Dubai] stattfindet, werden solche Dramen unter dem | |
Begriff „Loss and Damage“ verhandelt: Wer muss eigentlich dafür aufkommen, | |
dass diejenigen, die nichts zum Klimawandel beigetragen haben, ihr Hab und | |
Gut, ja sogar ihre Heimat verlieren? Anders gefragt: Wie berechnet man den | |
Wert einer Insel, die im Meer versinkt? Die Industriestaaten blockierten | |
diese Verhandlungen, weil sie Angst haben, dass die Summen, etwa wenn ganze | |
Staaten wie die Malediven oder Kiribati untergehen, ins Unbezahlbare | |
steigen. | |
Auf der Konferenz in Dubai gab es in dieser Sache gleich zu Beginn einen | |
Verhandlungserfolg, der als „Durchbruch“ gefeiert wurde: Das Gastgeberland, | |
die Vereinigten Arabischen Emirate, sagte 100 Millionen Dollar für einen | |
„Loss-and-Damage“-Fonds zu, andere Länder wie Deutschland zogen mit Summen | |
in dieser Größenordnung nach. Allerdings: Ein Report der Vereinten Nationen | |
beziffert die Höhe der tatsächlich benötigten Mittel auf 387 Milliarden | |
Dollar. Der Fonds von Dubai dürfte also allenfalls ein kleiner erster | |
Schritt sein. | |
Auch Anirban Mandal will seine Heimat verlassen. „Touristen kommen nur in | |
den drei Wintermonaten“, also jetzt, wenn es nicht zu heiß ist und keine | |
Tropenstürme zu befürchten seien. In diesen drei Monaten verdient der junge | |
Mann zu wenig, um davon auskömmlich zu leben. Es ist auch zu wenig, um die | |
Frau zu heiraten, in die er verliebt ist – „das geht nur, wenn ich ein | |
richtiges Einkommen habe“, sagt er. Zuerst studierte Anirbar Sanskrit, die | |
älteste Sprache der Welt, dann wechselte er auf Lehramt. | |
„Hier auf unserer Insel einen Job zu bekommen ist fast ausgeschlossen, | |
dafür muss man die Regierungsstellen bestechen, und bei uns ist das Geld | |
knapp“. Korruption und Klimawandel – zwei der größten Hindernisse für die | |
Menschen in den Sundarbans, wenn es darum geht, eigene Lebensentwürfe in | |
die Tat umzusetzen. Anirbans Traum bleibt es trotzdem, in einer | |
Privatschule in Kolkata angestellt zu werden. Schließlich muss er für seine | |
Eltern und die Großmutter sorgen – und er weiß, dass es nicht das letzte | |
Mal sein wird, dass er das Haus neu aufbauen muss. | |
8 Dec 2023 | |
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Nick Reimer | |
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