| # taz.de -- Mangroven in Kolumbien: Die Muschelflüsterinnen | |
| > Der Klimawandel setzt den sensiblen Mangroven immer mehr zu. In Kolumbien | |
| > ist davon die Existenz lokaler Gemeinschaften bedroht. Doch sie setzen | |
| > auf Nachhaltigkeit und Wiederaufforstung. | |
| Bild: Es wird aufgeforstet: Pamela Quiñones in der Mangroven-Baumschule | |
| María Estacio Núñez läuft in Flipflops und kurzen pinken Shorts über den | |
| Sandstrand, die Haare hinter dem Kopf zusammengebunden. Sie setzt sich auf | |
| eine ausladende Baumwurzel, neben der unzählige Muschelschalen liegen. Viel | |
| Zeit hat die 29-Jährige nicht, bald muss sie los: mit dem Boot in die | |
| Mangroven fahren, solange das Meer es zulässt. Estacio Núñez ist Conchera, | |
| Muschelsammlerin. Die Piangua, die sich im Schlick zwischen den langen | |
| Wurzeln der Mangroven verstecken, werden anschließend verkauft. Ausbeutung, | |
| [1][Umweltkatastrophen und der Klimawandel haben den Bestand der Tiere | |
| stark reduziert]. Estacio Núñez verdient wenig mit dem Verkauf – ein | |
| anderes Einkommen hat sie aber nicht. | |
| Estacio Núñez lebt in Bajito Vaquería, einem Dorf mit rund 600 | |
| afrokolumbianischen Einwohner*innen auf einer kleinen Insel vor der | |
| kolumbianischen Pazifikküste. Besucher*innen erreichen es per | |
| Motorboot. Über eine Treppe geht es hinauf auf einen Steg, der schier | |
| endlos ins Meer hinein ragt. Links und rechts ist er abwechselnd blau und | |
| rot angemalt, damit er im Dunkeln besser zu sehen ist. Nach einigen Metern | |
| kommen links erste Häuser, auf Pfählen gebaut. Auf Veranden sitzen | |
| Menschen, die sich im sanften Wind etwas abkühlen. Es ist 9 Uhr morgens an | |
| einem Donnerstag Ende November, und schon sind es fast 30 Grad. | |
| Etwa 150 Häuser stehen in Bajito Vaquería, die meisten auf dem Sandstrand. | |
| Bei Hochwasser überspülen die Wellen den Strand, deshalb sind auch hier die | |
| Häuser auf Pfählen gebaut. Seit Generationen lebt die [2][kleine Gemeinde | |
| vom Sammeln von Pianguas und vom Fischfang]. Doch in den vergangenen Jahren | |
| ist es schwieriger geworden, damit den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die | |
| Fischer – meist Männer – müssen immer weiter hinaus aufs Meer fahren, um | |
| etwas an die Angel zu bekommen und sich dann noch gegen die Pelikane zur | |
| Wehr setzen, die schreiend ihre Boote umkreisen. Auch hat der Bestand der | |
| Mangroven drastisch abgenommen, und damit auch der Lebensraum für Muscheln. | |
| Schuld sind illegale Abholzungen, Umweltkatastrophen, der Jahrzehnte | |
| andauernde bewaffnete Konflikt im ganzen Land und der Klimawandel. | |
| Kolumbien ist eines der artenreichsten Länder der Welt. „Megadivers“ nennt | |
| es das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, das Ende Oktober im | |
| kolumbianischen Cali die 16. globale Biodiversitätskonferenz abhielt. Zehn | |
| Prozent der weltweiten Arten sind in Kolumbien beheimatet, hier findet sich | |
| die größte Vielfalt an Vogelarten und die zweitgrößte an Pflanzen-, | |
| Schmetterlings- und Fischarten. | |
| ## Kolumbien ist eines der artenreichsten Länder | |
| Vor allem die Wälder sind Heimat einer erstaunlichen Varietät an Flora und | |
| Fauna. Obwohl weiter massenhaft Bäume gerodet werden, machen Bäume immer | |
| noch rund die Hälfte des Territoriums des Landes aus – rund 53 Millionen | |
| Hektar. Zum Vergleich: Deutschland hat eine Fläche von rund 36 Millionen | |
| Hektar. Wälder bedecken etwa ein Drittel der Fläche. Südlich von Kolumbiens | |
| Hauptstadt Bogotá erstreckt sich der Amazonas. Doch auch im Westen, an der | |
| Pazifikküste, findet sich Tropenwald: Hier wächst der größte Mangrovenwald | |
| Kolumbiens. | |
| Mangroven können, anders als die meisten anderen Baumarten, gut im | |
| Salzwasser leben. Mit ihren Wurzeln klammern sie sich im schlammigen Boden | |
| fest. Bei Flut sind sie komplett umspült. Bei Ebbe ragen die oberen Teile | |
| der spinnenbeinartigen Wurzeln aus dem Wasser. Am Meeresboden bieten | |
| Mangroven Lebensraum für eine Vielzahl von Arten – darunter die Piangua. | |
| „Mein ganzes Leben lang war ich Conchera“, also: Muschelsammlerin, sagt | |
| María Estacio Núñez. Aufgewachsen ist sie rund 50 Kilometer weiter südlich | |
| in Candelilla de la Mar, knapp vor der Grenze zu Ecuador. Dann lernte sie | |
| ihren heutigen Ehemann kennen und zog zu ihm auf die Insel. Hier ist sie | |
| eines von 30 Mitgliedern der Vereinigung „Raizal“, die Muscheln sammeln und | |
| sich um den Erhalt der Mangroven kümmern. | |
| ## Die wenigsten Pianguas essen sie selbst | |
| Vorsitzende der Vereinigung ist Martha Stella García. Sie schlendert mit | |
| zwei braun-weißen Muscheln in ihrer Hand heran, einer kleineren, | |
| männlichen, und einer größeren, weiblichen. „Mir schmecken beide gleich | |
| gut“, sagt die 75-Jährige mit dem lockigen Kurzhaarschnitt, die in Bajito | |
| Vaquería aufgewachsen ist. Auch sie war die meiste Zeit ihres Lebens | |
| Conchera. Mittlerweile ist sie zu alt dafür, sich ständig zu bücken, um im | |
| schlammigen Boden zwischen den Mangrovenwurzeln zu graben. | |
| [3][Doch die wenigsten Pianguas,] die die Frauen sammeln, essen sie selbst. | |
| Die Muscheln gehen mehrheitlich in den Verkauf. Die männlichen werden | |
| gekocht und kiloweise zum Sofortverzehr auf Märkten in der Umgebung | |
| verkauft, erzählen die Frauen. Etwa 150 Muscheln ergeben ein Kilo und | |
| kosten 40.000 kolumbianische Pesos, das sind etwa 9 Euro. Die weiblichen | |
| Muscheln gehen mehrheitlich in den Export, nach Ecuador, aber auch nach | |
| China. Etwa 100 weibliche Pianguas werden für 35.000 bis 40.000 Pesos | |
| verkauft. Sie bringen also etwa 45 Prozent mehr Geld ein als die | |
| männlichen. Im Ausland gälten die weiblichen als schmackhafter, erzählen | |
| die Frauen. Erklären können sie es sich nicht – für sie gibt es kaum einen | |
| Unterschied im Geschmack. Die männlichen seien aber auch kleiner und | |
| zerbrechlicher als die weiblichen, letztere für weite Reisen daher besser | |
| geeignet. | |
| Für ihre Arbeit sind die Concheras vom Meereswasserspiegel abhängig. Wie an | |
| der Nordsee gibt es an der kolumbianischen Pazifikküste Gezeiten: Ebbe und | |
| Flut. Steht das Wasser zu hoch, kommen die Concheras nicht an den Boden | |
| heran, wo sich die Muscheln verstecken. Ist das Wasser zu niedrig, können | |
| sie nicht bis zu ihren Sammelplätzen fahren. Deshalb richtet sich ihr | |
| Arbeitstag nach dem Wasserstand. Manchmal müssen sie um 6 Uhr losfahren, | |
| manchmal steigen sie erst mittags ins Boot, an manchen Tagen gar nicht. Und | |
| auch das Klima hat Einfluss auf die Arbeit. Am Pazifik herrschen Regen- und | |
| Trockenzeit. In der Regenzeit steigt der Meeresspiegel, in der Trockenzeit | |
| sinkt er. | |
| Etwa fünf bis sechs Stunden dauern ihre Ausflüge. Früher brachten sie in | |
| der Zeit pro Person rund 300 Muscheln nach Hause. Heute sind es nur noch 50 | |
| bis 60, erzählen sie. Pro Tag verdienen die Frauen also umgerechnet etwa 3 | |
| bis 4,50 Euro. Viel ist das nicht – der Mindestlohn in Kolumbien liegt bei | |
| etwa 10 Euro am Tag. | |
| ## Einer der Gründe ist der Verlust der Mangrovenwälder | |
| Warum heute nur ein Bruchteil der Muscheln gesammelt wird als noch vor rund | |
| 20, 30 Jahren, hat mehrere Gründe: Seit Jahrzehnten währt ein bewaffneter | |
| Konflikt in Kolumbien. Die Guerilla-Organisationen Farc und ELN griffen | |
| zwischen 2010 und 2019 immer wieder die Trasandino-Ölpipeline an, die vom | |
| Landesinnern zum Hafen in Tumaco verläuft. Ein Angriff der Farc im Juni | |
| 2015 war besonders verheerend: Damals flossen nach UN-Angaben über 10.000 | |
| Barrel Öl in den Fluss Pianulpí, der in den Río Mira mündet, und von dort | |
| ins Meer. Weil der Río Mira auch das Wasserwerk von Tumaco versorgt, waren | |
| daraufhin 160.000 Menschen allein in Tumaco – von etwa 211.00 | |
| Einwohner*innen – vom Zugang zu Trinkwasser abgeschnitten. Sie mussten | |
| per Lkw aus anderen Teilen des Landes versorgt werden. Das Öl verseuchte | |
| darüber hinaus Fische und Muscheln und zerstörte damit das Einkommen vieler | |
| Bewohner*innen des Departamentos Nariño. Auch der Piangua-Bestand | |
| musste sich von der Katastrophe erst wieder erholen. | |
| Ein weiterer Grund für den Rückgang der Muscheln ist der Verlust der | |
| Mangrovenwälder. Weltweit ist seit 1996 die Hälfte aller Mangrovenwälder | |
| verschwunden, übrig sind noch etwa 150.000 Quadratkilometer (15 Millionen | |
| Hektar). Der größte Bestand findet sich in Asien. Kolumbien hat seit 1960 | |
| etwa 57 Prozent seiner Mangroven verloren und verfügt heute noch über etwa | |
| 285.000 Hektar. | |
| Ein Teil des Verlusts geht auf den Eigenbedarf der lokalen Gemeinschaften | |
| zurück: Sie brauchen Holz zum Kochen und Heizen, vor allem aber, um Häuser | |
| zu bauen. Die meisten Gebäude rund um Tumaco sind aus Holz gebaut. Zum | |
| Schutz vor Hochwasser stehen sie auf Pfählen. Mangroven gelten als | |
| besonders stabiles Baumaterial – zumindest die rote Mangrove, die langsamer | |
| wächst als die weiße und widerspenstiger ist gegen Klima und Gezeiten. | |
| Viel größere Flächen aber verschwinden für Palmölplantagen, Koka-Anbau und | |
| Aquafarming: Weitflächig wurden in den vergangenen Jahrzehnten Mangroven | |
| abgeholzt, um Platz für die Garnelenzucht zu schaffen. Die erste große | |
| Shrimpsfarm Lateinamerikas entstand 1969 im benachbarten Ecuador. Seitdem | |
| wurden dort 30 Prozent des Mangrovenwalds für die Garnelenzucht abgeholzt. | |
| Nach Kolumbien schwappte die Industrie Anfang der 80er Jahre, nahm dort nie | |
| einen so großen Raum ein, führte aber trotzdem zu Waldverlusten. | |
| Zudem sorgt die weltweite Erwärmung für einen Anstieg des | |
| Meereswasserspiegels, und wenn es den Mangroven an ihrem Standort zu nass | |
| wird, ziehen sie sich zurück. Ist es ihnen zu warm, gehen sie ein. Der | |
| Klimawandel erhöht zudem die Häufigkeit und Heftigkeit von Stürmen, die die | |
| Bäume beschädigen können. | |
| ## Der Klimawandel macht sich bemerkbar | |
| Und die globale Erderwärmung macht sich in der Region auch anderweitig | |
| bemerkbar. Eigentlich gibt es hier zwei Regen- und zwei Trockenzeiten pro | |
| Jahr: Die Monate Dezember bis März sind verhältnismäßig trocken. Im April | |
| und Mai herrscht Regenzeit. Von Juni bis September ist es wieder trocken. | |
| Im Oktober und November regnet es dann wieder mehr. So war es jedenfalls | |
| früher. Über die vergangenen Jahre aber hat sich dieses Muster verschoben. | |
| „Früher hatten wir zweimal Regen- und zweimal Trockenzeit im Jahr“, sagt | |
| Martha Stella García. „Jetzt sind die Trockenzeiten länger, und in den | |
| Regenzeiten fällt mehr Niederschlag.“ Für die Fischer bedeutet das: In den | |
| langen Trockenperioden ist der Fang zu gering, um davon leben zu können. | |
| „Wenn das Wasser zu niedrig ist, dann gehen die jungen Leute in die Stadt, | |
| um Arbeit zu suchen“, erklärt García. | |
| Und die Concheras? Bis vor etwa zehn Jahren konnten die Frauen noch direkt | |
| hinterm Dorf Muscheln sammeln. Heute müssen sie eine Stunde mit dem | |
| Motorboot fahren, um Orte zu erreichen, an denen sie Pianguas finden | |
| können. | |
| Seit die Concheras festgestellt haben, dass ihre Einkommensquelle nicht | |
| unerschöpflich ist, achten sie darauf, so zu sammeln, dass sich die | |
| Pianguas weiter nachhaltig vermehren können. Früher nahmen die Frauen jede | |
| Muschel mit, die sie finden konnten – egal ob alt oder jung. Doch so gab es | |
| immer weniger Muscheln zwischen den Wurzeln, die sich vermehren und den | |
| Bestand hätten erhalten können. „Heute wissen wir besser Bescheid“, sagt | |
| Pamela Quiñones, auch sie ist Mitglied des Vereins „Raizal“. „Black und | |
| Smart“ steht auf dem schwarzen T-Shirt der 29-Jährigen, die auf einem | |
| weißen Plastikstuhl sitzt. Ihre zweijährige Tochter kommt auf wackeligen | |
| Beinen angelaufen und wirft sich ihr in die Arme. Jetzt holen die Concheras | |
| nur noch die reiferen Muscheln aus dem Schlamm, erzählt Quiñones. Junge | |
| lassen sie zwischen den Wurzeln zurück. | |
| Und die Bewohner*innen von Bajito Vaquería tun noch etwas gegen den | |
| Schwund ihrer Einnahmequellen: Sie forsten auf. Mit schwarzen Gummistiefeln | |
| an den Füßen läuft Pamela Quiñones zwischen den Häusern hindurch zu einer | |
| Lichtung hinter dem Dorf. Sie watet durch ein schmales Rinnsal und ein paar | |
| Meter Matsch hindurch, bis sie zu einer kleinen Mangroven-Baumschule kommt: | |
| vier Beete mit jeweils ein paar hundert Setzlingen – einen halben Meter | |
| hohe Stiele, die an Bambus erinnern, an der Spitze saftig grüne Blätter. | |
| Darüber sind schwarze Netze gespannt, die die Sonne durchlassen, aber die | |
| Vögel fernhalten sollen. | |
| ## Die Samen sammelt man an den Mangroven | |
| Auf etwa 20.000 Hektar erstrecken sich die Mangroven auf der Insel aktuell. | |
| Seit 2019 haben die Dorfbewohner*innen bereits rund 1.500 Hektar | |
| Mangroven gepflanzt. Über 4.500 Hektar sollen es werden. 4.500 Hektar, das | |
| wäre die Fläche des Berliner Grunewalds. Unterstützt wird die Gemeinde | |
| dabei von lokalen, nationalen und internationalen Geldgebern, darunter dem | |
| Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen. | |
| Viel kostet das Projekt nicht: Die Samen für die neuen Bäume finden die | |
| Frauen einfach an Mangroven aus der Umgebung. Aufpassen müssen sie nur, | |
| dass sie die robusten roten Mangroven nutzen. Die Baumschule selbst | |
| benötigt nicht viel Pflege – die Setzlinge ziehen sich das Wasser, das sie | |
| benötigen, einfach aus dem Boden. „Wir müssen nur darauf achten, dass die | |
| Kinder die Pflanzen in Ruhe lassen“, sagt Quiñones. Knapp zwei Monate | |
| wachsen die Setzlinge in der Baumschule, bis zu einer Höhe von 30 bis 40 | |
| Zentimetern. Dann bringen Dorfbewohner*innen sie an Küstenabschnitte, | |
| an denen der Wald lichter geworden ist. | |
| Um an einen solchen Ort zu gelangen, geht es mit dem Motorboot einmal um | |
| die Insel. Das Wasser steht relativ niedrig, das Wurzelgewirr der Mangroven | |
| windet sich ins Nass. An einer Stelle ist das Ufer über etwa zwei bis drei | |
| Meter unbepflanzt, hier stoppt das Boot. Beim Aussteigen heißt es Vorsicht, | |
| sonst rutscht man auf dem glitschigen Matsch aus. Oben dann: noch mehr | |
| Matsch, mehrere ein Meter hohe Bäumchen, einige Setzlinge. | |
| Rote Mangroven können bis zu 30 Meter hoch werden, der Stamm bis zu 50 | |
| Zentimeter dick. Zwei bis vier Jahre alt müssen die Bäume mindestens sein, | |
| bis sich ausreichend Muscheln zwischen ihren Wurzeln angesiedelt haben, um | |
| dann dort wieder sammeln zu können. Noch besser wäre, die Bäume zehn Jahre | |
| in Ruhe wachsen zu lassen. Doch das können sich die Frauen, die vom Verkauf | |
| der Pianguas leben, kaum leisten. | |
| Zwar müssen die Samen der Mangrovenbäume nicht eingekauft werden, aber die | |
| Arbeitskraft der Gärtner*innen muss bezahlt werden. Denn während sie | |
| Setzlinge pflanzen, können sie keine Fische fangen oder Muscheln sammeln | |
| und verkaufen. Deshalb ist die Gemeinde von Bajito Vaquería froh über | |
| Unterstützung durch die Geldgeber. Die haben neben der Unterstützung | |
| lokaler Gemeinschaften noch einen anderen Grund für ihr Engagement: | |
| Klimaschutz. | |
| 70 verschiedene Arten zählen zur Familie der Mangroven. Insgesamt machen | |
| sie knapp 14 Millionen Hektar der weltweiten Fläche aus. Pro Jahr geht | |
| Schätzungen zufolge etwa ein Prozent verloren. In einigen Ländern gelten | |
| sie als gefährdet. Und das, obwohl sie für das Überleben auf diesem | |
| Planeten einen hohen Wert haben: Ganz konkret dienen sie der | |
| Küstenstabilisierung und bieten so Schutz vor Überschwemmungen. Was nicht | |
| so offensichtlich ist: Mangroven können etwa drei- bis viermal so viel | |
| Kohlendioxid speichern wie andere Wälder. Das macht sie im Kampf gegen den | |
| Klimawandel besonders wertvoll. | |
| ## Bäume fällen ist in Kolumbien illegal | |
| In Kolumbien ist es daher seit einigen Jahren illegal, Bäume zu fällen. Für | |
| Ausnahmen braucht es eine Genehmigung. Trotzdem wird weiter illegal | |
| gerodet. Im Aktionsplan zum Schutz der Wälder aus dem Jahr 2020 ist | |
| festgeschrieben, dass damit bis 2030 Schluss sein soll. Zu dem Ziel hat die | |
| Regierung mehrere Programme gestartet. | |
| Um den Waldbestand an der Pazifikküste zu sichern, hat sich Kolumbien mit | |
| Ecuador zusammengeschlossen. Die Wälder ziehen sich über die Landesgrenzen | |
| hinweg, und die lokalen Gemeinschaften bewegen sich frei auf beiden | |
| Staatsgebieten. | |
| Auch das vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen unterstützte | |
| Wiederaufforstungsprojekt in Bajito Vaquería läuft im Rahmen binationaler | |
| Zusammenarbeit. Lokale Gemeinschaften auf beiden Seiten der Grenze haben | |
| dem WFP zufolge etwa 10.000 Hektar Wald wieder aufgeforstet – 400 Hektar | |
| auf der ecuadorianischen Seite und 9.600 Hektar in Kolumbien. | |
| Projekte wie diese funktionieren nur, wenn die lokalen Communitys | |
| dahinterstehen und sich beteiligen. Sie sind nicht nur Nutznießer der | |
| Programme, sondern setzen diese auch selbst um – schließlich hängt ihr | |
| Überleben davon ab. | |
| Zurück im Dorfkern von Bajito Vaquería kommt María Estacio Núñez aus ihrem | |
| Haus. Sie hat sich umgezogen und trägt nun eine Leggings unter ihrer kurzen | |
| Hose und Gummistiefel. Ihre Arbeitskleidung. Sie muss los, Muscheln | |
| sammeln. Das Meer wartet nicht. | |
| Die Recherche wurde unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für die | |
| Vereinten Nationen (DGVN). | |
| 16 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Johanna Treblin | |
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