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# taz.de -- SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein: Ein Neuanfang, der keiner ist
> Die Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein wählt Serpil Midyatlı zu ihrer
> neuen Vorsitzenden. Thomas Losse-Müller hatte seinen Rückzug verkündet.
Bild: Serpil Midyatlı ist SPD-Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein und jetz…
Kiel taz | Mit elf Ja-Stimmen und einer Enthaltung wählte die zwölfköpfige
SPD-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag Serpil Midyatlı zur neuen
Vorsitzenden. Damit ist die Lücke geschlossen, die [1][der überraschende
Rückzug des bisherigen Vorsitzenden Thomas Losse-Müller] vor einer Woche
riss. Midyatlı verspricht, als Oppositionsführerin pointiert auf die Fehler
der schwarz-grünen Regierung hinzuweisen und die eigenen Pläne der SPD für
Schleswig-Holstein deutlich zu machen: „Ich habe vor, an der einen oder
anderen Stelle zu überraschen“, sagte sie.
Als Midyatlı gemeinsam mit der stellvertretenden Fraktionschefin Sophia
Schiebe und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Kai Dolgner im Foyer des
Kieler Landeshauses vor die wartenden Journalist*innen trat, war das
für die meisten keine Überraschung: Midyatlı galt als wahrscheinlichste
Kandidatin für den Posten.
Die 48-Jährige ist Landesparteichefin und wurde [2][auf dem
SPD-Bundesparteitag am Wochenende] erneut als eine von fünf
stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, nachdem sie sich in ihrer Rede für
eine „humane Geflüchtetenpolitik“ und die Kindergrundsicherung stark
gemacht hatte. Rund 80 Prozent der Delegierten stimmten für sie – kein
überragendes Ergebnis, aber immerhin schnitt sie besser ab als
Bundesbauministerin Klara Geywitz. Niemand in der Landtagsfraktion bringt
also mehr politisches Gewicht mit als Midyatlı, die dem Parlament seit 2009
angehört.
Dennoch war ihre Wahl, vor allem mit dem klaren Ergebnis, nicht ganz
selbstverständlich. Midyatlı hatte bereits von 2021 bis 2022 an der
Fraktionsspitze gestanden. Sie folgte Ralf Stegner nach, dem langjährigen
Landespartei- und Fraktionschef der SPD in Schleswig-Holstein. Er hatte die
Kielerin, deren Eltern ein Restaurant führten und die selbst als 18-Jährige
die Leitung eines Betriebes übernahm, zuvor gefördert und ihr den Weg in
den Landtag geebnet.
## Stegner überließ Midyatlı 2019 grollend das Feld
Doch 2019 kam es zum Bruch: Midyatlı verkündete ihre Ambitionen auf den
Landesparteivorsitz, obwohl Stegner erneut kandidieren wollte. Er überließ
ihr das Feld – grollend. Nach Stegners Entschluss, für die Bundestagswahl
anzutreten, wurde Midyatlı zur Fraktionschefin gewählt.
Doch nach der Landtagswahl, bei der die SPD katastrophale 16 Prozent
erhalten und keinen einzigen Wahlkreis direkt gewonnen hatte, trat sie den
Platz Thomas Losse-Müller ab, den sie im Jahr 2021 als Spitzenkandidaten
berufen hatte.
Auf die Frage, ob es diesmal Konkurrenz um das Amt gegeben hätte, sagte
Midyatlı knapp: „Ist mir nicht bekannt.“ Ihre Stellvertreterin Schiebe
sagte, die Fraktion sei nach der Wahl „allen Herausforderungen gewachsen“
und habe eine „Führung, der wir vertrauen“. Eigene Ambitionen verneinte
sie: „Ich bin zufrieden mit meiner Rolle.“
Dass es eine Woche gedauert hatte, die Stelle neu zu besetzen, habe eher
mit organisatorischen Fragen zu tun, erklärte Kai Dolgner. „Dass wir den
Wechsel zu diesem Zeitpunkt nicht geplant hatten, ist klar. Aber so etwas
ist Teil der Demokratie.“ Der Weggang von Thomas Losse-Müller sei ein
Verlust. Der 50-jährige ehemalige Staatssekretär und Leiter der
Staatskanzlei geht nach Berlin zur Stiftung Klimaneutralität. „Aber es ist
keine Spaltung der Fraktion, nur die Folge einer persönlichen
Entscheidung“, betonte Dolgner.
## Midyatlı zeigt sich angriffslustig
In ihrem kurzen Statement zeigte sich Midyatlı angriffslustig: Nicht nur
bei den großen Themen stehe [3][die schwarz-grüne Landesregierung] schlecht
da, auch das politische „Brot- und Buttergeschäft funktioniert nicht in
Schleswig-Holstein“. Sie nannte unter anderem die Ausstattung der Kitas und
die Bildung als „Herzensthemen“, um die sie sich besonders kümmern wolle.
Nach dem schlechten Abschneiden des Landes bei PISA und anderen
Schulstudien könne es „so nicht weitergehen“.
Losse-Müller, der früher bei den Grünen war, hatte während seiner Zeit als
Fraktionsvorsitzender die Themen Energiewende, Umbau der Wirtschaft zur
Klimaneutralität und Klimaschutz in den Mittelpunkt der Arbeit gestellt.
Mit Erfolg, betonte Kai Dolgner: „Die Regierung übernimmt nun Positionen,
mit denen wir in den Wahlkampf gezogen sind. Wir brauchen daher keinen
Neuanfang – den haben wir längst gemacht.“
Bis Mitte März bleibt Losse-Müller noch Mitglied der Fraktion. Wer sich
danach um diese Themen kümmern soll, stehe bisher nicht fest, so Dolgner.
13 Dec 2023
## LINKS
[1] /SPD-Ruecktritt-in-Schleswig-Holstein/!5974167
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## AUTOREN
Esther Geißlinger
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