| # taz.de -- Adventskalender (21): Erfolgreich gegen Spekulation | |
| > Der Eigentümer der Habersaathstraße 40-48 in Berlin-Mitte verliert am | |
| > Mittwoch auch den sechsten Räumungsprozess gegen die langjährigen | |
| > Mieter*innen. | |
| Bild: Abrisspläne adé: Die Mieter*innen der habersaathstraß 40-48 in Berlin-… | |
| Wenn in Berlin eines gut läuft, dann sind es gut organisierte | |
| Mieter*innenproteste. Die Bewegung gegen den Ausverkauf der Stadt ist | |
| stark, was sich nicht zuletzt in dem erfolgreichen Volksentscheid zur | |
| Enteignung großer Immobilienkonzerne gezeigt hat. Und manchmal ist der | |
| Widerstand gegen rücksichtslose und profitgierige Vermieter*innen sogar | |
| erfolgreich: Wie im Fall der [1][Habersaathstraße 40–48 in Mitte]: Am | |
| Mittwoch siegten die Altmieter*innen in ihrem sechsten Prozess gegen | |
| den Eigentümer und das Urteil lautete wie in allen anderen Fällen: Sie | |
| dürfen bleiben. | |
| Seit Jahren versucht der Investor Andreas Pichotta, Geschäftsführer des | |
| Immobilienkonzerns Arcadia Estates, den noch gut erhaltenen Plattenbau aus | |
| den 80er Jahren mit rund 100 Wohnungen zu vergolden: Erst ließ er ihn | |
| jahrelang leerstehen und verfallen, dann handelte er mit dem Bezirk eine | |
| Abrissgenehmigung aus. Und nachdem weder die verbliebenen zwölf | |
| langjährigen Mieter*innen noch die in der Zwischenzeit eingezogenen | |
| ehemaligen Obdachlosen freiwillig das Feld räumten, damit er ihr Zuhause | |
| durch einen profitablen Neubau mit Luxusappartements ersetzten kann, | |
| schikanierte er sie [2][mit Versuchen kalter Räumung]. | |
| Doch die Mieter*innen bleiben standhaft und trotzen der Zerstörungswut | |
| des Investors sowohl im Haus als auch vor Gericht: Seit Monaten werden die | |
| Verwertungskündigungen gegen die Mieter*innen mit unbefristeten | |
| Verträgen verhandelt. Die Richter*innen kamen [3][stets zu demselben | |
| Ergebnis]: Eine Wohnung ist kein Aktienpaket und eine Räumung zur | |
| Gewinnmaximierung wird es nicht geben. | |
| Die Erleichterung ist entsprechend groß: „Wir sind glücklich, dass alle | |
| Räumungsklagen abgewiesen wurden und die Kündigungen keinen Bestand haben“, | |
| sagt Daniel Diekmann, Mieterbeirat und Sprecher der Hausgemeinschaft, am | |
| Mittwoch nach dem Verfahren gegen ihn zur taz. „Wir hoffen, dass jetzt | |
| endlich Ruhe einkehrt.“ Angesichts der [4][Schikanen der vergangenen | |
| Monate] glaubt er allerdings nicht daran. „Ich befürchte das Schlimmste, | |
| ich habe seit August kein warmes Wasser.“ | |
| Die Initiative Leerstand-hab-ich Saath, die sich seit vielen Jahren gegen | |
| die Zweckentfremdung des Wohnhauses einsetzt, sieht nun die Politik am Zug: | |
| „Jetzt muss der Bezirk konsequent handeln, das Zweckentfremdungsverbot | |
| durchsetzen und Pichotta das Handwerk legen“, sagt Sprecherin Valentina | |
| Hauser am Mittwoch und fordert eine Rekommunalisierung der | |
| Habersaathstraße. | |
| Andreas Pichotta will das Urteil laut Mieter*innen nicht akzeptieren und | |
| Berufung einlegen. Im Januar steht dann der nächste Prozess an. Bleibt zu | |
| hoffen, dass das neue Jahr für die kämpferischen Mieter*innen mit | |
| ähnlich guten Nachrichten startet, wie es geendet ist. | |
| 20 Dec 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.haeuserkampf.de/ | |
| [2] /Immobilienspekulation-in-Berlin/!5963835 | |
| [3] /Prozess-um-spekulativen-Leerstand/!5965443 | |
| [4] /Immobilienspekulation-in-Berlin/!5949416 | |
| ## AUTOREN | |
| Marie Frank | |
| ## TAGS | |
| Zweckentfremdung | |
| Berlin-Mitte | |
| Mieten | |
| taz-Adventskalender | |
| Verdrängung | |
| Abriss | |
| Immobilienspekulation | |
| Kino Berlin | |
| Wohnungsmangel | |
| Zweckentfremdung | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Das Kino Moviemento bleibt: Moviemento is not moving | |
| Ein drohender Immobilienverkauf gefährdete Deutschlands ältestes Kino. Auch | |
| dank einer Spendenkampagne ist das Überleben nun gesichert. | |
| Podcast „Häuserkampf“: Kampf um die Platte | |
| Der neue Podcast „Häuserkampf“ erklärt die deutsche Wohnraumkrise anhand | |
| einer Hausbesetzung in Berlin. Es ist ein wohnungspolitischer Krimi. | |
| Verdrängung in Berlin: Geduldeter Horror | |
| Ein Vermieter schikaniert seine Mieter*innen in Berlin-Mitte mit | |
| illegalen Methoden und die Politik schaut tatenlos zu. Ein fatales Signal. | |
| Projekt gegen spekulativen Leerstand: Ein Zuhause auf Abruf | |
| Zweimal haben Obdachlose ein leerstehendes Haus in Berlin-Mitte besetzt. | |
| Der Bezirk hat mit dem Eigentümer eine Zwischennutzung vereinbart. |