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# taz.de -- Enkeltaugliche Finanzpolitik: Schuldenbremse, aber richtig!
> Generationengerechtigkeit in Finanzfragen gut und schön. Aber ist es
> wichtiger, schwarze Zahlen zu vererben als eine lebenswerte Welt, Herr
> Lindner?
Bild: Christian Lindner bei einem Statement zu dem Schuldenbremse Urteil des Bu…
Als in dieser magischen Donnerstagnacht vor 34 Jahren Geschichte
geschrieben wurde, habe ich das verpasst: Die Menschen jubelten sich durch
die Berliner Mauer. Für mich als Westberliner Mauerkind endet ein System,
das sich [1][von einer guten Idee zu einer menschenfeindlichen Realität
gewandelt] hatte. Wo sture Ideologen sich gegen die wirkliche Welt stemmten
und Menschenrechte mit Füßen traten. Ich war an diesem Abend aufgewühlt und
glücklich – aber ich tanzte erst am nächsten Abend auf der Mauer am
Brandenburger Tor.
Einen historischen Moment verpassen, das sollte mir nicht noch mal
passieren. Deshalb war ich elektrisiert, als letzte Woche [2][das
Bundesverfassungsgericht den Haushalt der Ampelkoalition als
verfassungswidrig verwarf.] Historisch? Ja: Das Gericht erklärte ganz en
passant: Die Klimakrise sei keine „Notlage“ im Sinne des Haushaltsrechts.
Also nichts, was unerwartet über die Regierung hereinbricht wie Corona oder
der Angriff Russlands auf die Ukraine. [3][Von der Klimakrise weiß auch
die Bundesregierung seit Jahrzehnten] und müsse sie deshalb in ihrem
normalen Haushalt berücksichtigen. Der Begriff „CO2-Budget“ klingt da
plötzlich ganz anders: Auch der ganz normale Bundeshaushalt muss also
klimafest sein, Herr Finanzminister!
Was historisch ist, wird erst mal hysterisch kommentiert: Klimaschutz
können wir uns aber jetzt nicht mehr leisten, heißt es. [4][Geld für die
Bahn,] für gedämmte Häuser oder klimaneutrale Heizungen? Vergiss es!
Irgendwas ist immer, und immer ist was wichtiger als die Rettung der Welt.
## Gute Idee fürs Naturkapital
Am besten sieht man das bei der Schuldenbremse. Gute Idee eigentlich: dass
wir [5][nicht heute die Ressourcen von morgen nutzen,] dass wir den
kommenden Generationen nicht eine riesige Hypothek vererben, dass wir sie
nicht finanziell und ökonomisch so überlasten, dass sie keine Spielräume
mehr haben. Ganz genau. Bin ich total dafür. Denken wir diese fiskalische
Nachhaltigkeit doch mal fürs Naturkapital: Dann müsste es nicht eine,
sondern viele Schuldenbremsen geben: für den CO2-Ausstoß; für den
Artenschutz; [6][für die Sicherung des Bodens]; für alles, was die
kommenden Generationen betrifft – und zwar deutlich brutaler als hohe
Zinsen.
So eine Schuldenbremse wäre sinnvoll. Statt eines Systems, das sich von
einer guten Idee zu einer menschenfeindlichen Realität gewandelt hat. In
dem sture Ideologen sich gegen die wirkliche Welt stemmen und dabei
Menschenrechte mit Füßen treten. Vor 34 Jahren war Wendezeit. Heute sagen
wir Zeitenwende. Historisch wäre so eine Schuldenbremse auf jeden Fall.
24 Nov 2023
## LINKS
[1] /Migrantinnen-in-der-DDR/!5955556
[2] /Finanzpolitik-der-Ampel-Koalition/!5971146
[3] /Bildungskatastrophe-in-Deutschland/!5898891
[4] /Nach-Karlsruher-Urteil-zum-Bundes-Etat/!5971430
[5] /CO2-Uhr-springt-auf-drei-Jahre/!5961005
[6] /Biologin-ueber-Renaturierung/!5943604
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
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Schwerpunkt Klimawandel
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Weltklimakonferenz
Das Milliardenloch
Christian Lindner
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