# taz.de -- Deutschland mies bei Pisa-Studie: Chancengleichheit im Vorschulalter | |
> Wer gute Ergebnisse anstrebt, muss in die Förderung der Kinder | |
> investieren. Schon im Vorschulalter sollte die Bildungskluft geschlossen | |
> werden. | |
Bild: Die Kita muss ein Bildungsort werden | |
Das Beste an der neuen Pisa-Studie ist das Timing. In dieser Woche will die | |
Ampel entscheiden, ob und wie stark sie wegen der Haushaltskrise die | |
Sozialausgaben kürzt. Falls Lindner & Co noch ein Gegenargument brauchen, | |
reicht ein Blick in die internationale Bildungsstudie der OECD. Sie | |
bestätigt, dass Deutschland bei seinem Aufstiegsversprechen keinen Schritt | |
weitergekommen ist. Im Gegenteil: Noch nie haben deutsche Schüler:innen | |
[1][bei einer Pisa-Studie so mies abgeschnitten] wie dieses Mal. | |
Die Misere ist – [2][wie beim Haushaltsloch] – selbst verschuldet. Seit | |
mehr als 20 Jahren, seit dem ersten Pisa-Schock, versuchen Bund und Länder, | |
die Abhängigkeit des Schulerfolgs vom Elternhaus in den Griff zu bekommen. | |
Ohne Erfolg. Bis heute gilt: Wer keine gutverdienenden Akademikereltern | |
hat, kann in der Schule oft nicht mithalten. Alarmierend ist, dass die | |
Gruppe der Abgehängten stetig wächst. | |
Die Politik hat dafür zwei Hauptgründe ausgemacht: die monatelangen | |
Schulschließungen wegen Corona und der gestiegene Anteil von Kindern, die | |
zu Hause kein Deutsch sprechen. Dass die Pandemie jedoch nicht zwangsläufig | |
zu schlechten Ergebnissen führt, hat soeben [3][eine andere Bildungsstudie] | |
bewiesen: Weil deutsche Jugendliche im Lockdown länger auf Netflix & Co | |
abhingen, haben sich die Englischleistungen sensationell verbessert, und | |
zwar durch die Bank. | |
Auch der zweite Erklärungsversuch ist unpräzise: Weil migrantische Kinder | |
häufiger in Armut und bildungsfern aufwachsen, liegen ihre Schulleistungen | |
im Durchschnitt deutlich unter denen der anderen Schüler:innen. Nicht | |
die Zuwanderung an sich drückt also unsere Schulleistungen, sondern die | |
fehlende Förderung der sozial Schwachen. Aus beidem folgt: Bund und Länder | |
müssen sich eingestehen, dass bei der Bekämpfung der Chancenungleichheit zu | |
wenig unternommen wurde. | |
Falsch war, sich allein auf die Schulen zu konzentrieren. Kinder müssen | |
schon im Vorschulalter stärker gefördert werden. Es ist ein guter erster | |
Schritt, wenn nach Hamburg und [4][Berlin] jetzt auch andere Länder wie | |
Mecklenburg-Vorpommern oder Bayern auf verpflichtende Sprachtests im | |
Kita-Alter setzen. Die logische Konsequenz daraus wäre, bundesweit | |
verpflichtende Fördermaßnahmen einzuführen und Kitas schrittweise von | |
Betreuungs- zu Bildungsorten auszubauen. | |
Dafür muss der Bund aber länger in die Kita-Qualität investieren als bis | |
Ende 2024. Eine Laufzeit von zehn Jahren wie beim geplanten | |
Bund-Länder-Programm für Brennpunktschulen wäre gut. Und natürlich darf die | |
Ampel jetzt – Stichwort Haushalt – nicht an der falschen Stelle sparen. | |
5 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Deutschland-mies-bei-Pisa-Studie-2022/!5978308 | |
[2] /Fehlende-60-Milliarden-Euro/!5974821 | |
[3] https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2022/Bericht/ | |
[4] https://www.berlin.de/familie/informationen/sprachbildung-und-sprachfoerder… | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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