# taz.de -- Kritik an Bildungsministerin: Viel Halbwissen über ein dänisches … | |
> Bildungsministerin Prien erntet Kritik dafür, dass sie eine | |
> Migrationsquote an Schulen in Erwägung zieht. Doch was genau hat sie | |
> eigentlich gesagt? | |
Bild: Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hier im Mai in Berlin | |
Berlin taz | Wer sich bei sommerlichen Temperaturen auf die Dachterrasse | |
von Welt TV stellt, der oder die muss auch mit heißer Luft rechnen. | |
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) ließ sich am vergangenen Donnerstag | |
auf das Format Politikergrillen ein. Mit Kochschürze stand Prien vor einem | |
Grill, während sie Fragen von Welt-Chefredakteur Jan Philipp Burgard | |
beantwortete. | |
Es dauerte nicht lang, da fielen Sätze, die bis jetzt für Aufregung sorgen. | |
Kein Wunder, das Thema beinhaltete alle Triggerwörter, die Schlagzeilen | |
produzieren können: Obergrenze, Migration und Schule. Am Ende hieß es auf | |
der [1][Website der „Tagesschau]“: „Prien offen für Migrationsquote an | |
Schulen“. | |
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik, erteilte | |
der Idee gleich eine Absage. „Deutschland braucht keine Quote im | |
Klassenzimmer“, sagte die SPD-Politikerin. Die Bildungspolitikerin der | |
Linken, Nicole Gohlke, sprach von „populistischen Plattitüden“. Die | |
Forderung einer pauschalen Obergrenze übertünche „nur das politische | |
Versagen“. | |
Der [2][Bildungsforscher Aladin El-Mafaalani] gab zu bedenken, dass die | |
Umsetzung einer solchen Begrenzung bedeuten würde, dass man einen Großteil | |
der Kinder „nicht mehr wohnortnah beschulen könnte“ und einige „in andere | |
Stadtteile transferieren“ müsste. Zudem ließe sich eine solche Quote „rein | |
rechnerisch nicht umsetzen“, schrieb er auf Instagram. Schließlich hätten | |
40 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund, in der typischen | |
westdeutschen Großstadt seien 60 Prozent die Regel. | |
Die Bildungspolitikerin und Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber (CSU) | |
kann der Idee trotzdem etwas abgewinnen. Viele Lehrkräfte berichteten, | |
„dass die hohe Zuwanderung der letzten Jahre zu einer Überlastung geführt | |
hat – besonders, wenn die sprachlichen Voraussetzungen fehlen“, erklärte | |
sie der taz. Es brauche „eine ehrliche Debatte über die Belastungsgrenzen | |
unseres Bildungssystems“. Dazu gehöre nicht nur Förderung, sondern auch | |
„Steuerung und Begrenzung von Migration“. | |
Das Bundesbildungsministerium hingegen bemühte sich im Nachhinein um | |
Schadensbegrenzung. Karin Prien habe eine solche Quote lediglich als „eines | |
von mehreren denkbaren Modellen“ bezeichnet, erklärte eine Sprecherin. | |
Also, was hat Prien genau gesagt? | |
## Prien will nach Kanada schauen | |
Gleich zu Beginn des Gesprächs verwies der Welt-Chefredakteur auf Dänemark, | |
wo es eine Begrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund [3][in | |
bestimmten Stadtteilen] gibt, und fragte, ob das hier ein Modell für | |
Schulen sein könnte. Prien antwortete: „Das ist ein mögliches Modell, es | |
gibt auch viele andere Modelle, von denen wir wissen, dass sie gelingen.“ | |
Entscheidend sei, dass Kinder zum Schuleintritt Deutsch können. Dafür | |
brauche es frühe Tests und verpflichtende Sprachfördermaßnahmen. | |
Burgard hakte zu Dänemark nach und fragte, wie hoch eine Quote sein müsste. | |
Es sei sinnvoll, sich „Erfahrungen anderer Länder anzugucken, ob das 30 | |
Prozent oder 40 Prozent dann am Ende sind“, antwortete Prien, diese Modelle | |
wären nur sinnvoll, wenn die frühe Sprachförderung funktioniere. Prien | |
betonte, dass es hier nicht nur Probleme gebe „mit Kindern mit | |
Migrationsgeschichte, sondern auch mit Kindern aus Familien, die schon | |
immer hier waren“. Man solle „in der Bildungspolitik nur Dinge tun, die | |
erfolgversprechend sind“, so Prien. Bei Dänemark wisse man das „noch gar | |
nicht“. Sie plädierte für einen Blick nach Kanada. Die seien „extrem | |
erfolgreich bei Pisa und haben ähnlich hohe Einwanderungsquoten“. | |
Was in der medialen Aufregung fast unterging: In Dänemark gibt es keine | |
gesetzlich festgelegte Quote für Kinder mit Migrationshintergrund an | |
Schulen. Die dänischen Sozialdemokraten halten es nur politisch für | |
erstrebenswert, dass an Schulen nicht mehr als 30 Prozent der Kinder einen | |
Migrationshintergrund haben. Kommunen können selbst entscheiden, wie sie | |
damit umgehen – auch dort gibt es hitzige Debatten darüber. | |
(Mitarbeit: Anne Diekhoff) | |
6 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/prien-vorschlag-schulklassen-… | |
[2] /Bildungsforscher-ueber-Zukunft-der-Kinder/!6069643 | |
[3] /Soziologe-ueber-Zwangsumsiedlungen/!6073648 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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