| # taz.de -- CDU beendet Schwarz-Grün in Hessen: Rhein schmeißt Grüne raus | |
| > Ministerpräsident Rhein (CDU) setzt auf die SPD als Juniorpartner. Der | |
| > Grund: Große Schnittmengen bei den Themen Sicherheitspolitik und | |
| > Migration. | |
| Bild: Tarek Al-Wazir von den Grünen (links) und eine typische Handbewegung von… | |
| Berlin/Wiesbaden taz | Auch wenn er von der „emotional schwierigsten | |
| Entscheidung“ seiner Amtszeit sprach, wirkte der hessische | |
| CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Boris Rhein, an diesem Freitag | |
| aufgeräumt und mit sich im Reinen, [1][als er im Mediensaal des Hessischen | |
| Landtag das Ende der Regierungskoalition mit den Grünen bekannt gab.] Er | |
| fand sogar noch lobende Worte für den neuen Saal, bevor er den einstimmig | |
| gefassten Beschluss der CDU-Landesgremien vom Vormittag bekannt gab. | |
| Bereits am Dienstag kommender Woche wollen CDU und SPD | |
| Koalitionsverhandlungen aufnehmen. In einer Zeit der „multiplen Krisen“ sei | |
| eine Regierungskoalition aus der Mitte des Landes die beste Lösung, sagte | |
| Rhein und hob die kommunale Verankerung von CDU und SPD hervor. Den | |
| hessischen Grünen dankte der Ministerpräsident für „zehn gute Jahre“, in | |
| denen CDU und Grüne in einer vertrauensvollen und verlässlichen | |
| Zusammenarbeit viel für das Land erreicht hätten. | |
| [2][Seine Entscheidung für die SPD] sei keine gegen die Grünen, so Rhein. | |
| Ausschlaggebend seien größere Schnittmengen zwischen Union und SPD in der | |
| [3][Sicherheitspolitik und beim Thema Migration] gewesen. Doch bei den | |
| Leitlinien für die künftige Landesregierung, die er als „erste christlich | |
| soziale Koalition in Hessen seit 70 Jahren“ bezeichnete, klang die | |
| Abgrenzung gegen den bisherigen grünen Partner deutlich an. „Die Menschen | |
| wollen nicht bevormundet werden“ sagte Rhein und versprach eine „sanfte | |
| Erneuerung mit und nicht gegen die Menschen“. | |
| Hessen werde nach der Konstituierung des neuen Landtags am 18. Januar von | |
| einer Koalition des sozialen Zusammenhalts regiert, die auf Anreize statt | |
| auf Verbote setze. Für die Zusammenarbeit mit der SPD habe er sich | |
| entschieden, nachdem er in den Sondierungen Belege für eine enorme | |
| Diskussionsfähigkeit aber auch für eine enorme Stabilität in der hessischen | |
| SPD gefunden habe, sagte der Ministerpräsident. | |
| ## Hessen-Grüne enorm verärgert | |
| Verärgert reagierten die Grünen Landesvorsitzenden Sigrid Erfurth und | |
| Sebastian Schaub zusammen mit dem Landtagsfaktionsvorsitzenden Mathias | |
| Wagner. „Die Entscheidung der CDU ist völlig unverständlich. Schwarz-grün | |
| hat Hessen in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich, verlässlich und | |
| vertrauensvoll regiert“, erklärten sie und betonten: „Es gab bei der | |
| Landtagswahl keine Wechselstimmung. Auch für die kommenden fünf Jahre | |
| hätten wir uns auf ein ambitioniertes und innovatives Regierungsprogramm | |
| verständigen können“. | |
| Die Entscheidung der CDU komme für die Grünen allerdings nicht | |
| überraschend: „Wer eine erfolgreiche Zusammenarbeit fortsetzen will, der | |
| braucht keine fünf Wochen langen Sondierungsgespräche. Offensichtlich stand | |
| der Plan zum Wechsel schon lange fest. Es wäre angemessen gewesen, wenn die | |
| CDU das den Bürgerinnen und Bürgern auch schon vor der Wahl gesagt hätte“, | |
| so die die hessischen Grünen. | |
| In der nächsten hessischen Landesregierung wird es wieder ein | |
| eigenständiges Landwirtschaftsministerium geben. Das habe er den vielen | |
| Landwirten versprochen, mit denen er im Wahlkampf zusammengekommen sei, | |
| sagte Rhein. Und dieses Ministerium werde auch für Jagd und Forsten | |
| zuständig sein. In den zehn schwarz-grün regierten Jahren waren diese | |
| Aufgaben von der grünen Umweltministerin Priska Hinz mitverwaltet worden. | |
| Sie hatte mit dem Vorrang für ökologische Vorgaben traditionell | |
| wirtschaftende Landwirte, Waldbesitzer und die Jägerschaft mehrfach gegen | |
| sich aufgebracht. Rhein versprach eine Kurskorrektur, ohne dazu | |
| Einzelheiten zu nennen. | |
| Rhein kündigte Korrekturen auch in der Sicherheitspolitik und beim Thema | |
| Migration an. Asylbewerber würden in Hessen künftig nur bei einer | |
| Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden, sagte Rhein. Mit einer | |
| Bundesratsinitiative würde Hessen Integrationspflichten im | |
| Integrationsgesetz verankern wollen. Hessen werde auch für die Pflicht zur | |
| Vorratsspeicherung von IP-Adressen zur Verfolgung schwerer Kriminalität | |
| votieren, die in der Berliner Ampelregierung umstritten ist. | |
| ## Erfolg für Nancy Faeser | |
| Rhein betonte auch, Parteichef Friedrich Merz habe auf die Entscheidung in | |
| Hessen keinerlei Einfluss genommen. „Es ist kein Signal für Deutschland“, | |
| sagte Rhein und fügte hinzu: „Was der Bund macht, muss Friedrich Merz mit | |
| dem Bundeskanzler besprechen!“ | |
| Der kurzfristig angesetzte Auftritt der hessischen SPD-Vorsitzende und | |
| I[4][nnenministerin Nancy Faeser] in die Berliner Parteizentrale war ein | |
| großes „Uff. Fast geschafft.“ Ursprünglich angetreten als zukünftige | |
| hessische Ministerpräsidentin, kann Faeser trotz des historisch schlechten | |
| Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl ihre Partei nach 25 Jahren | |
| Regierungsabstinenz wieder in die hessische Regierung, sprich in eine | |
| „Große“ Koalition führen. | |
| Faeser begründete den [5][Wunsch nach Koalitionsverhandlungen] mit dem | |
| offensichtlich guten Arbeitsklima und der Übereinstimmung bei wichtigen | |
| Themen. „Es geht jetzt sehr um Stabilität und vor allem darum die Kommunen | |
| zu unterstützen.“ Auch sie spielte damit auf das Megathema Migration an, wo | |
| die hessische SPD viel weniger Bauchschmerzen als die Grünen hat, die von | |
| der CDU gewünschten Verschärfungen mitzutragen – von der Unterbringung von | |
| Asylbewerber:innen in Gemeinschaftsunterkünften bis zur Forderung | |
| Asylverfahren in Länder außerhalb der EU auszulagern. | |
| Einig ist sich die SPD laut Faeser aber mit der CDU auch in der Frage, die | |
| hessische Polizei personell besser auszustatten und die Zahl der Kitaplätze | |
| und Wohnungen zu erhöhen. Der hessische SPD-Parteirat muss am Freitag Abend | |
| der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen noch zustimmen. Dass die | |
| GenossInnen das tun, gilt als sicher. Faeser ging an diesem Nachmittag | |
| jedenfalls von einer breiten Zustimmung aus. | |
| 10 Nov 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Koalitionsverhandlungen-in-Hessen/!5968096 | |
| [2] /CDU-gewinnt-Landtagswahl-in-Hessen/!5964427 | |
| [3] /Bund-Laender-Treffen-zu-Asylpolitik/!5968502 | |
| [4] /Nach-Wahlniederlage-in-Hessen/!5963851 | |
| [5] /SPD-Wahlniederlage-in-Hessen/!5962362 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
| ## TAGS | |
| Landtagswahl in Hessen | |
| Hessen | |
| Boris Rhein | |
| Nancy Faeser | |
| GNS | |
| Landtagswahl in Hessen | |
| Landtagswahl in Hessen | |
| Landtagswahl in Hessen | |
| Landtagswahl in Hessen | |
| Landtagswahl in Hessen | |
| Ampel-Koalition | |
| Migration | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Nancy Faeser | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Landesregierung in Hessen: Neue Gesichter, nur drei Frauen | |
| Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) stellte am Montag in Wiesbaden sein | |
| neues Kabinett vor. Die Union bekommt acht, die SPD drei Ministerien. | |
| Regierung aus CDU und SPD: Hessen einig beim Koalitionsvertrag | |
| Die hessische Regierung setzt auf eine Bildungsoffensive und einen strikten | |
| Kurs bei der Migration. Die SPD stellt künftig 3, die CDU 8 Ressorts. | |
| Große Koalition in Hessen: CDU und SPD verhandeln | |
| Am Dienstag starten die Koalitionsverhandlungen in Hessen. Geplant ist eine | |
| harte Linie bei der Migration, der inneren Sicherheit und beim Gendern. | |
| CDU beendet Schwarz-Grün in Hessen: Eine Entscheidung mit Fliehkraft | |
| Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein will nicht mehr mit den Grünen | |
| regieren. Das bedeutet nichts Gutes für die Berliner Ampelkoalition. | |
| Koalitionsverhandlungen in Hessen: Showdown in Wiesbaden | |
| Hessens Ministerpräsident will über seine nächste Koalition entscheiden. | |
| Ein Wechsel von den Grünen zur SPD hätte bundesweit Folgen. | |
| Bund-Länder-Treffen zu Asylpolitik: Geiz statt Reiz | |
| Die Länder und der Bund haben sich im Streit über Migrationspolitik | |
| geeinigt. Ihre Beschlüsse sollen vor allem Kosten sparen und Flüchtende | |
| abschrecken. | |
| Verschärfte Abschieberegeln: Neue deutsche Härte | |
| Die Bundesregierung heizt die Diskussion mit verschärften Abschieberegeln | |
| weiter auf – und erntet Kritik. Doch was genau wurde beschlossen? | |
| Abschiebe-Pläne der Bundesregierung: Länder für weitere Verschärfung | |
| Menschenrechtler*innen sind entsetzt über Faesers Abschiebegesetz. | |
| Ländern und Kommunen geht das Vorhaben dagegen nicht weit genug. | |
| Nach Wahlniederlage in Hessen: Faeser halb hier und halb da | |
| Die Kritik an Nancy Faesers Doppelrolle als Bundesinnenministerin und | |
| SPD-Sondiererin in Hessen wird lauter – auch aus der eigenen Partei. |