# taz.de -- Rudolf Augsteins 100. Geburtstag: Wenn Döpfner Augstein liest | |
> Vergangene Woche wäre Rudolf Augstein 100 Jahre alt geworden. Aus diesem | |
> Anlass legt sich Mathias Döpfner ein paar seiner Zitate zurecht. | |
Bild: Mathias Döpfner im Oktober 2021 | |
Letzte Woche haben sie in Hamburg „[1][Augstein Einhundert]“ gefeiert. Am | |
5. November wäre der Spiegel-Herausgeber, der wie Axel Springer auch | |
Jahrzehnte nach dem Tod noch im Impressum steht, 100 Jahre alt geworden. | |
Also kamen alle zur Ericusspitze, von der ein Teil seit letzter Woche jetzt | |
Rudolf-Augstein-Promenade heißt. | |
Stefan Aust erzählte wie immer, dass das ohne ihn eh alles nichts geworden | |
wäre. Der Bundespräsident mahnte die Medien, sich bitte auch weiter von den | |
Sozialen Medien zu unterscheiden, weil es mit dem „sozial“ bei denen nicht | |
so weit her sei. Helmut Markwort erschien in FDP-gelber Weste, Burdas | |
Vorstand Philipp Welte hatte die Haare noch festlicher als sonst nach | |
hinten gegelt. Günther Jauch ward gesichtet, Funke-Erbin Julia Becker gab | |
sich die Ehre, ex-taz-Chefin [2][Bascha Mika] ebenfalls. Auch wenn sie hier | |
noch als Frankfurter Rundschau firmierte. Nur Mathias Döpfner war nicht da, | |
hatte aber immerhin Videogrüße geschickt. | |
Wie andere Branchengrößen las er darin aus Kommentaren und Editorials des | |
großen Verstorbenen. Und Döpfner wäre nicht Döpfner, wenn der Text nicht | |
gut zu seinem selbstironischen Größenwahn passen würde. | |
## Selbstironischer Größenwahn | |
„Der Journalist löst zuweilen dadurch, dass er seiner Profession | |
leidenschaftlich genug nachgeht, Wirkungen aus, die er nicht voraussehen | |
kann und die er nicht beabsichtigt“, las Döpfner also aus Augsteins „Liebe | |
SPIEGEL-Leser“-Rubrik vom 15.10.1963. | |
Damit meinte Augstein damals die Spiegel-Affäre, Döpfner sich dagegen | |
[3][eher mal selbst]. „Es ist wahr, wir haben im vorigen Jahr etwas | |
unternommen, was uns den Tadel aller dezenten Meinungsverbreiter zuziehen | |
musste. Wir haben uns über den Zustand der Nation empört und haben | |
versucht, ins Bestehende eine Bresche zu brechen“. | |
Was dem Spiegel mit seiner Berichterstattung über den [4][Zustand der | |
Bundeswehr] und FJS problemlos gelang, Dr. Döpfner dagegen heute ja oft in | |
der WamS (KI) und jüngst auch per Bild (Aiwanger) vergeblich versucht. „Das | |
Ergebnis konnten wir nicht und kann man nie voraussehen“, geht es weiter. | |
„Denn der Journalist hat nicht das Mandat, Wahlen zu gewinnen und Parteien | |
zu promovieren – je größer der Konzern, desto schwerer begreift das der | |
Presse-Lord“, las Döpfner mit schelmischem Grinsen. | |
## Den Satz danach lässt er aus | |
Selbst Politik machen ist also nicht. Was übrigens Augstein nicht davon | |
abhielt, sich 1972 mal kurz für die FDP im Bundestag auszuprobieren. Nach | |
drei Monaten war Schluss und Augstein schrieb wieder im Spiegel. | |
Aber warum hat Döpfner den Satz danach weggelassen? „Ihm fehlt der | |
Transmissionsriemen zur Maschinerie der Macht, und je weiter er sich von | |
seinem eigentlichen Acker entfernt, desto windiger ergeht es dem Samen, den | |
er ausstreut.“ Passte wohl dem großen Windbeutel nicht! „Und ich frage | |
mich, ob Döpfner schon den Acker bestellt hat, der 2063 nach ihm benannt | |
werden soll“, sagt die Mitbewohnerin. | |
10 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spiegel.de/thema/augstein-einhundert/ | |
[2] /Bascha-Mika-verlaesst-die-Rundschau/!5672134 | |
[3] /Enthuellung-ueber-Springer-Chef-Doepfner/!5924617 | |
[4] /Desolater-Zustand-der-Bundeswehr/!5920575 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
Mathias Döpfner | |
Der Spiegel | |
Bild-Zeitung | |
Axel Springer | |
Weihnachtsmärkte | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
Schwerpunkt AfD | |
Rechte Szene | |
Hetze | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Last Christmas und Gema: Keine Gnade für Weihnachtsmärkte | |
Jahrelang sollen Weihnachtsmärkte die Gema beschummelt haben, darum sollen | |
Gebühren steigen. Hits wie „Last Christmas“ zu spielen wird nun richtig | |
teuer. | |
Oligarchen-Geld für Journalisten: Sponsored by Russia | |
Der Journalist Hubert Seipel ließ immer auch russische Stimmen zu Wort | |
kommen. Nun kam heraus: Er bekam von einem Oligarchen hunderttausende Euro. | |
Werbekampagne der „Bild“: Kampagne gegen Auflagen-Absturz | |
Mit einer neuen Werbekampagne stilisiert sich die „Bild“-Zeitung zu einem | |
politkritischen Blatt. Die SMS des Verlagschefs sprachen eine andere | |
Sprache. | |
Rechte Medienprojekte: Teletubby-Logik und Populismus | |
Die einen sind es schon, die andern blinken erst noch rechts. Über den | |
aufgeheizten Diskurs in der Sommerhitze. | |
Rechtes Medienportal „Nius“: Grundprinzip verdrehte Fakten | |
Das Medienportal „Nius“ bietet rechter Hetze eine Bühne. Es wird finanziert | |
von einem Milliardär und vereint Julian Reichelt mit Jan Fleischhauer. |