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# taz.de -- Aus für Verkehrsprojekt in Kreuzberg: Grün-blauer Traum abgesoffen
> Grüne schockiert, SPD pikiert: Die CDU-geführte Verkehrsverwaltung pfeift
> auf Bundesmillionen und beerdigt die „Promenade“ am Halleschen Ufer.
Bild: So schön – und jetzt für die Tonne?
Berlin taz | Die Absage der CDU-geführten Senatsverkehrsverwaltung an eine
„blau-grüne Promenade“ am Halleschen Ufer in Kreuzberg sorgt für Aufruhr …
nicht nur im Bezirk, sondern auch bei den Grünen und der SPD im Parlament.
Wie am Mittwoch bekannt wurde, will die Verwaltung von Senatorin Manja
Schreiner das vom Bund mit mehreren Millionen geförderte Projekt nicht
unterstützen. Damit ist es faktisch beerdigt.
„Ich bin außer mir vor Wut und Entsetzen“, sagt Antje Kapek,
verkehrspolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus, der
taz. Die vor einigen Jahren [1][vom grün regierten Friedrichshain-Kreuzberg
erdachte autofreie Promenade am Landwehrkanal] sei nicht nur verkehrs- und
umweltpolitisch sinnvoll, sondern ein „Prestigeprojekt, mit dem man sich im
progressiven Städtebau hervortun kann“. Es zu kippen, sei ein „Imageschaden
für Berlin“.
„Abgesehen von unterschiedlichen ideologischen Überzeugungen hatte ich
gedacht, dass ein Konsens in der Landespolitik herrscht, Bundesmittel
mitzunehmen“, so Kapek. „Frau Schreiner kündigt diesen Konsens auf. Kein
bayerischer Verkehrsminister wäre auf diese Idee gekommen.“ Die Grünen
würden den Fall so schnell wie möglich im Abgeordnetenhaus zum Thema machen
und auch Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) befragen.
Die hat in ihrer jetzigen Funktion nichts mit dem Projekt zu tun – im
Sommer 2022 war sie es aber, die als Parlamentarische Staatssekretärin von
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) die gute Nachricht verkündete: Im
Rahmen des Investitionsprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus“ würde
der Bund 2,95 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um die ersten 600 Meter
auf der Nordseite des Landwehrkanals zu einer Oase für FußgängerInnen,
RadfahrerInnen und die Stadtnatur zu machen. Insgesamt hätte die Maßnahme
4,4 Millionen Euro gekostet, den Rest hätte das Land getragen.
## „Das wird schön!“
[2][„Das wird schön!“, twitterte Kiziltepe damals.] Beworben hatte sich der
Bezirk mit dem Konzept, den Autoverkehr künftig in beiden Richtungen über
das Südufer des Kanals – das Tempelhofer Ufer – zu führen. Damit wäre auf
dem Halleschen Ufer Platz zum Flanieren entstanden, Flächen hätten
entsiegelt, Sitzgelegenheiten am Wasser errichtet werden können.
Zunächst wäre es nur um 600 Meter zwischen Mendelssohn-Bartholdy-Park und
Möckernbrücke gegangen. Das Konzept, das auf die Potenzialanalyse „Mehr
Grün in Friedrichshain-Kreuzberg“ von 2019 zurückgeht, bezieht sich aber
auf das gesamte Ufer vom Potsdamer Platz im Westen bis zur Zossener Brücke
im Osten, wo die Straße vom Kanal wegschwenkt.
In dem Schreiben an die grüne Verkehrsstadträtin von
Friedrichshain-Kreuzberg, Annika Gerold, das der taz vorliegt, begründet
Verkehrsstaatssekretärin Claudia Elif Stutz die Absage damit, dass das
Hallesche Ufer als Teil der B96 zum Bundesfernstraßennetz gehöre. Das müsse
nach Bundesrecht auch zusammenhängend sein, die „Herausnahme des
Teilabschnitts“ wäre verbunden mit einem „zwingenden, bisher nicht
erkennbaren anderweitigen Netzschluss“. Weiter argumentiert Stutz,
Hallesches und Tempelhofer Ufer seien Teil des „Großraum- und
Schwertransport-Routennetz des Landes“, teilweise auch des
ÖPNV-Vorrangnetzes.
Die geplante Umgestaltung mache die „umfassende Untersuchung einer
verkehrlichen Machbarkeit“ notwendig, „einschließlich einer Reihe von
Nachweiserfordernissen“. Diese seien sehr aufwendig „bzw. kaum ohne
erhebliche andere nachteilige Aspekte vorstellbar“. Außerdem bedürften sie
intensiver, „voraussichtlich langjähriger und wenig erfolgversprechender“
Abstimmungen mit dem Bund, schreibt die Staatssekretärin. „Im Lichte der zu
erwartenden hohen Personal- und Ressourcenbindung bitte ich um Ihr
Verständnis, dass ich dieses Verfahren nicht einleiten werde und darum
bitte das Projekt ‚Umgestaltung des Halleschen Ufers‘ nicht weiter zu
verfolgen.“
## „Nicht in Kenntnis gesetzt“
Auch der Koalitionspartner ärgert sich über die neue Volte: „Meine Fraktion
wurde hierüber nicht in Kenntnis gesetzt“, sagt der verkehrspolitische
Fraktionssprecher der SPD, Tino Schopf, der taz. Die Kehrtwende komme aber
nicht nur überraschend, sie sei zudem für ihn, auch angesichts der
Förderung, „nicht nachvollziehbar“.
Die Bedenken der Senatsverwaltung teile er nicht, so Schopf. Denn: „Ich
setze voraus, dass bei einem Förderbescheid in solcher Größenordnung alle
Faktoren im Hinblick auf die Versorgung und die Erreichbarkeit in der Stadt
sowie des ÖPNV berücksichtigt wurden und der Bund nicht ohne tiefergehende
Prüfungen solche Förderungen vergibt.“
Tatsächlich antwortet das Bundesbauministerium auf taz-Anfrage, für das
Förderprojekt seien „Machbarkeit und zügige Umsetzbarkeit auf Basis der
Angaben des Zuwendungsantragstellers geprüft und positiv bewertet“ worden.
Weiter wollte man sich nicht zu dem Fall äußern, solange sich der Bezirk
nicht an das Ministerium wende.
Der Bezirk war zuletzt vom Senat aufgefordert worden, per
Machbarkeitsuntersuchung zu klären, ob eine Verkehrsführung über das
Tempelhofer Ufer verträglich wäre – beauftragt wurde diese aber noch nicht.
Trivial ist die Konzentration von Pkws, Lkws und Bussen auf einem Ufer
sicher nicht. Bei einem weiteren Projektfortschritt wären die regulären
Buslinien M29 und M41 ebenso betroffen wie etwaige Schienenersatzverkehre
bei Arbeiten an der Hochbahn, wo die U1 und die U3 fahren.
„Die Hochbahn ist stellenweise 120 Jahre alt und muss regelmäßig in Stand
gesetzt werden“, gibt Jens Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbands IGEB, zu
bedenken. Dann müsse es aber auch ein Konzept geben, wie der Ersatzverkehr
zügig die Strecke bedienen könne. „Wenn das vorläge, könnten wir unseren
Frieden damit machen.“
1 Nov 2023
## LINKS
[1] /Gruen-statt-Grau/!5668488
[2] https://twitter.com/CanselK/status/1544925429101957121?ref_src=twsrc%5Etfw%…
## AUTOREN
Claudius Prößer
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