# taz.de -- Verlängerung der M10: Sie kam, sah und prüfte | |
> Eigentlich sah es gut aus für die Verlängerung der Tram M10 zum | |
> Hermannplatz. Dann trat CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner auf den | |
> Plan. | |
Bild: So soll es mal mit der Tram durch den Görlitzer Park gehen | |
BERLIN taz | Für Oda Hassepaß ist die Sache klar. „Die M10 zum Hermannplatz | |
braucht es unbedingt“, sagt die Verkehrsexpertin der Grünen im | |
Abgeordnetenhaus zur taz. Aus Sicht von Hassepaß sollten die seit 2018 | |
laufenden Planungen für eine Verlängerung der [1][Tram-Linie M10] über die | |
Warschauer Straße hinaus Richtung Neukölln dann auch dringend weiter | |
vorangetrieben werden. Ganz im Sinne des aktuell noch gültigen | |
Nahverkehrsplans, in dem die 2,9 Kilometer lange Neubaustrecke durch den | |
Görlitzer Park als „vordringlich“ vermerkt ist. | |
Der seit April amtierende schwarz-rote Senat interpretiert Vordringlichkeit | |
hier gleichwohl auf seine Weise: Man wolle diese und zwei andere | |
Straßenbahnplanungen in Berlin noch einmal „überprüfen“, heißt es im | |
Koalitionsvertrag. Und so prüft [2][CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner] | |
seit nun fast sechs Monaten. Oder auch nicht. So genau weiß man es nicht. | |
Wie die Tageszeitung nd jetzt berichtet hat, untersuche die | |
Verkehrsverwaltung dabei nach eigener Auskunft vorrangig Überflüssiges. | |
Etwa, „ob bereits alle möglichen Varianten von Verkehrsmitteln und | |
Trassenverläufen in Erwägung gezogen wurden“. Das ist für die Verlängerung | |
der M10 schon vor mehr als zwei Jahren geschehen. Das Ergebnis: Die Tram | |
und – unter sieben untersuchten Varianten – die Trasse durch den Görlitzer | |
Park (siehe Grafik) schnitten am besten ab. | |
Nun ist es kein Geheimnis, dass die CDU und ihre Verkehrssenatorin dem | |
Tram-Ausbau keine Priorität einräumen. Wenn überhaupt, erwähnt Schreiner | |
das Thema Straßenbahnplanungen unter ferner liefen, ohne wirklich etwas zu | |
sagen. Außer, dass ihr Haus fleißig weiter prüft. Grünen-Politikerin Oda | |
Hassepaß spricht von wiederkehrenden „Nicht-Antworten“, die sie hierzu auch | |
im Abgeordnetenhaus höre. | |
Neuerdings ist bei der M10-Verlängerung mit der von CDU und SPD forcierten | |
[3][„Befriedung“ des Görlitzer Parks] durch einen Zaun und nächtliche | |
Schließungen ein weiterer Prüfauftrag hinzugekommen. Was genau geprüft | |
wird, bleibt auch in diesem Fall ein Rätsel. „Im weiteren Planungsverlauf | |
sind hier Lösungen zu untersuchen. Mit Umsetzung der Straßenbahnplanung | |
wird der Görlitzer Park im Bereich der Querung Veränderungen erfahren“, | |
referiert die Verkehrsverwaltung auch auf taz-Nachfrage nur das zaunfrei | |
Offensichtliche. | |
## Nicht viel zu prüfen | |
Die Zugeknöpftheit überrascht umso mehr, als die Senatorin im Zusammenhang | |
mit dem „Sicherheitsgipfel“ Anfang September gegenüber der Berliner Zeitung | |
hatte durchblicken lassen, dass es hier nicht viel zu prüfen gebe. | |
Fachleute hätten ihr mitgeteilt, „dass Bahnen auch durch abgeschlossene | |
Parks fahren können“. Denn: „Es gibt Tore, die per Funk oder automatisch | |
geöffnet werden können, wenn eine Bahn kommt.“ Und überhaupt: „Was die | |
Sicherheit anbelangt, wäre es gut, wenn Straßenbahnen durch den Görlitzer | |
Park fahren würden.“ | |
Bei der Nachbarschaftsinitiative Bizim Kiez, die sich seit Langem gegen die | |
Trasse durch den Park ausspricht, gehen allein bei der Vorstellung die | |
Alarmglocken an. „Wir wollen weder, dass der Görlitzer Park eingezäunt und | |
nachts geschlossen wird, noch dass ihn eine Tram in zwei Teile schneidet | |
und so als Naherholungsgebiet entwertet“, teilt die Initiative der taz mit. | |
Die Gegend südlich des Schlesischen Tors befinde sich schon so „im | |
Zangengriff von Immobilienspekulation, Verdrängung, Touristifizierung, | |
Crack-Krise und Verelendung, jetzt im Zuge der Zaunpläne für den Görli noch | |
getoppt von sinnfreiem Law-and-Order-Populismus der CDU-SPD-Koalition“. Es | |
gebe daher „viele Probleme, die mit Baulärm und mehr Durchgangsverkehr ganz | |
sicher nicht besser würden“. Worüber sich die Anwohner:innen dagegen | |
mit Sicherheit nicht beklagen würden, sei eine schlechte Verkehrsanbindung. | |
## Die Verbindung als Chance | |
So alt wie die Planungen für eine M10-Verlängerung Richtung Neukölln, so | |
alt ist letztlich auch der Konflikt zwischen den Gegner:innen und | |
Befürworter:innen. Für Letztere widerspricht Oda Hassepaß von den Grünen | |
der Anwohner:innen-Initiative vehement: „Die Anbindung zwischen | |
Wrangelkiez, Reichenberger Kiez und Hermannplatz ist sehr schlecht.“ | |
Die geplante Verbindung durch den Görli biete zudem „eine Chance, den Park | |
durch begleitende Grünflächen-Verbesserung attraktiver zu machen“. Nicht | |
weniger unterstützenswert seien die Pläne aufgrund einer weiteren | |
Begleiterscheinung: Die Falckensteinstraße wäre fortan autofrei. „Sehr | |
gut“, sagt Hassepaß. | |
Auch der Verkehrsexperte der Linksfraktion, Kristian Ronneburg, ist ein | |
Verfechter des Tram-Ausbaus. Schreiners Aussagen zum „Sicherheitsgipfel“ | |
lassen ihn dabei fassungslos zurück. „Wir sind in der Debatte mittlerweile | |
dort angekommen, dass für die Senatorin zwar Straßenbahnen höchstens | |
zweitrangig sind, aber wunderbare Instrumente für die Innen- und | |
Sicherheitspolitik – das kann sich niemand ausdenken“, sagt Ronneburg zur | |
taz. | |
Wenn auch in die Vorplanungen in den vergangenen Jahren bereits rund eine | |
Million Euro gesteckt wurden und die Verkehrsverwaltung beteuert, dass | |
„nach derzeitigem Stand“ eine Inbetriebnahme für das Jahr 2030 vorgesehen | |
ist: Ronneburg glaubt nicht daran, dass die CDU-Vekehrssenatorin | |
irgendetwas von sich aus unternehmen wird, damit dereinst eine Tram über | |
die jetzige Endhaltestelle in Friedrichshain hinaus rollt. „Die aktuelle | |
Zaun-Debatte um den Görlitzer Park kann Senatorin Scheiner sehr recht sein, | |
sie kann auch mit Verweis auf den ‚Sicherheitsgipfel‘ weiter prüfen und im | |
Endeffekt nichts tun“, sagt er. | |
Nebenbei bemerkt: BVG-intern war man dem Vernehmen nach sehr erfreut | |
darüber, dass die Verlängerungsplanungen für die M10 lange Zeit weitgehend | |
unkompliziert über die Bühne gingen und keine unerwarteten Probleme | |
aufgetaucht waren. Dann kam Manja Schreiner. | |
16 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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