# taz.de -- Verlängerung der Straßenbahn M10: Anfang der 30er nach Neukölln | |
> Die Verlängerung der Tramlinie 10 durch Kreuzberg bis zum Hermannplatz | |
> dauert noch länger. Das Projekt erzeugt Hoffnungen ebenso wie Ängste. | |
Bild: Hier ist noch lange Schluss: Bisheriger Endpunkt der M10 an der Warschaue… | |
BERLIN taz | Im Frühjahr 2018 [1][schilderte der damalige | |
Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner] auf einer Bürgerveranstaltung | |
im Neuköllner Reuterkiez den Planungsstand für eine Verlängerung der | |
Straßenbahn M10 um rund 3 Kilometer, von der Warschauer Straße zum | |
Hermannplatz. Das Projekt stieß schon damals bei manchen auf Begeisterung, | |
bei anderen auf Skepsis. Letztere konnte der mittlerweile verstorbene | |
Grünen-Politiker beruhigen: „Keine Sorge, ’n Quickie wird det nich.“ | |
Kirchner ging seinerzeit davon aus, dass es noch 6 Jahre dauern würde, bis | |
die Planfeststellung abgeschlossen sei – das wäre quasi jetzt. Später hieß | |
es, die M10 werde bis Ende 2028 durch den Wrangelkiez und „Kreuzkölln“ | |
rollen. Davon kann heute keine Rede mehr sein. | |
[2][Gegenüber dem RBB] hat die Verkehrsverwaltung jetzt bestätigt, dass im | |
laufenden Jahr gerade einmal der Sprung von der Vor- in die Entwurfsplanung | |
geschehen soll, bei dem die Trägerschaft des Projekts an die BVG übergeht. | |
Das Haus von Senatorin Ute Bonde (CDU) rechnet nun mit einem Baubeginn im | |
Jahr 2028 und einer Inbetriebnahme „voraussichtlich nicht vor 2031“. | |
Wer Berliner Verkehrsprojekte kennt, ahnt, dass auch dieses Ziel wieder | |
wackeln wird. Zum Vergleich: Planung und Bau der – kürzeren – | |
M10-Teilstrecke vom Hauptbahnhof bis zum U-Bahnhof Turmstraße, [3][die im | |
vergangenen September eröffnet wurde], nahmen 10 Jahre in Anspruch. Und | |
auch wenn die vorgesehene Trasse in Kreuzberg und Neukölln weitgehend | |
schnurgerade verlaufen wird, sind mit der [4][Querung von Spree, Görlitzer | |
Park und Landwehrkanal] gleich mehrere anspruchsvolle Hürden zu nehmen. | |
## „Im Großen und Ganzen super“ | |
Im Rahmen der laufenden zweiten Runde der Bürgerbeteiligung fand am | |
vergangenen Mittwoch im ehemaligen Umspannwerk am Kreuzberger | |
Paul-Lincke-Ufer ein sogenannter Infomarkt rund um die künftige Teilstrecke | |
der „Partytram“ statt. | |
Auch hier zeigte sich: Ihren Fans, die sich auf eine flotte | |
Direktverbindung von der Sonnenallee nach Friedrichshain und Prenzlauer | |
Berg freuen, stehen AnwohnerInnen und Gewerbetreibende gegenüber, die | |
weniger Platz in den zum Teil relativ engen Straßen befürchten und den | |
Görlitzer Park nach seiner geplanten Einzäunung auch noch von einer | |
„Zerschneidung“ bedroht sehen. | |
Positiv angetan von der Veranstaltung war die verkehrspolitische Sprecherin | |
der Grünen-Fraktion, Antje Kapek. Im Gegensatz zu anderen | |
Beteiligungsformaten sei es möglich gewesen, direkt mit Verantwortlichen | |
aus der Planungsabteilung der Verwaltung zu sprechen. | |
„Im Großen und Ganzen finde ich es super, dass die Planung vorangeht, auch | |
wenn manches sich im Detail noch ändern muss“, sagte Kapek der taz. Sie | |
halte die Verlängerung für „eine der überzeugendsten Infrastrukturmaßnahm… | |
derzeit“, die das Zusammenwachsen der Stadthälften befördern werde. | |
Ängsten in diesem Zusammenhang müsse man begegnen, so Kapek. Tatsächlich | |
biete die Tram aber auch viele Chancen, etwa weil die damit verbundene | |
Belebung der Straßen die „Nischenkriminalität“ rund um den Görlitzer Park | |
erschwere. Auch nähmen Konflikte ab, wenn ruhender Verkehr – sprich: ein | |
Teil der Straßenparkplätze – wegfalle. Im Grunde sei eine Inbetriebnahme | |
vor 2030 durchaus machbar: „Wenn Frau Bonde klug ist, wird sie das als | |
Quick Win mitnehmen.“ | |
## Sorge vor Lärmbelastung und Unfallgefahr | |
Auf der [5][Beteiligungswebsite mein.berlin.de], wo alle Interessierten | |
noch bis kommenden Mittwoch die bestehende Vorplanung kommentieren und | |
kritisieren können, haben sich naturgemäß vor allem jene verewigt, die | |
Probleme mit dem Projekt haben. | |
„Wie kann man so verblendet sein und den Menschen, die im Wrangelkiez | |
wohnen, so etwas antun?“, fragt ein Diskussionsteilnehmer angesichts der | |
vorgesehenen Streckenführung durch die Kreuzberger Falckensteinstraße. | |
Lärmbelastung und Unfallgefahr würden weiter ansteigen, die Visualisierung | |
des Straßenquerschnitte sei „in keinster Weise maßstabgetreu“, für siche… | |
Radwege werde es keinen ausreichend Raum dort geben. | |
Derselbe Kommentator beklagt, dass die Bäume am westlichen Straßenrand | |
gefällt werden sollen, um die Straßenbahn in „Seitenlage“ hindurchführen… | |
können. Tatsächlich müssten auf der gesamten Strecke von der Oberbaumbrücke | |
bis zur Endhaltestelle in der Urbanstraße mehrere Dutzend Bäume der Tram | |
weichen. Etliche davon sind freilich klein und haben – wie auf dem | |
Mittelstreifen der Sonnenallee – ohnehin kaum Platz, um sich zu entfalten. | |
## Die Brücke hält nicht | |
Eine andere Person schreibt, sie sei „schockiert“, dass sich in den auf | |
mein.berlin.de präsentierten Dokumenten kein Hinweis auf den notwendigen | |
Abriss der Thielenbrücke findet. AnwohnerInnen müssten über lange Zeit | |
große Umwege in Kauf nehmen, und „mir blutet das Herz, dass diese | |
einzigartige Brücke mit den wunderschönen Lichtstelen trotz Denkmalschutz | |
abgerissen werden soll“. | |
Tatsächlich hat die Senatsverwaltung bestätigt, dass die über 100 Jahre | |
alte Brücke über den Landwehrkanal – wo die Glogauer Straße in die | |
Panierstraße übergeht – der Straßenbahn nicht Stand halten würde und neu | |
gebaut werden muss. Immerhin: Für die Oberbaumbrücke gelte das nicht. | |
Wie sich der südlichste Abschnitt der M10 in den 2030er Jahren einmal in | |
der Praxis bewähren wird, steht auf einem anderen Blatt. Es wird vor allem | |
davon abhängen, auf wie vielen Abschnitten sich die Tram ihre Trasse mit | |
dem Autoverkehr teilen muss. Der dann drohende Kriechverkehrt lässt sich | |
heute schon in der Invalidenstraße in Mitte oder der Eberswalder Straße in | |
Prenzlauer Berg beobachten. Auf Letzterer [6][entstand vor einiger Zeit ein | |
Youtube-Hit] mit dem ironischen Titel „M10-Meditation – tiefenentspannt auf | |
Achse“. | |
14 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Planungen-fuer-Partytram-M-10-in-Berlin/!5489239 | |
[2] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/06/berlin-m10-verlaengerung-warsc… | |
[3] /Verlaengerung-der-M10/!5955610 | |
[4] /Die-Tram-soll-durch-den-Goerli-rollen/!5763081 | |
[5] https://mein.berlin.de/projekte/m10-hermannplatz/?initialSlide=2 | |
[6] /Die-Tram-M10-steht-immer-oefter-im-Stau/!5990339 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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