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# taz.de -- Beunruhigende EU-Studie: Im großen Stil gegen Rassismus!
> Drei Viertel aller Schwarzen Menschen in Deutschland sind in den letzten
> Jahren diskriminiert worden – deutlich mehr als im Rest der EU.
Bild: Demonstration in Berlin anlässlich des Todes von George Floyd 2020
Soll man wirklich noch überrascht sein? Drei Viertel der Schwarzen Menschen
in Deutschland haben in den letzten Jahren rassistische Diskriminierung
erlebt, wie aus einer neuen Studie hervorgeht.
Es ist nicht schwer, Parallelen zu erkennen: Zu Landtagswahlen etwa, bei
denen die AfD Rekordergebnisse feiert. Zu einem CDU-Chef, [1][der sich in
Talkshows wie ein Rechtsradikaler über Geflüchtete äußert]. Und einem Land,
das seit Monaten wieder in einer ressentimentgeladenen Debatte über
Migration steckt. Nein, überraschend ist es nicht, was bei der Befragung
Schwarzer Menschen durch die [2][European Union Agency for Fundamental
Rights (FRA)] letztes Jahr herauskam. Aber es erschreckt – auch deshalb,
weil Deutschland im Vergleich mit anderen EU-Staaten besonders schlecht
abschneidet.
Dabei sind die Ergebnisse in den anderen 13 untersuchten Ländern, in denen
eine nennenswerte Zahl von Schwarzen Menschen lebt, auch nicht schön. Aber
nirgendwo außerhalb Deutschlands berichtet ein größerer Anteil Schwarzer
Menschen davon, in den letzten Jahren diskriminiert worden zu sein
(Deutschland: 76, Schnitt aller Länder: 45 Prozent). Und nur in Finnland
haben die Befragten noch öfter tätliche Gewalt erlebt als in Deutschland.
Im Schnitt aller Länder berichten 30 Prozent von rassistischer Belästigung,
in Deutschland sind es 54 Prozent. Und rund 60 Prozent aller Befragten
berichten von Racial Profiling durch die Polizei, in Deutschland liegt der
entsprechende Wert bei 69 Prozent.
Ein besonders großer Teil der rassistischen Vorfälle spielt sich sowohl in
Deutschland wie auch in den anderen Staaten auf dem Wohn- und Arbeitsmarkt
ab. Hier schlägt Rassismus direkt in materielle Benachteiligung durch.
Zusammen mit der Benachteiligung im Bildungssystem und steigenden Preisen
führt das dazu, dass etwa ein Drittel der Befragten sagten, sie hätten
Schwierigkeiten, sich finanziell über Wasser zu halten. In der
Gesamtbevölkerung gaben dies nur etwa 18 Prozent an. Mit 14 Prozent sagten
zudem doppelt so viele befragte Schwarze Menschen wie im
Bevölkerungsschnitt, ihre Wohnung wegen der hohen Kosten nicht heizen zu
können. Besonders bedrückend: In fast allen Staaten zeigt sich insgesamt
[3][eine Verschlechterung bei den Umfrageergebnissen] im Vergleich zur
letzten derartigen Untersuchung aus dem Jahr 2016.
## Gegen Racial Profiling
Was also tun? Die Autor*innen der Studie empfehlen der Politik eine
Reihe von Maßnahmen. Zum einen schlagen sie schärfere Gesetze gegen
Diskriminierung vor, sowie bessere Meldemöglichkeiten für rassistische
Vorfälle. Auch die wissenschaftliche Datenerhebung müsse ausgebaut werden,
genauso wie die Möglichkeiten für staatliche Stellen, gegen Diskriminierung
in den eigenen Reihen vorzugehen. Für die Arbeitswelt, den Wohnungsmarkt,
Bildungs- und Gesundheitssektor brauche es zudem gezielte Förderstrukturen
für Schwarze Menschen. Und gegen Racial Profiling durch die Polizei müsse
die endlich eigene kritische Strukturen bekommen.
All das scheint nachvollziehbar und machbar. An einigem davon arbeitet die
deutsche Bundesregierung sogar: Noch in diesem Herbst soll die gesetzliche
Basis dafür geschaffen werden, dass es mit dem SPD-Abgeordneten Uli Grötsch
erstmals [4][einen unabhängigen Polizeibeauftragten] auf Bundesebene geben
wird.
Für eine Reform des veralteten deutschen Antidiskriminierungsrechts macht
sich die zuständige Beauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, schon
lange stark.
Nur: Große Teile der Ampelkoalition unterminieren diese Vorhaben konstant,
indem sie eine gesellschaftliche Stimmung anfachen, die Rassismus und
aktiver Diskriminierung den Boden bereitet. Sicher: Dominiert wird die
derzeitige Debatte vor allem von der AfD und der Union, deren Forderungen
täglicher radikaler werden. Aber es ist eben SPD-Kanzler Olaf Scholz, der
im Spiegel verkündet, „endlich im großen Stil“ abschieben zu wollen. Es i…
die SPD-Innenministerin Nancy Faeser, die die Gesetzeslage für Geflüchtete
drastisch und öffentlichkeitswirksam verschärft, es sind
FDP-Politiker*innen, die immer noch einen draufsetzen bei ihren Forderungen
nach Migrationsbegrenzung. Und dann sind da noch die Grünen, die all das
ohne echte Gegenwehr zulassen.
Dabei tut es nichts zur Sache, dass es den deutschen Politiker*innen
um Geflüchtete geht, die derzeit vor allem aus Nahost kommen. Die laufende
Diskussion, an der sich die Ampel lebhaft beteiligt, bestärkt diejenigen,
die nicht nur weniger Migration fordern, sondern sich ein Land wünschen, in
dem für Menschen mit nichtweißer Hautfarbe überhaupt kein
gleichberechtigter Platz mehr ist.
25 Oct 2023
## LINKS
[1] /Scharfe-Toene-zu-Migration/!5965251
[2] http://fra.europa.eu/en
[3] /Alltaeglicher-Rassismus-in-Deutschland/!5960604
[4] /Forscher-Aden-ueber-Polizeibeauftragte/!5957503
## AUTOREN
Frederik Eikmanns
## TAGS
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