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# taz.de -- Einbruch bei Neuzulassungen von E-Autos: Viel zu viele Ladesäulen
> Zwei Drittel weniger neue E-Autos als im Vormonat: Wegen geringerer
> Förderung bricht im September die Zahl ein. Jetzt sind zu viele
> Ladepunkte da.
Bild: Zu viele Ladestationen oder zu wenige E-Fahrzeuge?
Berlin taz | Die Anzahl der Elektroautos unter den Neuzulassungen ist im
September in Deutschland eingebrochen. Überraschend kommt diese Entwicklung
nicht, denn seit vergangenem Monat bekommen nur noch Privatpersonen die
staatliche Förderung – die Mehrzahl der neu zugelassenen Autos sind jedoch
Geschäftswagen. Mit dieser Entwicklung verschärft sich zugleich ein
Phänomen, auf das die [1][Energiewirtschaft] bereits im Sommer hingewiesen
hatte: Das öffentliche Ladenetz für Elektroautos übertrifft den aktuellen
Bedarf inzwischen erheblich.
Die Neuzulassung von reinen E-Fahrzeugen fiel im September auf rund 31.700
– nur noch 14,1 Prozent aller Neuzulassungen. Gemessen am Vormonat, der
durch das absehbare Ende der Förderung geprägt war, reduzierte sich der
Absatz um fast zwei Drittel. Aber auch im Vergleich zum September 2022
brach der Absatz von E-Autos um fast 30 Prozent ein. Damit erreichen die
Neuzulassungen aktuell nur rund ein Fünftel dessen, was nötig wäre, um das
Regierungsziel von 15 Millionen [2][Elektroautos] 2030 zu erreichen.
Diese Entwicklung trifft auch die Betreiber der Ladeinfrastruktur, die mit
ihren Investitionen erheblich in Vorleistung gegangen sind. Bereits im
Sommer hatte der Branchenverband der Energiewirtschaft, BDEW, erklärt, es
herrsche in Deutschland inzwischen – gemessen an der Zahl der Elektroautos
– ein „Überangebot an Lademöglichkeiten“. Statistisch betrachtet fallen
nämlich in Deutschland auf [3][jeden Ladepunkt nur 13 reine Elektroautos].
Um wirtschaftlich zu sein, bräuchte jede Station ein Vielfaches davon.
Aber die Politik hat den Bedarf an Ladepunkten über Jahre hinweg
überschätzt, weil sie den technischen Fortschritt nicht im Blick hatte. Mit
der deutlichen Zunahme der Ladeleistungen an den Stationen haben sich die
Ladezeiten entsprechend verkürzt. Somit kann jeder Ladepunkt heute viel
mehr Fahrzeuge abfertigen als ursprünglich gedacht.
## Überangebot an Ladesäulen
Heute geht der BDEW davon aus, dass in Deutschland im Jahr 2030 maximal
250.000 öffentliche Ladepunkte ausreichen. Die EnBW als ein großer
Ladesäulenbetreiber spricht gar von nur 130.000 bis 150.000
Hochleistungsladepunkten, die nötig seien, um die angepeilte Anzahl von
E-Autos zu versorgen. Jeder dieser Schnellladepunkte könne den Bedarf von
100 E-Autos abdecken. Davon ungerührt hält die Bundesregierung in ihrem
„Masterplan Ladeinfrastruktur II“ von Oktober 2022 noch am Ziel fest, bis
2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte zu schaffen.
Würde man diese tatsächlich für die angepeilten 15 Millionen Fahrzeuge
aufbauen, hätte man etwa die gleiche Relation von Fahrzeugen und
Ladepunkten wie heute. Damit würden auch künftig viele Ladesäulen nicht
vollständig genutzt. Der BDEW nennt aktuelle Zahlen, die mitunter
erbärmlich sind: Zwischen 3 und maximal 25 Prozent der Zeit seien die
Ladepunkte jeweils besetzt, im Durchschnitt 11,6 Prozent des Tages – also
etwa 3 Stunden. Nach Branchenschätzungen müssen Schnellladesäulen jedoch zu
15 bis 20 Prozent ausgelastet sein, um wirtschaftlich zu sein.
Normalladesäulen dürften aufgrund der deutlich geringeren
Investitionskosten auch mit etwas geringeren Zahlen auskommen.
## Subventionierung der Ladeinfrastruktur?
Damit ist offenkundig, dass viele Ladestationen heute unwirtschaftlich
sind. Zwar drücken sich die Unternehmen um konkrete Aussagen herum, doch
die Kennzahlen der Branche sind deutlich: Nach den jüngsten Zahlen der
Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur fanden pro öffentlichem Ladepunkt
nur 23 Ladevorgänge im Monat statt – also weniger als einer pro Tag.
Während der BDEW eine Dauersubventionierung der Ladeinfrastruktur ablehnt
und betont, diese müssen sich „perspektivisch über ihre Auslastung selbst
tragen“, macht sich die Bundesregierung diese marktwirtschaftliche
Betrachtungsweise nicht zu eigen. Das Verkehrsministerium benennt in seinem
Masterplan die Kommunen noch als „Schlüsselakteure“ beim Ausbau der
Ladestationen. Die öffentliche Hand solle dort einspringen, wo sich nicht
genug private Investoren finden lassen. Gegen ein solches Ansinnen
protestierte bereits der [4][Deutsche Städte- und Gemeindebund: „Städte und
Gemeinden sind keine Tankstellenbetreiber.“]
Für die Ladesäulenbetreiber müsste nun die Zahl der E-Fahrzeuge rasant
wachsen, damit das Geschäftsmodell aufgehen kann. Doch just in diesem
Moment stagniert der Markt nach Jahren des Wachstums. Im vergangenen Jahr
lag der Anteil der reinen Elektroautos an den Neuzulassungen bei 17,7
Prozent, in den ersten neun Monaten 2023 liegt er mit aktuell 18,1 Prozent
kaum darüber. Sollten die nächsten Monate für die E-Fahrzeuge auch so
schwach ausfallen wie der September, könnte die Quote des Vorjahres sogar
noch unterschritten werden.
6 Oct 2023
## LINKS
[1] https://www.bdew.de/energie/elektromobilitaet-dossier/ladesaeulen-energiewi…
[2] /Neue-Foerderung-von-E-Autos/!5959817
[3] /Kanzler-auf-der-Automesse-IAA/!5955199
[4] https://www.energate-messenger.de/news/221959/kommunen-lehnen-grundversorgu…
## AUTOREN
Bernward Janzing
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