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# taz.de -- E-Autos zum Ausprobieren: Probefahrt mit Paten
> Wie fahren sich Elektroautos? Das kann man selten ausprobieren, ohne mit
> Werbung genervt zu werden. In Baden-Württemberg lassen sie sich testen.
Bild: So geht das mit dem Laden: E-Auto-Pate und Interessent vor einer Ladesäu…
Lauchringen taz | Nach 30 Autominuten im Schwarzwald fährt Peter Guse erst
mal rechts ran. „Ich muss Fotos machen“, sagt der 53-Jährige und zückt se…
Handy. „Sonst glaubt mir meine Frau nicht, dass ich ihn gefahren bin.“
Ihn: Gemeint ist ein Hyundai Kona, das erste [1][Elektroauto], in dem der
Baden-Württemberger sitzt. „Ich bin positiv überrascht“, ergänzt Guse. �…
hätte nicht gedacht, wie viel Power so ein Auto hat.“
Die Probefahrt startet in Lauchringen, einem Dorf in der Nähe der Schweizer
Grenze. Spiegel einstellen, Gurt anlegen, Handbremse lösen – aber da ist ja
gar keine Handbremse! „Drück einfach auf den Knopf“, sagt Sven Dorn, der
kundige Beifahrer, der alles über Elektroautos weiß. „Den Gang legst du
ein, indem du auf D drückst.“
Dorn ist kein Autohändler, er will nichts verkaufen. Hauptberuflich
arbeitet er als Fahrlehrer, was seine ruhige, routinierte Stimme erklärt.
Doch sein Job spielt bei der Probefahrt keine Rolle, denn diese läuft
ehrenamtlich: Als „E-Moderierender“ will der Fahrlehrer die Lust an der
Elektromobilität wecken – nicht durch warme Worte, sondern durch praktische
Erfahrungen. Wer möchte, darf sich selbst ans Steuer setzen und
ausprobieren, wie sich ein Elektroauto fährt.
## Ein Projekt der Verkehrswacht
Ein paar Landstraßenrunden hat sein Proband schon gedreht. Jetzt biegt er
auf einen Wirtschaftsweg ein, um den Kona genauer zu betrachten. Die beiden
Männer steigen aus, Dorn holt ein orangefarbenes Stromkabel hervor.
„Hiermit kannst du ihn laden“, erklärt der Elektro-Pate. „Das eine Ende
kommt in die Ladestation, das andere ins Auto.“ Noch ein Blick unter die
Motorhaube, dann geht’s weiter.
Ausgedacht hat sich das Projekt die Verkehrswacht Baden-Württemberg. Unter
dem schlichten Namen „eAuto ausprobieren“ hat der Verein 36 Elektroautos in
Umlauf gebracht, verteilt über das ganze Bundesland. Die E-Moderierenden
erhalten drei Jahre einen Hyundai Kona zugeteilt. Im Gegenzug müssen sie
kostenlose Probefahrten anbieten, wenn sich Interessierte in ihrem
Landkreis melden.
„Wir werden förmlich überrannt“, sagt Dieter Speiser, Geschäftsführer d…
Verkehrswacht Baden-Württemberg. „Wir haben wahnsinnig viele Anfragen, ohne
dass wir groß Werbung machen.“ Nicht nur in den Städten, auch im ländlichen
Raum sei das Interesse groß. Wegen der vielen Anfragen bietet die
Verkehrswacht die Probefahrten auch während der Pandemie an – mit Maske,
beschränkt auf 20 bis 30 Minuten. Anmeldungen sind möglich unter der
Internetadresse [2][https://eauto-ausprobieren.de].
Die hohe Nachfrage könnte damit zusammenhängen, dass es bislang kaum
vergleichbare Angebote gibt. Wer einen Verbrenner fährt und einen Stromer
ausprobieren möchte, hat wenige Möglichkeiten: ein [3][E-Auto mieten]
(teuer), eine Probefahrt im Autohaus buchen (werblich) oder ein
elektrisches Car-Sharing-Angebot nutzen (gibt’s nur an wenigen Orten).
## „Wir wollen nichts verkaufen“
Bei der Verkehrswacht steht hingegen kein kommerzieller Gedanke dahinter.
Dem Verband geht es um Nachhaltigkeit. „Wir wollen nichts verkaufen“,
betont Speiser, „sondern E-Mobilität vermitteln.“ Trotzdem muss er sich hin
und wieder böse Kommentare anhören. „Manche fragen uns, warum wir Koreaner
nehmen und keine deutschen Modelle.“ Die Antwort: Hyundai habe das beste
Leasing-Angebot gemacht, der Verein müsse schließlich auch aufs Geld
gucken.
Während der Testfahrt sollen sich die Interessierten selbst ein Bild
machen, ob Elektroautos zu ihnen passen oder nicht. Kritische Fragen sind
erwünscht, auch im Schwarzwald bei Sven Dorn. „Der Wallbox-Einbau in der
Garage kostet viel Geld, das darf man nicht vergessen“, sagt der
Fahrlehrer. Sein Proband nickt. „Zum Glück steht direkt gegenüber von
meinem Haus ’ne Ladestation.“
Und wo kann man jetzt laden, hier auf dem Land? Dorn öffnet eine App auf
seinem Handy. Eine Landkarte von Lauchringen erscheint, drei Ladestationen
mit insgesamt 14 Ladepunkten werden angezeigt. „Hier siehst du alle
Standorte, an denen du Strom bekommst“, sagt Dorn. „Die Kommunen hängen
sich rein, aber auch immer mehr Supermärkte bieten Lademöglichkeiten an.“
Er tippt auf den Bildschirm, um die nächstgelegene Stromtankstelle
auszuwählen. Der Testfahrer lacht: „Das ist ja idiotensicher.“
## Noch ein Auto mehr auf den Straßen?
Vor dem nahegelegenen Möbelhaus parkt schon ein Tesla. An den Strom
angeschlossen ist er nicht, vermutlich hat er noch genug Saft in der
Batterie. Jetzt zeigt Dorn, wie sich Elektroautos öffentlich aufladen
lassen: Kabel rein, Ladekarte an die Säule halten, und los!
Sven Dorn hatte inzwischen schon viele Neugierige an Bord. „Alle waren
unbefangen und sehr zufrieden“, sagt der E-Moderator. Am Ende blieben die
meisten trotzdem bei ihrem Verbrenner. „Vielen ist es einfach zu teuer oder
zu aufwendig. Aber sie denken zumindest darüber nach.“
So ist es auch bei Peter Guse, seinem aktuellen Testfahrer. „Das Auto
gefällt mir sehr gut“, resümiert der 53-Jährige. „Aber ich habe auch ein
Boot und zwei Hunde. Da muss ich gucken, ob es vom Platz her passt.“
Vielleicht, sagt er, kauft er sich das E-Auto auch bloß als Zweitwagen,
einen kleinen Renault Twingo zum Beispiel. Der Testfahrer findet diese Idee
charmant, die Umwelt wohl weniger: Noch ein Auto mehr auf den Straßen –
wenn auch ein elektrisches.
15 Jul 2021
## LINKS
[1] /Elektroauto/!t5024770
[2] https://eauto-ausprobieren.de/eauto-ausprobieren.html
[3] http://www.nextmove.de/
## AUTOREN
Steve Przybilla
## TAGS
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