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# taz.de -- Abwahl von McCarthy im US-Kongress: Chaos im Kapitol
> Eine Gruppe radikaler Republikaner hat mithilfe der Demokraten den
> Sprecher des US-Repräsentantenhaus abgewählt. Wer ihm folgen wird, ist
> noch unklar.
Bild: Hat als erster je abgesetzter Sprecher Geschichte gemacht: Republikaner K…
Washington taz | Die [1][unrühmliche Amtszeit von Kevin McCarthy] als
Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses hat ein jähes Ende gefunden. Nach
noch nicht einmal neun Monaten wurde der Republikaner am Dienstagabend von
einer Mehrheit der Abgeordneten abgewählt.
Im Gegensatz zu den [2][15 Wahldurchgängen], die McCarthy im Januar
benötigte, um als Sprecher des Repräsentantenhauses bestätigt zu werden,
reichte am Dienstag ein Wahldurchgang, um ihn des Amtes zu entheben. Mit
216 zu 210 Stimmen entzogen die Abgeordneten des Repräsentantenhauses dem
58 Jahre alten Kalifornier das Vertrauen. Alle 208 zur Wahl anwesenden
Demokraten sowie acht Republikaner stimmten gegen McCarthy.
Mit einer Amtszeit von 269 Tagen war es die zweitkürzeste Amtszeit eines
Sprechers in der Geschichte der USA. Zudem ist es das erste Mal überhaupt,
dass ein Sprecher per Abstimmung seines Amtes entzogen wurde. Als
Übergangssprecher wurde der 47-jährige republikanische Abgeordnete Patrick
McHenry bestimmt. Er soll so lange die Geschäfte führen, bis ein neuer
Sprecher gewählt ist.
„Ich habe für das gekämpft, woran ich glaube“, sagte ein sichtlich
ernüchternder McCarthy nach der historischen Abwahl. Er fügte hinzu, dass
er diesen Kampf weiter fortsetzen wolle, doch auf andere Art und Weise.
McCarthy schloss zudem aus, erneut für das Sprecheramt zu kandidieren.
Schon lange auf dünnem Eis
Dass sich McCarthy auf dünnem Eis bewegte, war seit Längerem
offensichtlich. Mitglieder des rechte Parteiflügels, angeführt von
Trump-Unterstützer Matt Gaetz, machten bereits im Januar klar, dass sie von
McCarthy eine äußerst konservative Politik erwarteten. Bereits damals
drohten sie an, dass wenn dies nicht der Fall sein sollte, sie sich für
eine Absetzung einsetzen würden.
Am Ende waren es zwar noch 91 republikanische Abgeordnete, die gegen den
mit den Demokraten ausgehandelten 45-Tage-Haushalt stimmten, aber nur 8 aus
dem harten Kern um Matt Gaetz, die Kevin McCarthy aus dem Amt drängten –
gemeinsam mit allen Stimmen der Demokratischen Fraktion.
Die Demokraten konnten sich zwischen verschiedenen Optionen entscheiden:
Sie hätten sich der Stimme enthalten oder auch versuchen können, mit
McCarthy Deals abzuschließen im Austausch gegen ihre Unterstützung. Aber
auch die Demokraten konnten keinerlei Vertrauen in Kevin McCarthy aufbauen
– immerhin war er auch jener republikanische Sprecher, der gerade erst ein
Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden auf den Weg gebracht hatte, um sich
aus der Schusslinie der Rechten in der eigenen Fraktion zu bringen.
Medienberichten zufolge war es die linke Abgeordnete [3][Alexandria
Ocasio-Cortez], die als Erstes verkündete, sie werde gegen McCarthy
stimmen. Am Ende zogen alle anderen mit und beobachten durchaus freudig die
Selbstzerstörung der Republikanischen Partei.
„Wenn du ein Versprechen gibst, dann solltest du dies einhalten. Als eine
finanzwirtschaftlich Konservative bin ich verärgert. Als Frau bin ich
zutiefst frustriert“, sagte etwa die Abgeordnete Nancy Mace aus South
Carolina im Anschluss.
Führungswechsel erschwert Haushaltsstreit
Mace ist wie viele Republikaner über die wachsenden Schulden der
Bundesregierung besorgt, die sich mittlerweile auf mehr als 33 Billionen
US-Dollar belaufen. Diese Frustration zeigte sich auch am vergangenen
Samstag, als McCarthy unter Beihilfe von Demokraten einen Übergangshaushalt
verabschiedete, um einen sogenannten [4][Shutdown] der Bundesregierung zu
verhindern.
Der [5][temporäre Haushaltsplan], der die Finanzierung der US-Regierung
sowie wichtiger Sozialprogramme bis einschließlich 17. November garantiert,
enthält keine der von den Republikanern geforderten Kürzungen. Im
Gegenteil, der Übergangshaushalt stellte zusätzliche 16 Milliarden Dollar
zur Katastrophenhilfe bereit. Nur mit einer Forderung konnten sich die
konservativen Republikaner durchsetzen, nämlich [6][keine zusätzliche
Hilfsbewilligung für die Ukraine].
„Kevin McCarthy ist eine Kreatur des Sumpfes. Er hat Gelder von
Interessengruppen gesammelt und diese Gelder im Wechsel für Gefälligkeiten
weiterverteilt. Damit ist er an die Macht gekommen. Wir durchbrechen dieses
Fieber jetzt“, sagte Gaetz, der den Antrag zur Abwahl von McCarthy gestellt
hatte.
Bis zum kommenden Dienstag ist jetzt Zeit, um Kandidaten für das Amt des
Sprechers zu präsentieren, dann soll möglichst gewählt werden.
Als mögliche Nachfolger werden derzeit verschiedene Namen aus der
republikanischen Fraktionsführung gehandelt. Da ist allen voran Steve
Scalise, Abgeordneter aus Louisiana und derzeitiger republikanischer
Fraktionschef. Nach 15 Jahren im Repräsentantenhaus verfügt der 57-Jährige
zweifellos über ausreichende politische Erfahrung. Die Frage ist jedoch, ob
seine derzeit laufende Blutkrebsbehandlung einen vollen Einsatz zulässt.
Scalise hätte zumindest die Unterstützung von Matt Gaetz, dem Antragsteller
der McCarthy-Abwahl, obwohl Scalise selbst an McCarthy bis zum Schluss
festhielt.
Dann gibt es noch den „Majority Whip“ Tom Emmer aus Minnesota – und die
schillernde Fraktionsgeschäftsführerin Elise Stefanik. Stefanik, zu Beginn
der Amtszeit von Donald Trump noch strikte innerparteiliche Gegnerin,
entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer von Trumps glühendsten
Anhänger*innen. Im Mai 2021 ließ der damalige Minderheitsführer Kevin
McCarthy eine fraktionsinterne Wahl abhalten, um die Trump-Kritikerin Liz
Cheney aus der Fraktionsführung herauszubekommen. Stefanik wurde ihre
Nachfolgerin.
Ob jemand von diesen dreien allerdings tatsächlich antritt, um das Erbe von
Kevin McCarthy anzunehmen, blieb zunächst offen – genau wie die Wahlchancen
und insofern auch die Frage, wie lange es wohl diesmal dauern wird,
jemanden zu wählen.
Bis aber der Sprecherposten nicht wieder besetzt ist, ist die Arbeit des
Repräsentantenhauses praktisch gelähmt. Das bedeutet zugleich, dass diese
Zeit nicht dazu genutzt werden kann, um an einer Lösung des anhaltenden
Finanzstreites und zur weiteren Unterstützung der Ukraine zu arbeiten.
„Es ist ein trauriger Tag für Amerika“, sagte der Vorsitzende des
Haus-Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Michael McCaul.
US-Präsident Joe Biden hofft, dass schnell ein neuer Sprecher gefunden
wird, da die „dringenden Herausforderungen, mit der unsere Nation
konfrontiert ist, nicht warten können“, sagte die Pressesprecherin des
Weißen Hauses Karine Jean-Pierre in einer Stellungnahme.
4 Oct 2023
## LINKS
[1] /Abwahl-von-McCarthy-im-US-Kongress/!5964443
[2] /Sprecher-des-US-Repraesentantenhauses/!5907215
[3] https://www.salon.com/2023/10/01/aoc-calls-kevin-mccarthy-weak-siding-with-…
[4] /Haushaltsstreit-in-den-USA/!5961985
[5] /Haushaltskrise-in-den-USA-verhindert/!5964206
[6] /Uebergangshaushalt-mit-Folgen-fuer-Ukraine/!5961041
## AUTOREN
Hansjürgen Mai
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