# taz.de -- Versuchter Anschlag auf Synagoge: „Vor einer Woche noch unvorstel… | |
> Nach einem versuchten Brandanschlag auf eine Synagoge in der | |
> Brunnenstraße in Berlin-Mitte äußern Jüdinnen und Juden Ängste vor | |
> weiteren Attacken. | |
Bild: Das Gebäude der jüdischen Gemeinde Kahal Adass Jisroel in Mitte nach de… | |
BERLIN taz | Das Gebäude in der Brunnenstraße ist weiträumig mit | |
Flatterband abgesperrt. Es ist Mittwochmittag, viele uniformierte | |
Polizisten stehen neben dem Eingang, auch viel Presse ist da. Der jüdische | |
Verein Kahal Adass Jisroel unterhält in dem Gebäude neben einer Synagoge | |
auch eine Kindertagesstätte und eine Grundschule. In der Nacht zuvor haben | |
Unbekannte mit Molotowcocktails versucht, einen Brandanschlag auf das | |
Gebäude zu verüben. | |
Um 3.45 Uhr am Mittwoch hätten sich zwei Vermummte zu Fuß genähert und zwei | |
mit brennbarer Flüssigkeit gefüllte brennende Flaschen in Richtung des | |
Gebäudes geworden, teilte die Pressestelle der Polizei mit. Die Flaschen | |
seien bei dem Aufschlag auf dem Gehweg zerbrochen, das Feuer dabei | |
weitestgehend ausgegangen. Der Objektschutz habe den Rest gelöscht. Die | |
Absuche der Umgebung durch alarmierte Einsatzkräfte sei erfolglos | |
verlaufen. | |
Sichtbare Spuren auf dem Bürgersteig haben die Molotowcocktails nicht | |
hinterlassen, aber innerliche Spuren. Anna Segal, Geschäftsführerin von | |
Kahal Adass Jisroel (KAJ), spricht sie am Mittwochmittag in die Mikrofone. | |
[1][Seit dem Anschlag der Hamas auf Israel und dem sich zuspitzenden | |
Nahostkonflikt] habe sich das Leben der jüdischen Community in Berlin | |
einschneidend verändert. „Wir fühlen uns als wandelnde Zielscheiben“, sagt | |
Segal. Die „neue Realität“ wecke schlimme Erinnerungen an die Nazizeit. | |
„Wenn du aus dem Haus gehst, schaust du, ob es Schmierereien an der Haustür | |
gibt.“ | |
Auch die Kinder trauten sich nicht mehr, erkennbar jüdisch auf die Straße | |
zu gehen. „Unsere Kinder wachsen selbstbewusst jüdisch und gläubig auf“, | |
sagt Segal. Aber der ältere Sohn habe den jüngeren Bruder aus eigenem | |
Antrieb aufgefordert, seine Kippa in der Öffentlichkeit zu verstecken. Noch | |
vor einer Woche hätte sie nicht geglaubt, dass es dazu komme, sagt Segal. | |
## Linkspartei kommt mit Blumen | |
Auch Pasha Luybarsky, Vorsitzender der KAJ, hält mit seinen Sorgen nicht | |
hinter dem Berg, als er von einer Delegation der Linkspartei nach seinem | |
Befinden gefragt wird. Die Bundesvorsitzende der Linken, Janine Wissler, | |
sowie die Bundestagsabgeordnete Martina Renner und Maximilian Schirmer, | |
Landesvorstand Berlin, sind an diesem Mittag zum Ort des Geschehens | |
gekommen, [2][um ihre Betroffenheit zu bekunden]. Auch einen Blumenstrauß | |
haben sie mitgebracht. Die Geschäftsführerin Anne Segal nimmt das Gebinde | |
erfreut entgegen. Vor dem Gebäude sind es an diesem Mittag die einzigen | |
Blumen. | |
Auch das gehört zu den bedrückenden Momenten der letzten Woche. Dass in | |
Berlin kaum Menschen auf die Idee kommen, ihre Solidarität mit Israel durch | |
das Ablegen von Blumen vor jüdischen oder israelischen Einrichtungen zu | |
bekunden. Nach den islamistischen Anschlägen in Paris 2015, bei denen über | |
100 Menschen ums Leben kamen und Hunderte verletzt wurden, war das anders. | |
Berge von Blumen türmten sich da meterlang vor der Französischen Botschaft | |
am Pariser Platz. | |
Ob sie wegen des versuchten Anschlags schon Genaueres wüssten, fragt Janine | |
Wissler Segal und Luybarsky am Mittwoch. Die verneinen. Der Wachschutz sei | |
aber sofort zur Stelle gewesen und auch die Polizei sei sofort gekommen, | |
sagt Segal. Noch während die Polizei tätig gewesen sei, habe es aber einen | |
zweiten Angriff gegeben. Ein Mann mit Palästinensertuch sei mit einem | |
E-Roller durch die Absperrung gefahren, habe den Roller zu Boden geworfen | |
und etwas aus seiner Tasche gezogen. Er sei sofort festgenommen worden. | |
Die Polizei bestätigte den Vorfall in ihrer Presserklärung. Der 30-Jährige | |
habe bei seiner Festnahme Widerstand geleistet und volksverhetzende sowie | |
israelfeindliche Parolen gerufen. Nach einer Identitätsfeststellung sei er | |
noch vor Ort entlassen worden. | |
## Wachschutz allein reicht nicht | |
„Wir sind sehr beunruhigt und sehr verängstigt“, berichtet Segal der | |
Delegation der Linken. Bei jedem Schrei oder Tumult auf der Straße schrecke | |
man hoch. Sie käme gerade aus dem Innenausschuss des Bundestags, erzählt | |
die Linken-Abgeordnete Renner. Was man noch für den Schutz der jüdischen | |
Community tun könne? | |
Sie seien relativ gut geschützt, sagt der Vorsitzende der KAJ, Luybarsky. | |
Aber es gebe eine Sicherheitslücke, was den Schutz des Gebäudes angehe. Der | |
aktuelle Fall habe das gezeigt. Der Objektschutz sei nicht trainiert, | |
Attentäter abzuwehren. Man werde das weitergeben an den Berliner | |
Innenpolitiker Niklas Schrader, sagt Renner. | |
Bevor er mit Anna Segal und der Linken-Delegation in die Synagoge | |
verschwindet, sagt Luybarsky noch das: „Wir bekommen viel an Teilnahme.“ | |
Die jüdische Schule bleibe offen. „Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir | |
möchten in Deutschland offen jüdisch leben.“ | |
Am Dienstagabend hatten massive Polizeikräfte das Holocaust-Mahnmal in der | |
Nähe des Brandenburger Tors vor möglichen Übergriffen bewahrt. Die | |
zuständige Stiftung für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas teilte | |
mit, man habe sich nach [3][propalästinensischen Demonstrationen] im Umfeld | |
des Stelenfeldes ausreichend geschützt gesehen. | |
18 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Sorge-um-die-israelischen-Geiseln/!5967318 | |
[2] /Resolution-gegen-den-Hamas-Terror/!5963813 | |
[3] /Israelfeindlichkeit-in-Berlin/!5963439 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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