# taz.de -- Parlament debattiert zu Hamas-Terror: Kein Tag für Parteitaktik | |
> Grüne und Linke stimmen für Resolution von Schwarz-Rot zu Israel. Applaus | |
> des israelischen Botschafters für Schutzzusagen von Regierungschef | |
> Wegner. | |
Bild: CDU-Senatschef Kai Wegner am Donnerstagmorgen im Abgeordnetenhaus | |
BERLIN taz | Auf den Besuchertribünen des Abgeordnetenhauses ist Beifall | |
eigentlich verboten. An diesem Donnerstag aber schreitet kein Saaldiener | |
ein, als in der ersten Reihe trotzdem geklatscht wird. Denn es ist [1][der | |
israelische Botschafter Ron Prosor], der dort mit anderen Berlins | |
Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) beklatscht. Der hat gerade | |
erneut den Hamas-Terror verurteilt und klargemacht: „Der Senat duldet keine | |
Rechtfertigung und vor allem keine Verherrlichung der Taten der Hamas.“ | |
Nicht nur Prosor sitzt in der ersten Reihe oberhalb der rund 150 | |
Abgeordneten. Auch die Antisemitismus-Beauftragten von Bund und Land sind | |
da, ebenso Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Ein | |
Blick in die Reihe hinter ihnen personifiziert, wovon Wegner und die Redner | |
nach ihm sprechen, wenn es um die Gefahren für jüdisches Leben geht. Denn | |
dort sitzen mindestens drei Personenschützer, vor dem Tribünenzugang stehen | |
weitere – selbst im durch Eingangskontrollen geschützten Landesparlament | |
gilt die Lage offensichtlich als gefährlich. | |
Eine Resolution gegen den Hamas-Terror soll nach der Rederunde beschlossen | |
werden. Fraktions- und parteiübergreifend sollte das eigentlich passieren, | |
als Koproduktion von CDU, SPD, Grünen und Linkspartei. Die AfD legte eine | |
eigene Resolution vor. Doch dann mochte die CDU nicht mehr mit der | |
Linksfraktion zusammen unter dem Text stehen, weil ihr deren Haltung in | |
einem jüngsten Treffen angeblich nicht deutlich genug schien. Was sich | |
allerdings am Donnerstag in der Rede von Linksfraktionschefin Anne Helm | |
nicht wiederfindet. | |
Helm verurteilt den Hamas-Terror ohne Einschränkung: „Dafür gibt es keine | |
Kontextualisierung, die das irgendwie erklärbar machen würde.“ Nur in | |
anderen Worten hatte das kurz vor ihr auch CDU-Fraktionschef Dirk Stettner | |
so ausgedrückt: Das Tun der Hamas „widert mich an, dafür gibt es keine | |
Rechtfertigung“. Ein „Ja, aber die Israelis haben doch auch …“ dürfe es | |
nicht geben. | |
## Wie umgehen mit antiisraelischen Demonstrationen? | |
Auseinander gehen die Meinungen beim Blick auf die pro-palästinensischen | |
Demonstrationen in Berlin. Ein pauschales Verbot lehnt Helm ab. Unterbunden | |
gehöre aber sehr wohl, wenn das Existenzrecht Israels infrage gestellt oder | |
der Hamas-Terror verherrlicht wird. Helm beruft sich dabei auf Herbert | |
Reul, den CDU-Innenminister Nordrhein-Westfalens, der nach ihren Worten ein | |
solches komplettes Verbot als rechtlich äußerst schwierig einstufte. | |
Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch nennt die Angriffe gegen jüdisches | |
Leben in Berlin, vor allem auf die Synagoge in der Brunnenstraße in Mitte | |
in der Nacht zum Mittwoch, einen „Sündenfall“. Auch Wegner hat zuvor von | |
einem „Schandfleck“ für Berlin gesprochen. Jarasch dankt ausdrücklich und | |
nicht weniger als zuvor der Regierungschef der Polizei für ihr Engagement, | |
als andere noch in Schockstarre gewesen seien. Sie spricht sich für eine | |
konsequente Bestrafung der Täter aus, warnt aber auch vor Überreaktionen: | |
Es zündele auch, „wer schwadroniert, [2][in Deutschland geborene | |
Jugendliche auszubürgern] oder abzuschieben“. | |
Als die SPD-Fraktion dran ist, steht nicht – wie bei den anderen Fraktionen | |
– der Vorsitzende am Rednerpult: Raed Saleh fehlt, laut Pressestelle | |
krankheitsbedingt. Er wäre [3][mit seinem Lebenslauf] an diesem Morgen eine | |
besondere Stimme gewesen: Saleh wurde 1977 in einem Dorf bei Nablus im | |
Westjordanland geboren, kam mit fünf Jahren nach Berlin und setzt sich seit | |
Jahren für den [4][Wiederaufbau der Synagoge am Fraenkelufer] in Kreuzberg | |
ein. | |
Die von CDU und SPD vorgelegte Resolution „Berlin steht an der Seite | |
Israels“ bekommt schließlich auch die Stimmen von Grünen und Linkspartei, | |
die vorher eine eigene, genau so überschriebene Resolution auf die | |
Tagesordnung hatten setzen lassen. Sie setzen damit jenes Zeichen gegen | |
Spaltung, das sich eine halbe Stunde zuvor Grünen-Fraktionschefin Jarasch | |
in ihrer Rede gewünscht hatte: „Es ist jetzt keine Zeit für parteitaktische | |
Spielchen.“ | |
19 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Amtsantritt-des-neuen-Botschafter-Israels/!5875913 | |
[2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/hamas-terror-in-israel-politiker… | |
[3] https://www.raed-saleh.de/ueber-mich | |
[4] /Synagoge-in-Kreuzberg/!5591281 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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