# taz.de -- Bundeskanzler reist durch Nahost: Scholz und al-Sisi beraten zu Gaza | |
> Bundeskanzler Scholz ist in Ägypten angekommen. Der ungeklärte | |
> Raketenangriff auf ein Krankenhaus in Gaza erschwert das Treffen mit | |
> Präsident al-Sisi. | |
Bild: Olaf Scholz mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi bei seinem Besu… | |
Kairo taz | Die Rakete, die Dienstagabend die Al-Ahli-Klinik in Gaza | |
getroffen hat, verkompliziert die [1][Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz | |
im Nahen Osten] weiter. Wer sie abgefeuert hat, [2][ist weiter unklar]. | |
Fest steht: Der Angriff auf das Krankenhaus mit hunderten Toten wirkt wie | |
ein politischer Brandbeschleuniger. Scholz' Besuch bei Ägyptens Machthaber | |
Abdel Fatah al-Sisi am Mittwoch ist ohnehin alles andere als eine | |
Selbstverständlichkeit. Artig bedankt sich Scholz auch dafür, dass der so | |
kurzfristig Zeit für ihn gehabt habe. Das seien sehr ernste Zeiten. | |
Im prunkvollen Präsidentenpalast sprachen beide am Mittwoch fast zwei | |
Stunden miteinander. Die Themen des Gesprächs: Wie kann humanitäre Hilfe | |
für die Menschen in Gaza organisiert und wie eine weitere Eskalation der | |
Gewalt verhindert werden. Und natürlich ging es auch um die neueste | |
Entwicklung, den Beschuss des Krankenhauses. | |
Beim gemeinsamen Statement drückt al-Sisi zunächst sein Bedauern über den | |
Angriff auf das Krankenhaus in Gaza aus, vermied es jedoch, Schuldige zu | |
benennen. Man verurteile jede Operation gegen Zivilisten, so al-Sisi. Dass | |
er es vermied, sich so klar auf eine Seite zu stellen, stärkt Ägyptens | |
Rolle als möglicher Vermittler. | |
Einig ist er sich offenbar mit Scholz, dass es gelte, einen Flächenbrand zu | |
vermeiden. Diese Gemeinsamkeit stellte Scholz nach dem Gespräch heraus – | |
wobei das Zeitfenster kleiner wird. „Die Lage wird immer schlechter“, so | |
al-Sisi. „Die Konfrontation und Eskalation in Gaza hat Opfer auf beiden | |
Seiten gefordert und Auswirkungen, die wir nicht mehr kontrollieren | |
können.“ | |
## Warnungen vor Kontrollverlust | |
Indirekt gab al-Sisi Israel eine Mitschuld an dem Desaster. Die | |
palästinensische Frage sei seit 20 Jahren nicht gelöst. Al-Sisi machte | |
klar: Wenn sich die Lage in der Region beruhigen soll, dann muss die | |
palästinensische Frage ganz nach vorn. „Das Problem Palästina ist das | |
Problem der gesamten Region. Die Palästinenser sollten das Recht haben, | |
einen unabhängigen Staat zu gründen.“ | |
Doch zuvorderst muss geklärt werden, wie es weitergeht in Gaza. Sehr | |
wortreich machte al-Sisi klar, was er nicht will: einen Massenexodus | |
palästinensischer Flüchtlinge [3][aus Gaza nach Ägypten]. Al-Sisi fürchtet, | |
dass der Terror dann mitauswandert, dass die Hamas Ägypten zur Basis von | |
Angriffen auf Israel macht, gegen die sich Israel mit Beschuss auf | |
ägyptisches Territorium natürlich wehren würde. „Dann verlieren wir jede | |
Möglichkeit für Frieden.“ Scholz habe dafür Verständnis gezeigt; der | |
widersprach nicht. | |
Der Kanzler bekräftigte erneut, dass die Hamas für die gegenwärtigen | |
Gewaltausbrüche verantwortlich sei und dass Israel „jedes Recht hat, sich | |
zu wehren und seine Bürger zu schützen“. Man sei sich aber auch einig, dass | |
es jetzt einen humanitären Zugang nach Gaza brauche. Das ist in beider | |
Interesse – auch weil Ägypten verhindern will, dass verzweifelte, von | |
Wasser, Strom, Nahrung und Medikamenten abgeschnittene Menschen versuchen, | |
die Grenze zu überwinden. | |
Al-Sisi sagte, man sei bereit den Grenzübergang zu öffnen, sofern Israel | |
ihn nicht attackiere. Scholz zeigte sich zum Abschluss seines Besuchs und | |
nach Gesprächen mit allen Seiten optimistisch, dass die Hilflieferungen | |
bald anlaufen könnten. „Da bewegt sich gerade etwas, ich bin | |
zuversichtlich, dass das jetzt vorankommt.“ | |
Al-Sisi ist ein schwieriger Partner, regiert diktatorisch, aber Scholz | |
umwarb den Ägypter mit werbenden Worten: Al-Sisi habe in den vergangenen | |
Jahren eine wertvolle Rolle als Vermittler eingenommen, dafür gebühre ihm | |
Respekt und Achtung. Ägypten ist als Vermittler gefragt, auch wenn es um | |
die gut 200 Geiseln in den Händen der Hamas geht, darunter wohl ein gutes | |
Dutzend Deutsche. Scholz hatte sich am Dienstagabend mit den Angehörigen | |
der deutschen Geiseln getroffen. Er habe alle Gespräche als Kanäle genutzt, | |
um die bedingungslose Freilassung der Geiseln zu fordern, so Scholz. | |
Der Kanzler nutzte die Kairoer Kulisse auch, um die antiisraelischen | |
Demonstrationen und die Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Berlin zu | |
verurteilen. „Das empört mich persönlich.“ Er sei überzeugt, dass er sich | |
da einig sei mit den Bürgern in Deutschland „Wir werden nicht hinnehmen, | |
wenn gegen jüdische Anschläge verübt werden.“ Man werde auch | |
Demonstrationen mit antisemitischen Parolen nicht akzeptieren. Die | |
Versammlungsbehörden und die Polizei müssten dagegen verstärkt vorgehen. | |
Aktualisiert am 18.10.2023 um 12:10 Uhr. d. R. | |
18 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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