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# taz.de -- Wahlen in Ägypten: Warum al-Sisi sicher gewinnt
> Unter Präsident al-Sisi geht Ägypten derzeit durch eine schwere
> Wirtschaftskrise. Trotzdem ist schon vorher klar, dass er wieder gewinnt.
Bild: Demonstrative Vorfreude: Anhänger des Präsidenten al-Sisi nach ihrer St…
Frankfurt taz | Ägypten wählt zwischen Sonntag und Dienstag seinen
Präsidenten. Der Gewinner steht schon vorher fest: Es bleibt Abdel Fattah
al-Sisi, der amtierende Präsident. Dabei durchläuft das Land aktuell eine
starke Wirtschaftskrise. Doch die Militärdiktatur unterdrückt Opponenten,
sperrt sie weg und foltert sie systematisch.
Die drei Gegenkandidat*innen für das Präsidialamt sind quasi
Statisten: Hasem Omar von der Republikanischen Volkspartei ist ein reicher
Geschäftsmann und Unterstützer al-Sisis. Farid Sahran von der
Sozialdemokratischen Partei gilt ebenfalls als eng mit dem Präsidenten und
den Sicherheitsdiensten verbunden. Er [1][hatte nach dem Militärputsch
2013] bei der Bildung von al-Sisis Kabinett geholfen.
Abdel-Sanad Jamama von der Wafd-Partei sagt zwar, er wolle „Ägypten
retten“, äußert jedoch weder Kritik an der Regierung noch ist er populär
bei den Menschen. Der prominenteste politische Gegner war der linke
ehemalige Abgeordnete Ahmed al-Tantawi. Er hielt am längsten an seiner
Kandidatur fest, wurde aber gezwungen, seine Kandidatur im Oktober
zurückzuziehen.
Während die anderen drei Präsidentschaftskandidaten in Medienauftritten
über ihr Wahlprogramm sprachen, war al-Sisi abwesend. Stattdessen machte
sein Wahlkampfmanager Mahmoud Fawzy den Wahlkampf. Dem ägyptischen Sender
MBC sagte Fawzy, dass die Verpflichtungen des Präsidenten der Grund dafür
sei, dass dieser nicht in den Medien auftrete.
## Krieg in Gaza beeinflusst die Wahl
Fawzy warb für al-Sisi, indem er betonte, dass die ägyptische Politik
„Konstanten“ brauche und es im Hinblick auf den Krieg in Gaza wichtig sei,
eine „Führung mit militärischem Hintergrund“ zu haben. Der Präsident wird
von seinen Wähler*innen und den Staatsmedien gelobt, weil er verhindere,
dass Israel die Palästinenser*innen nach Ägypten verdrängt und
umsiedelt; als derjenige, der humanitäre Hilfe nach Gaza schickt, und als
Regierungschef, der zusammen mit Katar den Deal zwischen Israel und der
Hamas möglich machte.
Al-Sisi gibt sich als Staatschef, der Ägypten mit eiserner Hand durch
unsichere Zeiten lenkt und für Stabilität an der Grenze sorgt. Auch [2][die
Nachbarländer Sudan] und Libyen sind in innenpolitische, militärische
Konflikte verwickelt.
Vor zehn Jahren putschte er sich an die Macht. Als damaliger Armeechef
setzte er den ersten demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi ab.
Zuvor gab es Massenproteste gegen den Muslimbruder Mursi. Al-Sisi
versprach, die Macht an das Volk zurückzugeben, doch baute stattdessen den
Militärstaat aus.
## Spaghetti alla Militärherrschaft
Menschenrechtsaktivist*innen, Wissenschaftler*innen und
Journalist*innen: tausende Oppositionelle sitzen in Haft. Die Behörden
besitzen oder [3][kontrollieren alle großen Medien] im Land.
Die Wirtschaft ist in der Hand des Militärs, wodurch Unternehmen von den
Arbeitskräften der Wehrpflichtigen, Steuerfreiheit und riesigen
Grundstücken der Regierung profitieren. Selbst Spaghetti oder
Haushaltsgeräte produziert das Militär. Es stellt Industriechemikalien und
Transportmittel her und baut umfangreiche [4][Infrastrukturprojekte, wie
die neue Hauptstadt].
Für geschätzte Kosten von 58 Milliarden Dollar ließ al-Sisi die
Verwaltungsstadt von einem Militärunternehmen bauen. Und das, während die
Ägypter*innen in den vergangenen Jahren ärmer wurden. Die
[5][Inflationsrate liegt bei 38 Prozent]. Ebenso rasant wie die
Lebensmittelpreise steigen auch die Staatsschulden.
Brot, soziale Gerechtigkeit und Freiheit forderten friedliche
Protestierende im Oktober – in Anlehnung an die Revolution im Jahr 2011.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch dokumentierte im Oktober
dieses Jahres zahlreiche Festnahmen, auch bei einer Versammlung im
Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl. Videos zeigen, wie Hunderte am
20. Oktober auf den Tahrir-Platz in Kairo strömten, nachdem sie eine
Sicherheitsabsperrung des Innenministeriums überwunden hatten. Der Platz
[6][war 2011 das Herzstück der ägyptischen Revolution] für Freiheit.
Davon ist nichts mehr übrig. Al-Sisi ließ 2019 die Verfassung ändern,
sodass er bis 2030 an der Macht bleiben kann. 2018 wurde er mit über 90
Prozent wiedergewählt. Auch damals wurden alle glaubwürdigen Herausforderer
inhaftiert, verhaftet oder unter Druck gesetzt. Von 59 Millionen
Wahlberechtigten gingen nur 40 Prozent an die Urnen.
11 Dec 2023
## LINKS
[1] /Putsch-in-Aegypten/!5063982
[2] /Schwerpunkt-Krieg-in-Sudan/!t5930698
[3] /Medien-in-Aegypten/!5062349
[4] /Aegypten-plant-Verwaltungshauptstadt/!5016611
[5] /Wirtschaftskrise-in-Aegypten/!5909775
[6] /Jahrestag-der-aegyptischen-Revolution/!5050001
## AUTOREN
Karin Richter
## TAGS
Ägypten
Abdel Fattah al-Sisi
Präsidentschaftswahl
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Militärdiktatur
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Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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