# taz.de -- Scholz erlebt Raketenangriff auf Israel: „Raus, raus, raus!“ | |
> Raketenalarm am Flughafen Tel Aviv: Während seines Besuchs in Israel | |
> bekommt Kanzler Olaf Scholz die Gewalt des Krieges hautnah zu spüren. | |
Bild: Zurück in den Flieger: Kanzler Olaf Scholz einige Minuten nach dem Raket… | |
TEL AVIV taz | So fühlt sich das also an, wenn man mitten im Krieg ist. | |
[1][Olaf Scholz] hat sich gerade von Deutschlands Botschafter in Israel, | |
Steffen Seibert, verabschiedet, letzte Selfies wurden gemacht, im weißen | |
Regierungsflieger „Konrad Adenauer“ klicken die Anschnallgurte. Der | |
Kanzler, die Delegation und die mitreisenden Journalist:innen, alle haben | |
Platz genommen und ihr Gepäck verstaut. Es ist Dienstagabend, kurz vor halb | |
zehn. Von Tel Aviv soll es an diesem Abend noch nach Kairo gehen, wo Scholz | |
am nächsten Morgen einen Termin mit Ägyptens Machthaber Abdel Fattah | |
al-Sisi hat. Da ertönt Sirenengeheul. Das Bordpersonal scheucht alle hoch. | |
„Raus, raus, raus, raus“, heißt es. „Schnell. Und draußen auf den Boden | |
legen.“ | |
Neben der vollgetankten Maschine legen sich Männer und Frauen in Blazern | |
und Anzügen flach auf den Asphalt, einige zücken die Handys, ein Kameramann | |
filmt. Über ihnen die Tragflächen es Flugzeugs und der schwarze | |
Nachthimmel. Der Kanzler wird über die Gangway geführt und in einen | |
Container neben dem Flugfeld. | |
Über dem Dröhnen der Turbinen ist deutlich zweimal ein dumpfes Buff zu | |
vernehmen, am Himmel blitzt es. Es sieht aus wie Silvesterraketen. | |
Tatsächlich sind es echte, vermutlich abgefeuert von der Hamas und | |
abgefangen vom israelischen Raketenschutzschirm Iron Dome. | |
Nach fünf Minuten ist der Spuk vorbei. Alle rappeln sich auf, schauen sich | |
um. Jemand schluchzt. War's das? | |
## Kanzler gedenkt der Opfer | |
Schon der letzte Termin des Kanzlers an diesem Dienstagabend, ein Treffen | |
mit Angehörigen der von der Hamas entführten deutschen Geiseln in der | |
Deutschen Botschaft in Tel Aviv, wurde zweimal von Luftalarm unterbrochen. | |
Die Menschen mussten zügig Schutzräume aufsuchen. Auch Ricarda Louk, die | |
Mutter der 22-jährigen Shani Louk, die als Gefangene der Hamas irgendwo | |
verletzt in Gaza vermutet wird, war unter jenen, die sich in einen der | |
stickigen und vollgestellten Luftschutzräume zwängen. Sie lächelt müde. | |
„Das ist jetzt unsere schreckliche Realität.“ | |
Nach dem Gespräch auf dem Weg zum Flughafen hatte Scholz noch einen | |
Zwischenstopp eingelegt. Auf dem Dizengoff-Platz zündet er eine Kerze an, | |
zusätzlich zu den hunderten, die dort schon stehen. Der Platz ist belebt um | |
diese Stunde nach Sonnenuntergang. Viele Menschen haben sich versammelt. | |
Sie trauern um die über tausend israelischen Opfer, die der Angriff der | |
Hamas vor nunmehr 11 Tagen gekostet hat, um die knapp 200 verschleppten | |
Menschen in den Händen der Hamas. | |
Es muss ungefähr um diese Uhrzeit sein, als [2][in einem Krankenhaus in | |
Gaza eine Rakete einschlägt]. Die Hamas meldet hunderte Tote, die UN | |
sprechen mittlerweile von 1.000. Während die Hamas umgehend Israel für den | |
Einschlag verantwortlich macht, dementiert die israelische Regierung und | |
verweist auf den Islamischen Dschihad, eine palästinensische | |
Splittergruppe. Es sind jedenfalls genau die Bilder, auf die die Hamas im | |
Propagandakrieg setzt, und sie lösen auch genau die Reaktionen aus, die | |
ausgelöst werden sollen. Die Hisbollah ruft für diesen Mittwoch einen Tag | |
des beispiellosen Zorns aus, Jordanien gibt US-Präsident Joe Biden einen | |
Korb und [3][in Berlin werden Böller gezündet.] | |
Mit fast eineinhalb Stunden Verspätung kann die Kanzlermaschine am | |
Dienstagabend von Tel Aviv nach Kairo starten. Vom Gespräch mit al-Sisi | |
erhofft sich Scholz, dass der Ägypter dazu beitragen wird, einen | |
Flächenbrand in Nahost zu verhindern und einen humanitären Korridor ins | |
benachbarte Gaza zu öffnen. | |
Während des Wartens im Luftschutzraum der Botschaft in Tel Aviv am | |
Dienstagabend flüsterte eine Freundin der entführten Shani Louk: „Ich hoffe | |
manchmal, dass beide Seiten erkennen, wie schlimm es ist, und genug von all | |
der Gewalt haben. Dass es einfach endet.“ Aber sie wisse, dass das nicht | |
realistisch sei. | |
18 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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