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# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Öl ins faschistische Feuer
> Bürgerliche begegnen dem Faschismus mit Appeasement, wenn sie das
> Asylrecht weiter aushöhlen wollen. Linken bleibt nur Solidarität und
> Widerstand.
Bild: Die Gewalt in Rostock-Lichtenhagen wurde 1992 politisch belohnt
Die bürgerlichen Parteien arbeiten offenbar daran, das Grundrecht auf Asyl
abzuschaffen. Gerade erst hat die EU mit der GEAS-Reform das europäische
Asylrecht extrem eingeschränkt, da wird bereits die nächste Asyldebatte
inszeniert. CDU und FDP fordern einen neuen „Asylkompromiss“ wie 1993, als
die Bundesregierung auf die Pogrome in Rostock-Lichtenhagen mit einer
weitgehenden Einschränkung des Asylrechts reagierte.
Diese Sternstunde deutscher Politik soll nun wiederholt werden – und selbst
die Grünen machen offenbar mit. Habeck kündigte „moralisch schwierige
Entscheidungen“ an, was im Code der Partei bedeutet: Sie stimmt zu, aber
nicht ohne sich vorher lauthals über die Seelenschmerzen zu beklagen, die
das Entrechten Schutzloser mit sich bringt. Selbst viele Medien werfen mit
migrationsfeindlicher Rhetorik um sich. [1][So spielt der Spiegel auf der
aktueller Titelseite mit einer Symbolik, die auch vom rechtsextremen
Compact-Magazin stammen könnte.]
CDU-Chef Merz erklärte derweil die Aushöhlung der Grundrechte für nötig, um
der „Radikalisierung unseres Parteienspektrums“ vorzubeugen. Merz Argument
ist also, dass die sogenannten „demokratischen Kräfte“ die Geflüchteten
entrechten müssten – weil es ja sonst die AfD tun würde. Damit entblößt
Merz die politische Strategie des bürgerlichen Antifaschismus als –
Appeasement. Tolle Idee.
## Der Staat befeuert den Faschismus
Komischerweise wird diese Strategie gegenüber der anderen politischen Seite
nie angewandt. Wenn die Aktivist:innen der Letzten Generation mit
Aktionen des zivilen Ungehorsams ein Mini-Reförmchen wie das Tempolimit
fordern, werden sämtliche Reserven des Repressionsapparats mobilisiert:
Präventionshaft, Verfolgung nach §129, Demoverbote. Die Unbestechlichkeit
des Staates wird beschworen. Die Devise wird ausgerufen: Den Linken keinen
Zentimeter weichen.
Die Sorgen der Rechten werden dagegen immer ernst genommen, vielleicht,
weil sie die Ausländer und nicht den Klassenkonflikt betreffen. So wird der
Faschismus zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Der bürgerliche Staat bringt
den Menschen bei, dass ihr Protest gehört wird, wenn er in der Sprache der
Reaktion formuliert ist – die Menschen es aber gar nicht erst zu versuchen
brauchen, sich für emanzipative Ziele zu engagieren.
Dass die faschistische Dynamik so befeuert wird, zeigt die Eskalation des
rechten Terrors während der „Baseballschlägerjahre“, die auf den
Asylkompromiss 1993 folgten. Die Neonazis fühlten sich bestärkt, nicht vom
gemäßigten Konservativismus überzeugt. Und warum sollten auch? Sie waren
dabei zu gewinnen. Die bürgerliche Politik hatten ihre Positionen
legitimiert und obendrein die Leere ihres eigenen Menschenrechtsgequatsches
bewiesen.
## Termine, sich zu wehren
Wer nun wie Ex-Bundespräsident Gauck, der sich in grauer Vorzeit sogar
einmal für Bürgerrechte engagiert hat, mehr Mut für eine [2][„brutal
klingende Politik“] fordert, sollte sich über die Konsequenzen bewusst
sein: Am Ende dieser politische Dynamik steht Björn Höcke und sein
„großangelegtes Remigrationsprojekt“, bei dem dieser nicht auf eine
„wohltemperierte Grausamkeit“ verzichten will, wie Höcke in seinem Buch
unter Bezug auf ein Sloterdijk-Zitat sagt.
Wer eine Politik der Entrechtung der Schwächsten verfolgt, ebnet eben
letztlich den Weg für jene, die mehr oder weniger offen ethnische
Säuberungen fordern. Der politischen Linken bleiben zwei Waffen, um dagegen
vorzugehen: Solidarität und Widerstand. Trotz ihrer gegenwärtigen Schwäche
muss sie sich gegen den Frontalangriff auf die Reste des deutschen
Asylrechts zur Wehr setzen, [3][welches schließlich eine historische
Antwort auf die Verbrechen des Nationalsozialismus darstellt].
Ein erster Termin dafür ist Mittwoch (27.09.) um 15 Uhr vor dem
Innenministerium in Berlin (Alt-Moabit 140). Dort will sich die Bündnis
„Bleiberecht für alle statt Chancenfalle“ [4][gegen die schon Anfang August
von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in den Raum gestellte Verschärfung
der Abschiebegesetze protestieren]. Unter anderem sieht [5][Faesers
Horror-Wunschliste] eine Ausweitung des Ausreisegewahrsams, Abschiebehaft
während noch laufender Asylverfahren und wesentlich größere Befugnisse für
die Polizei vor.
## AfD-Fundis nerven
Dem Rechtsradikalismus muss sich aber in all seinen Formen entgegengestellt
werden. Dazu gehört auch der Kampf gegen den christlichen Fundamentalismus,
wie er etwa von Beatrix von Storch (AfD) vertreten wird. Anlässlich des
internationalen „Safe Abortion Day“ [6][wollen feministische Gruppen am
Donnerstag (28.09.) um 18 Uhr das Büro von Storch besuchen], um ihr zu
zeigen, dass Staat und Kirche niemals die Kontrolle über Frauen*körper
erlangen werden.
Ebenfalls am Donnerstag (28.9.) rufen feministische Gruppen zu einer
Demonstration für reproduktive Rechte unter dem Motto [7][„My body my
choice, you will hear our voice“] auf. Das Ziel ist eine Welt ohne
Kapitalismus und Patriarchat, in der alle frei über ihre Körper bestimmen
können. Startpunkt ist um 18 Uhr an der Charité neben dem Bettenhaus, von
wo aus die Demo zum Leopoldplatz ziehen wird.
Am Samstag (30.09.) will schließlich [8][die Initiative „Schaut nicht
weg!“] unter dem Motto [9][“Zusammenstehen gegen rechte Gewalt“] auf
Neonazi-Strukturen im Prenzlauer Berg aufmerksam machen. Das Kiezevent
findet ab 14:30 Uhr auf der Greifswalder Straße zwischen dem
Mühlenbergcenter und Edeka statt. Der [10][antifaschistische
Linken-Politiker Ferat Koçak] diskutiert mit dem Autor [11][Jakob
Springfeld] und Menschen des [12][Bündnisses Tatort Henstedt-Ulzburg] über
die alte Frage der Linken: „Was tun?!“. Es gibt auch Musik und zahlreiche
Infoverstände lokaler Initiativen.
26 Sep 2023
## LINKS
[1] /Titel-des-Spiegel-irritiert/!5959554
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/gauck-bundespraesident-migration-flu…
[3] https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/224641/wie-ist…
[4] https://bleiberecht-statt-chancenfalle.net/2023/09/27-09-2023-berlin-demo-g…
[5] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/asylrecht-abschiebungen-104.h…
[6] https://asanb.noblogs.org/?event=fuer-das-recht-auf-sichere-abtreibung
[7] https://asanb.noblogs.org/?event=my-body-my-choice-you-will-hear-our-voice
[8] https://schautnichtweg.noblogs.org/
[9] https://asanb.noblogs.org/?event=schaut-nicht-weg-zusammenstehen-gegen-rech…
[10] /Interview-mit-Ferat-Kocak/!5669154
[11] https://www.belltower.news/interview-wo-ist-die-schweigende-demokratische-…
[12] https://tatorthenstedtulzburg.noblogs.org/
## AUTOREN
Timm Kühn
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