| # taz.de -- Antrag auf neue Amtssprachen in der EU: Spanien bekommt eine Abfuhr | |
| > Pedro Sánchez scheiterte am Dienstag mit dem Versuch, auf einen Schlag | |
| > Katalanisch, Galicisch und Baskisch als neue Amtssprachen in die EU | |
| > einzuführen. | |
| Bild: Spaniens Ministerpräsident Sanchez | |
| Madrid/Brüssel taz | Spanien, das derzeit den EU-Vorsitz inne hat, stellte | |
| am Dienstag beim Treffen der EU-Minister für europäische Angelegenheiten | |
| den Antrag auf Anerkennung der, neben Spanisch, drei offiziellen Sprachen | |
| im Land: Galicisch, Baskisch und Katalanisch. Eine Aufnahme in die Liste | |
| der EU-Amts- und Arbeitssprachen kann nur einstimmig beschlossen werden. | |
| Ein Konsens zeichnete sich am Dienstag aber nicht ab – die Beratungen | |
| sollen vorerst EU-intern weitergehen, hieß es am Rande des Treffens. Das | |
| nächste Treffen der EU-Minister für europäische Angelegenheiten findet am | |
| 24. Oktober statt. | |
| Zur Begründung für das (vorläufige) „Nein“ verwiesen Diplomaten auf die | |
| Kosten und den Verwaltungsaufwand. Eine Aufnahme von Katalanisch, Baskisch | |
| und Galicisch würde bedeuten, dass alle EU-Verordnungen und andere | |
| offizielle Schriftstücke künftig auch in diese Sprachen übersetzt werden | |
| müssten. Dabei stößt die EU schon mit 24 Amts- und Arbeitssprachen an ihre | |
| Grenzen. | |
| Spanien hatte zwar angeboten, die Kosten selbst zu übernehmen. Die meisten | |
| offiziellen Dokumente werden nur noch in Englisch produziert; die | |
| Übersetzung dauert dann oft Stunden, wenn nicht Tage. Einige Texte auf der | |
| Website der EU-Kommission werden nur noch auf Anfrage ins Deutsche | |
| übersetzt – von einer sogenannten Künstlichen Intelligenz (KI), also | |
| maschinell. | |
| Doch viele Länder hatten Bedenken – darunter auch Deutschland. | |
| Europastaatsministerin Anna Lührmann (Grüne) erklärte dies mit ungeklärten | |
| Fragen zu rechtlichen und finanziellen Auswirkungen. Andere Länder fürchten | |
| die Wiederbelebung alter Sprachkonflikte. | |
| ## Pedro Sánchez braucht die Stimmen der Nationalisten | |
| Für Verärgerung sorgte auch, dass der spanische EU-Vorsitz das Thema ganz | |
| oben auf die Agenda gesetzt hatte. Es gebe durchaus wichtigere Themen, | |
| sagte ein Diplomat. So wollten sich die Europaminister am Dienstag mit der | |
| Migrationskrise auf Lampedusa beschäftigen und den EU-Gipfel im Oktober | |
| vorbereiten. Der spanische Vorstoß habe wohl eher mit der Innenpolitik zu | |
| tun, hieß es. | |
| Ministerpräsident Pedro Sánchez (PSOE), [1][der nach den Wahlen im Juli | |
| versucht, eine parlamentarische Mehrheit für seine Wiederwahl] als Chef | |
| seiner bisher in Minderheit regierenden Linkskoalition zu schmieden, geht | |
| damit auf die nationalistischen Parteien aus drei Autonomen Regionen zu. Er | |
| braucht ihre Stimmen dringend. | |
| Der Ruf nach Anerkennung der eigenen Sprache wurde vor allem in Katalonien | |
| laut: Die regierende Republikanische Linke Kataloniens (ERC) und die andere | |
| große Unabhängigkeitspartei, Junts per Catalunya (JxCat) [2][des im Exil | |
| lebenden ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont], hatten | |
| dies neben einem Dialog zur Lösung des “katalanischen Konflikts“ gefordert. | |
| Anstatt wie bei diesen Sitzungen üblich, einen Vertreter zu schicken, | |
| reiste der spanische Innenminister José Manuel Albares höchstpersönlich | |
| nach Brüssel. „Die Mehrsprachigkeit ist eines der Ziele und einer der Werte | |
| der Europäischen Union (EU)“, erklärte der sozialistische Politiker und | |
| verwies auf den Artikel 3 des EU-Vertrags. | |
| ## Regionalsprachen – zum ersten Mal im spanischen Parlament | |
| Spanien fordere Rechte für „Sprachen, die von Millionen Menschen benutzt | |
| werden“, sagte Albares. Katalanisch wird von mehr als 10 Millionen Menschen | |
| gesprochen – „mehr als andere anerkannte Sprachen der EU“, fügte er hinz… | |
| So sprechen etwa nur 2,5 Millionen Menschen Slowenisch, 5 Millionen | |
| Slowakisch, 5,2 Millionen Finnisch und Schwedisch genauso viele wie | |
| Katalanisch. | |
| Selbst in Spanien war bisher nicht vorgesehen, im Parlament Katalanisch, | |
| Galicisch oder Baskisch zu sprechen. Seit Dienstag ist das Geschichte – das | |
| wurde vom Parlamentspräsidium beschlossen, das gemeinsam von eben jener | |
| Mehrheit der Parteien der Linken und nationalistischer Abgeordneten aus den | |
| Regionen mit eigener Sprache gewählt wurde, und die Sánchez für seine | |
| Wiederwahl hinter sich vereinen will. | |
| Erstmals gab es Kopfhörer und Simultandolmetschen sowie Untertitel auf den | |
| Bildschirmen. „Wir werden da nicht mitmachen. Wir spielen doch nicht den | |
| Dummen“, lehnte ein Sprecher der konservativen Partido Popular (PP) diese | |
| Initiative ab. „Das macht uns zu Ausländern im eigenen Land“, schimpfte | |
| eine VOX-Sprecherin gar. [3][Die Abgeordneten der rechtsextremen Partei] | |
| verließen den Plenarsaal, als der erste Abgeordnete statt auf Spanisch, auf | |
| Galicisch sprach. Beide Rechtsparteien verstehen diese Mehrsprachigkeit als | |
| ein Angriff auf die Einheit Spaniens. | |
| 19 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
| Eric Bonse | |
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