Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Griechische Sagen: Horrorfilme der Antike
> Gewalt und Strafe stehen in der griechischen Mythologie an der
> Tagesordnung. Warum die antiken Geschichten heutigen Gruselfilmen ähneln.
Bild: Statue der griechischen Göttin Athene
Wie ich es geliebt habe im [1][Lateinunterricht], die Eigenschaften und
Merkmale der verschiedenen Götterfiguren auswendig zu lernen. Artemis mit
ihren Hirschen, Hermes mit diesen tollen Flügeln an den Sandalen. Dann
diese winzige Göttin Nike, die sogar richtige Flugflügel hatte und Athene
in die Hand passte.
Bei den Griechen stand sie eher für Siege im Sport als in Kriegen. Und wie
ich kürzlich lernte, hatte sie ab und zu ein Huhn dabei. Bei der Nikestatue
von Epidauros, die auf circa 380 v. Chr. datiert ist, ist das ein Rebhuhn,
das für Heilkräfte steht. Ich stelle mir aber gerne eins dieser gelben
Plastikhühner vor, die eine meiner Berliner Lieblingsdragqueens früher am
Gürtel trug. Fand ich in seiner Camphaftigkeit auch unfassbar heilsam.
So witzig das mit den Accessoires war, sind die [2][griechischen und
lateinischen Sagen] mit ihren drakonischen Strafen, Morden, Gewalt- und
Hybrisgeschichten eigentlich eher die Horrorfilme der Antike. Es gibt
tausende Versionen für die jeweiligen Origin Stories.
Bei Athene fällt das besonders auf. Muskellady und Allround-Talent des
Olymps. Göttin der Weisheit, der Wissenschaften, der Künste, des Kampfes.
Die mit dem Brustpanzer, dem Speer und dem Schild. In Athen hält sie statt
Nike oft eine Eule in der Hand.
## Athene, das Allround-Talent
Den Sagen nach kommt sie im Bauch von Zeus zur Welt, nachdem dieser ihre
Mutter Metis gefressen hat. Von wegen Horrorfilme. Mal ist sie in diesen
Geschichten die „Kopfgeborene“, die aus Zeus’ Kopf in voller Rüstung
aufsteigt, weil er von ihrem Rumspuken in diesem Kopfschmerzen bekommt und
ihn sich von Hephaistos aufschlagen lässt. In anderen Erzählungen kämpft
sie sich komplett selbst heraus und springt ihm schließlich aus dem Mund.
In wieder anderen Versionen hat sie sich mit Hilfe ihrer Mutter in einen
Gedanken verwandelt und ist so bis in den Kopf von Zeus vorgedrungen. Oder
es ist Metis, die selbst in den Kopf hinaufkraxelt, um Athene den Weg
heraus zu bahnen.
Meist zentrieren die Erzählungen Zeus, der seinen Vater Kronos verbannt
hatte, nachdem dieser aus Angst vor Machtverlust seine Geschwister
gefressen hatte. Kronos also, der wiederum seinen Vater killen musste, um
an die Macht zu kommen. Von wegen Kreislauf der Gewalt.
## Orgie der Gewalt
Ausgerechnet Metis hatte Zeus angeblich mit Senfpulver geholfen, Kronos zum
Kotzen zu bringen. Nur um dann selbst von ihm gefressen zu werden, weil
ihre Tochter ihm laut Orakel gleichrangig sein würde und sein Sohn ihn
stürzen könnte.
Metis also, Inbegriff des praktischen, komplexen und impliziten Wissens,
die Göttin der Klugheit, die sich in Pflanzen, Tiere, Steine und Gedanken
verwandeln konnte und laut den Sagen die Rüstung schuf, mit der sich Athene
schließlich befreite.
Über die Okeaniden, zu denen Metis gehörte, haben wir damals im Unterricht,
soweit ich mich erinnern kann, nicht wirklich viel gelernt. Sie sind
Meerwesen, die ersten Meerjungfrauen, wenn man so will, nur meist ohne
Flossen. Kein Wunder also, dass sich Athene die tritonischen Gewässer der
Meerwesen als Wahlheimat suchte.
Interessant auch, dass Athene Tritogeneia vielleicht am wenigsten bekannt
ist: sie ist aus dem Wasser selbst geboren und braucht das angehängte Drama
gar nicht erst. Von der [3][Fanfiction], in der sie mit Tritons Tochter
Pallas eine wilde Affäre hat, ganz zu schweigen.
30 Sep 2023
## LINKS
[1] /Lingua-Latina-non-mortua-est/!5013300
[2] /Die-Wahrheit/!5822519
[3] https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/fan-fiction-warum-wir-bekannte-s…
## AUTOREN
Noemi Molitor
## TAGS
Horrorfilm
Antike Dramen
Antike
Griechenland
Kolumne Subtext
Mythologie
Schauspielerin
Kolumne Subtext
Griechenland
Kolumne Subtext
Schwerpunkt Stadtland
taz Plan
Rom
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schauspielerin Whoopi Goldberg: Warme Hände, warmes Herz
Bei der dystopischen Weltlage kann man einfach nur die Decke übern Kopf
ziehen. Oder man lässt sich das Herz von Schauspielerin Whoopi Goldberg
erwärmen.
Vorbilder der Kindheit: Ein Hoch auf die Tanten
Ohne ihre zwei Tanten wäre unsere Autorin nicht, wer sie heute ist. Sie
findet: Es ist an der Zeit, die Tante zu feiern.
Parteipolitik in Griechenlands Linken: Syriza spaltet sich zum vierten Mal
Unter dem neuen Parteichef Kasselakis kracht es in der griechischen Linken
weiter. Dem Ex-Banker wird vorgeworfen, aus Syriza eine Partei der Mitte
machen zu wollen.
Neue Komödie „Quiz Lady“: Awkwafina und ihre Stimme
Außenseiter:innen haben den besten emotionalen Kompass. Awkwafina
zeigt das wie keine andere. Und dann wäre da noch ihre Stimme. Ein
Fanbrief.
Bedeutung von Marktplätzen: Orte der Begegnung
Antikes Wissen kann in einer zerfallenden Gesellschaft nicht schaden. So
erkundet der Ethikrat auch im Fitnessstudio aktuelle Spielarten der Agora.
Filmempfehlungen für Berlin: Von der Bühne zum Set
Altes und Neues im Kino: Deutsches Sci-Fi-TV aus den 60ern auf der
Leinwand, griechische Mythen in der Jetztzeit und britisches Theater als
Film.
Spielfilm „Seneca“: Destruktion eines Denkers
Ein Fiebertraum von einem Film: Robert Schwentkes „Seneca“ ist eine
Abrechnung mit Intellektuellen, die sich in den Dienst von Despoten
stellen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.