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# taz.de -- Schauspielerin Whoopi Goldberg: Warme Hände, warmes Herz
> Bei der dystopischen Weltlage kann man einfach nur die Decke übern Kopf
> ziehen. Oder man lässt sich das Herz von Schauspielerin Whoopi Goldberg
> erwärmen.
Bild: Whoopi Goldberg und Patrick Swayze in „ Ghost – Nachricht von Sam“
Letztes Jahr waren es zwei Eisbärenmütter, die auf der [1][Spitze des
homophoben Eisbergs durch Italien] tanzten. Jetzt flitzen zwei Pinguinpapas
über das rutschige Eis, auf dem die queerfeindlichen Torhüter in Florida
durcheinanderwuseln.
Statt mir bei der steigenden Kälte die Decke über den Kopf zu ziehen, gucke
ich lieber [2][Whoopi Goldberg] in „Jumpin’ Jack Flash“ dabei zu, wie sie
sich in ihrer Wohnung mit der kaputten Heizung einen Schal umwickelt und
die Pinguinpantoffeln überstreift.
Dazu eine überdimensionale Zahnbürste, die auch als
Selbstverteidigungsinstrument dienen kann, und einmal quer durchs Zimmer
getanzt. Funktioniert jedes Mal.
„Stimmt das?!“, kreische ich im Chat in Richtung meines besten Freundes,
der immer alles weiß, „Sister Act 3“!? Ja, stimmt. Wir dürfen uns also auf
ein Comeback der Sängerin im Pinguinkostüm – huch, nein, im Nonnenhabit –
freuen. Ich kann mein Glück kaum fassen.
## Sie singt und singt und singt
Whoopi Goldberg ist nicht nur eine EGOT-Schauspielerin, was bedeutet, dass
sie im Laufe ihrer Karriere mit einem Emmy, einem Grammy, einem Oscar und
einem Tony Award ausgezeichnet wurde. Sie hat mich, seit ich in
cineastischen Bildern denken kann, zum Lachen gebracht, wenn es mal wieder
nichts zu lachen gab. Bevor sie in „Sister Act 2“ wieder in die Nonnenkluft
schlüpft, rauscht Deloris Van Cartier (Goldberg) im Glitzeroutfit durch die
Luft. Sie singt immer schneller und schwingt über der Bühne hin und her,
weil der Techniker vergessen hat, die Schwebekonstruktion runterzudrosseln.
Sie singt und singt und singt.
Sollte uns mal wieder jemand zu nah auf die Pelle rücken, ohne dass wir es
bemerken, warnt uns Goldberg als Wahrsagerin Oda Mae Brown in „Ghost“: „Y…
in danger, girl!“
Und wenn noch die letzten Schachverbände und Angelföderationen versuchen,
sich mit trans- und interfeindlichen Regelwerken gegenseitig zu überbieten,
hilft ein Blick in den Fernsehfilm „Kiss Shot“ von 1989. Billard, der
Sport, mit dem sich die von Goldberg verkörperte Sarah Collins aus der
Lebenskrise befreit, wird im Film noch inklusiv gespielt. Eine Kugel küsst
die nächste. Dazu ein leichtfüßiger Ritt über die Klaviertasten, wie es nur
die Soundtracks der späten 80er vermochten. Sarah spielt die Bälle in Dive
Bars, über Bande, im Abendkleid, dem Preisgeld entgegen. Sie hat
schließlich eine Tochter zu versorgen, nachdem ihr Arbeitgeber in großem
Stil die Leute entlassen hat.
Wie dicht die Glasdecken der Arbeitswelt von Rassismus und Sexismus
durchwoben sind, zeigte Whoopi Goldberg Ende der 90er noch einmal in „The
Associate“ („Wer ist Mr. Cutty?“). Die Leute haben es gehasst, dabei
funktioniert der Camp, mit dem sie in die weiße Hülle des fiktiven Mr.
Cutty schlüpft, als Spiegel für die absurde Hartnäckigkeit, mit der sich
Vorstellungen von Expertise und Autorität bis heute halten. Dass die Maske
so eindeutig eine Maske ist, steht dafür, wie wenig versucht wird, das
Spiel aus Macht und Einfluss überhaupt zu verstecken.
Wenn es sein muss, kann Whoopi Goldberg eben auch ernst. Ob sie als Celie
in „Die Farbe Lila“ einen Gegenfluch ausspricht oder als Guinan in „Star
Trek“ ein allmächtiges Wesen mit Gottkomplex in Schach hält, die Geste ist
ikonisch: Drei erhobene Finger, die langsam, aber bestimmt die Luft in
Richtung Angreifer umschließen, wehren die eiskalten Blicke der Umwelt ab.
Ich wärme mir schon mal die Hände auf.
7 Dec 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Noemi Molitor
## TAGS
Schauspielerin
Popkultur
Hollywood
Kolumne Subtext
Romanverfilmung
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Kolumne Subtext
Horrorfilm
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