# taz.de -- Iran-Aktivistin über Social Media: „Die Macht eines Herzchens“ | |
> Seit dem Tod von Jina Mahsa Amini vor einem Jahr ist Daniela Sepehri | |
> unermüdlich im Einsatz. Auf Social Media informiert sie über Iran. | |
Bild: Ist Aktivismus gewohnt: Daniela Sepehri am Brandenburger Tor | |
wochentaz: Frau Sepehri, mit dem Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September | |
2022 begannen in [1][Iran massive Proteste], die als feministische | |
Revolution weltweit gefeiert wurden. Wie denken Sie darüber, dass das | |
Mullahregime immer noch an der Macht ist? | |
Daniela Sepehri: Ich muss gestehen, in den ersten zwei, drei Wochen bin | |
auch ich jeden Morgen aufgewacht und habe erst mal online geguckt, ob der | |
Iran nun frei ist. Das war die anfängliche, sehr euphorische Hoffnung. Aber | |
die Mullahs zu stürzen ist ein langer Prozess – die sind so fest auf ihrem | |
Thron, haben international so viel Unterstützung, auch in Europa. Ich sage | |
dennoch: Die Mullahs werden gehen. Es ist etwas ausgelöst worden, was nicht | |
mehr aufzuhalten ist. | |
Seit einem Jahr sind Sie nonstop in Sachen Iran im Einsatz, informieren auf | |
Social Media, reden mit Politikern, haben die Patenschaften für politische | |
Gefangene initiiert. Wie lange halten Sie noch durch? | |
Der Aktivismus ist etwas, das ich gewohnt bin. Ich habe mich schon vor | |
diesem 16. September vergangenes Jahr eingebracht, wenn auch nicht in der | |
Intensität wie heute. Dazu kommt, ich bin nicht allein, sondern Teil eines | |
breiten Netzwerks: Ich arbeite mit vielen zusammen, von den Iranians of | |
Berlin, die auf Instagram sehr aktiv sind, oder Feminista Berlin bis zur | |
Organisation Hawar Help. Natürlich habe ich Phasen, wo ich alles | |
hinschmeißen möchte – vor allem an Tagen, wo es wieder neue Meldungen von | |
Hinrichtungen gibt. Aber genau das will das Regime ja: uns einschüchtern. | |
Schon deshalb muss ich weitermachen. | |
Haben Sie manchmal Angst um sich? Der iranische Geheimdienst ist ja auch | |
hier in Berlin aktiv. | |
Ja, der Verfassungsschutz hat gerade erst gewarnt vor iranischen Hackern, | |
etwa den „Charming Kittens“, die Aktivist*innen in Deutschland hacken. | |
Ich bekomme auch täglich Hass im Netz ab. Das kenne ich aber schon von den | |
deutschen Rechten wegen meiner Antirassismusarbeit, jetzt kommt die | |
Islamische Republik dazu. Außerdem denke ich, den Menschen in Iran geht es | |
schlechter, die müssen wirklich um ihr Leben fürchten, viel mehr als ich. | |
Da reicht es, auf die Straße zu gehen und man ist vogelfrei. Ich habe | |
gewusst, was ich tat, als ich an die Öffentlichkeit ging – und ich stehe zu | |
meiner Entscheidung. | |
Ihre Eltern mussten aus Iran fliehen. Möchten Sie davon erzählen? | |
Ich glaube, von meinem Vater habe ich diesen lebensmüden Aktivismus. Er ist | |
in Iran zum Christentum konvertiert und war sehr aktiv in der Kirche. Er | |
hat Bibeln ins Land geschmuggelt und verteilt. Er war sehr aktiv und wurde | |
immer wieder festgenommen, war mehrfach im berüchtigten [2][Teheraner | |
Evin-Gefängnis]. Er erzählte mal scherzhaft: „Ich hatte nie einen langen | |
Aufenthalt dort, man hat mich immer nur ein paar Tage zusammengeschlagen | |
und dann wieder gehen lassen.“ Irgendwann wurde es aber wirklich | |
gefährlich. Viele seiner Lehrer wurden ermordet, auch ihm hat man mit | |
Hinrichtung gedroht. Als er meine Mutter geheiratet hat, meinte er, er habe | |
jetzt Verantwortung für zwei Personen, und er ist nach Deutschland | |
geflohen. | |
Haben Sie noch Familie in Iran, zu der Sie Kontakt halten? | |
Die meisten aus meiner Familie väterlicherseits sind in Deutschland | |
beziehungsweise den USA. Ich hab mütterlicherseits Familie dort, mit der | |
ich aber nie über Politisches rede. | |
Waren Sie schon oft da? | |
Als Kind zweimal, mit acht und mit zehn Jahren. Das erste Mal, weil meine | |
Mama wollte, dass wir, also mein kleiner Bruder und ich, das Land sehen und | |
ihre Familie kennenlernen. Das zweite Mal, weil meine Oma väterlicherseits, | |
die einen Tumor hatte, vor ihrem Tod noch einmal ihren Sohn in Iran | |
besuchen wollte. Meine Mutter ist mit ihr und uns Kindern hin geflogen. | |
Heute sagt sie, dass sie da begriffen hat, dass ich nicht noch mal dorthin | |
gehen sollte. | |
Wieso? | |
Weil ich schon damals sehr rebellisch war. Ich musste natürlich wie alle | |
Frauen längere Kleidung tragen. Zwar trug ich kein Kopftuch, obwohl man das | |
mit zehn eigentlich muss. Aber Mama meinte, ich sähe so jung aus, wir | |
würden einfach sagen, ich sei erst acht. Es war Hochsommer, wir saßen in | |
einem Bus und mir war viel zu warm. Ich hatte schon protestiert, dass meine | |
Cousins woanders saßen wegen der Geschlechtertrennung. Und als ich | |
unbeobachtet war, habe ich mir das Oberteil ausgezogen und war im | |
Unterhemd. Meine Mutter und meine Tante waren völlig geschockt. Ein anderes | |
Mal auf einem Spielplatz durfte ich nicht mit den Jungs aufs Trampolin. Ich | |
habe es absolut nicht verstanden und einen Aufruhr gemacht. „Was ist das | |
für ein Land hier, was ist das für eine Sch…!“ Ich habe ziemlich deftige | |
Ausdrücke auf Persisch benutzt. | |
Ihre Mutter hatte Angst um Sie? | |
Natürlich. Ich war dann fünfzehn, als ich mich zum ersten Mal in der | |
Öffentlichkeit politisch geäußert habe. Wir hatten ein christliches | |
persisches Musikvideo aufgenommen für den iranisch-christlichen Sender | |
Sat-7 Pars, den auch viele Christen in Iran schauen. Anschließend habe ich | |
im Interview gesagt, wie schade ich es finde, dass in Iran Christen | |
verfolgt werden. Als ich etwas später zu meinen Eltern sagte, ich würde | |
gerne wieder in den Iran fahren, meinte mein Vater, nein, das sei viel zu | |
gefährlich. Das habe ich damals nicht verstanden, ich hielt das für | |
übertrieben. | |
Trotz der Geschichte Ihres Vater? | |
Ja. Auch als mein Vater meinte, die Mullahs könnten herausfinden, dass ich | |
seine Tochter bin, und mich als Geisel für ihn verhaften, dachte ich | |
damals, das sei total absurd. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass in Iran | |
deutsche Staatsbürger als Geiseln genommen werden, konnte mir auch nicht | |
vorstellen, dass Menschen in Iran verhaftet werden, weil ihre Verwandten | |
hier politisch aktiv sind! Und irgendwann, als ich in Paderborn, in meiner | |
Heimatstadt, angefangen habe, öffentlich zum Thema Iran zu sprechen, sagte | |
mein Vater: „Jetzt kannst du auch wegen deiner Arbeit nicht mehr in den | |
Iran reisen.“ | |
Wie war das so, als Kind von Iranern in Paderborn? | |
Ich sage immer scherzhaft, meine Eltern sind aus dem Iran nach Paderborn | |
geflohen, und ich bin bei erster Gelegenheit aus Paderborn nach Berlin | |
geflohen. Meine Eltern waren als Asylbewerber dorthin verteilt worden und | |
haben, sobald sie eine Wohnerlaubnis hatten, die erste Wohnung genommen, | |
die zur Verfügung stand, ohne sie sich vorher anzusehen. Meine Mama war | |
hochschwanger mit mir, und mein Papa wollte auf keinen Fall, dass ich auch | |
nur einen Tag meines Lebens in einem Geflüchtetenheim zubringen muss. Meine | |
Eltern haben alles versucht, um es mir so einfach wie möglich zu machen. | |
Sie haben mir einen deutschen Vornamen gegeben! Daniela – deutscher geht es | |
doch kaum! | |
Hat der Name für Sie etwas einfacher gemacht? | |
Ach, ich weiß nicht. Es gab vieles, was ich im Nachhinein als Rassismus | |
erkenne. Damals gab es kaum Iraner in Paderborn und viele Menschen, auch | |
Lehrer*innen, sind mit mir anders umgegangen als mit „richtigen“ Deutschen. | |
Und so habe ich immer versucht, diese iranische Seite in mir zu | |
unterdrücken, sobald ich aus der Wohnung rausging – was ich im Nachhinein | |
sehr traurig finde. Ich habe zum Beispiel eine Phase gehabt, da habe ich | |
mir die Haare blond gefärbt, weil ich dachte, je „deutscher“ ich aussehe, | |
desto weniger komische Fragen stellt man mir. | |
Das klingt nicht gut. | |
Inzwischen wäre das wohl auch in Paderborn anders, aber Anfang der 2000er | |
war es eine sehr weiße Stadt. Für meine Identitätsbildung war das | |
schwierig. Ich wollte das Iranische in mir unterdrücken und habe | |
gleichzeitig nach Vorbildern gelechzt. Immerhin gab es [3][Nina Moghaddam] | |
im Kinderfernsehen, sie war bei „Togo“ Moderatorin – alle haben sie | |
geliebt. Das war für mich die Identifikation. Ich konnte meinen Freundinnen | |
sagen: Guckt mal, wie cool die ist, und die kommt auch aus dem Land, aus | |
dem meine Eltern kommen. | |
War es der Rassismus, der Sie zur Politik brachte, oder die Geschichte | |
Ihres Vaters? | |
Ich war immer in der Kirche aktiv. Seit ich vier war, habe ich | |
Gitarrenunterricht bekommen, und bald war ich in unseren persischsprachigen | |
Gottesdiensten für die Musik zuständig. Auch hab ich mich immer schon für | |
Politik interessiert, weil es zu Hause kein anderes Gesprächsthema gab. | |
Wenn Besuch da war, hat man immer über Iran gesprochen. Ich weiß noch | |
genau, wie ich die grüne Bewegung in Iran 2009 verfolgt habe. Allerdings | |
ohne genau zu wissen, was ich da verfolge – ich war elf Jahre alt. Als ich | |
kürzlich bei Instagram erinnert habe an [4][Neda Agha-Soltan], eine junge | |
Frau, die damals erschossen wurde, kamen mir die Bilder wieder in den Kopf. | |
Die letzten Minuten, bevor sie gestorben ist, wurden damals gefilmt und im | |
Fernsehen ausgestrahlt. Ich weiß heute noch, wo im Wohnzimmer unser | |
Fernseher stand, als das lief. Ich weiß, dass ich daran vorbeigegangen bin | |
und von diesem Anblick so negativ gefesselt war. So bin ich aufgewachsen. | |
Politik war immer ein Thema. | |
Iranpolitik? | |
Damit fing es an. In unserer Gemeinde hatten wir irgendwann immer mehr | |
Geflüchtete aus dem Iran, und als hier Geborene und Aufgewachsene konnte | |
ich viel besser Deutsch als meine Eltern. Wenn die Geflüchteten Hilfe | |
brauchten, einen Brief zu übersetzen oder zu schreiben oder zum Arzt zu | |
gehen oder irgendwo einen Anruf zu tätigen, bin ich eingesprungen. So habe | |
ich sehr schnell gesehen, welche Probleme es in unserem Asylsystem gibt und | |
wie tief rassistisch unser Migrationssystem ist. Ich habe mich mit den | |
Lebensgeschichten der verfolgten Christ*innen aus dem Iran befasst, wenn | |
ich für sie übersetzt habe, und gemerkt, wie heftig die Verfolgung in Iran | |
ist. Ich konnte nichts anderes tun als zu sagen, das nehme ich so nicht | |
hin. So habe ich angefangen, mich einzubringen. | |
Und wie? | |
Zum Beispiel hatten ich und andere junge Leute überlegt, die zwei | |
Geflüchtetenheime, die es damals in Paderborn gab, auf eigene Faust zu | |
renovieren, weil es die Stadt nicht tat. Die Toiletten waren in | |
katastrophalem Zustand, die Wände mussten gestrichen werden. Wir waren | |
dabei zu gucken, von wem wir dafür Geld kriegen. Das war 2015, dann war | |
Bürgerkrieg in Syrien und es kamen auf einmal viel mehr Menschen, es | |
entstanden viele neue Geflüchtetenheime. Wir haben das Renovieren dann | |
gelassen, weil wir gemerkt haben, dass wir den Leuten bei ganz anderem | |
helfen müssen: Übersetzungsarbeit, Asylverfahren, Anwaltsterminen, solche | |
Dinge. | |
Und dann kamen ja auch die Rechten aus ihren Löchern. | |
Genau. Zur selben Zeit kam der Hass aus der rechten Ecke, die AfD wurde | |
immer stärker. Wir hatten dann ein Bündnis gegen rechts in Paderborn, ganz | |
klassisch. Da war ich sehr aktiv. Wir haben Gegendemos organisiert, wenn | |
die AfD da war. Und ich habe das Thema beim Poetryslam aufgegriffen. | |
Sie machen Poetryslam? | |
So mit fünfzehn habe ich damit angefangen und das später auch in meinem | |
Aktivismus genutzt. Ich bin über die Bühnen – zunächst in NRW – getourt … | |
habe in Fünfminutentexten über Rassismus, Migration und Feminismus | |
gesprochen. Und je älter ich wurde, desto mehr hab ich gemerkt: Mein Gott, | |
wir müssen echt viel mehr tun in unserer Gesellschaft. Dann hat sich das so | |
entwickelt, dass ich auch Social Media als Kanal genutzt habe. | |
Wie kam das? | |
2019 war ich drei Monate für ein Praktikum in Indien bei der deutschen | |
Botschaft. Alle meine Freundinnen meinten, ich solle auf Instagram ein | |
Tagebuch führen, weil sie daran teilhaben wollten. Ich habe eine große | |
Leidenschaft für Indien, und so wollte ich in der Zeit möglichst viel | |
lernen über das Land. Ich habe also gepostet, was ich jeden Tag so gelernt | |
habe: Dinge, die ich spannend fand, Dinge, die komisch waren oder die mich | |
aufgeregt haben. Erst hatte ich nur ein paar Follower, aber durch die | |
richtigen Hashtags kamen immer mehr Leute dazu. Ich dachte, oh, da | |
interessieren sich tatsächlich Leute für das, was ich schreibe. Nach Indien | |
wollte ich das nicht einschlafen lassen, aber ich wollte auch keine | |
Reise-Influencerin werden. So habe ich angefangen, Social Media für meine | |
anderen Themen zu nutzen. | |
Wie viele Follower hatten Sie? | |
Etwa 1.000. Das ist auch nur langsam gestiegen. Denn seien wir ehrlich: | |
Wenn Menschen nach einem harten Arbeitstag nach Hause kommen, schauen sie | |
sich lieber tollen Reisecontent oder lustige Videos an oder Katzenbilder, | |
als sich mit Rassismus zu beschäftigen. Ich habe zum Beispiel über die | |
berüchtigte Frage „Wo kommst du her?“ gesprochen, die People of Color sich | |
immer anhören müssen. Aber wer möchte sich in seiner Freizeit mit seinen | |
inneren Rassismen beschäftigen? Nur die wenigsten. | |
Also hat Ihnen erst die Iranrevolution Ihre 30.000 Insta-Follower beschert? | |
Ja, den Boom gab es nach dem 16. September. Ich hatte auch vorher über Iran | |
gepostet, es gab ja zum Beispiel im Sommer 2022 Proteste in Chusistan. Auch | |
über den zum Tode verurteilten Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd hatte ich | |
schon gesprochen – aber da hatte ich nur eine geringe Reichweite. Seit | |
meinem ersten Post zum Mord an Jina Mahsa Amini hat sich das gewandelt. Auf | |
einmal wollten alle was zum Iran wissen, was mich natürlich total freut. | |
Nur finde ich es schade, dass es dieses Interesse nicht vorher schon gab. | |
Die Menschen in Iran hätten es allerspätestens nach den blutigen Protesten | |
2019 verdient, dass man da mal hinschaut. Eigentlich schon seit 1979. Aber | |
besser spät als nie. | |
Was erreichen Sie mit Ihrer Instagram-Arbeit? | |
Ich glaube, ich erreiche ziemlich viel damit. Ich bekomme viele | |
Rückmeldungen, dass Leute Dinge nicht wussten und was sie durch meine | |
Beiträge gelernt haben. Ich berichte ja quasi ausschließlich auf Deutsch, | |
weil für mich die Zielgruppe nicht in erster Linie die iranische Diaspora | |
ist. Ich will diejenigen ansprechen, die mit dem Thema nicht vertraut sind. | |
Mit jedem Post, den ich mache, jeder Story, die ich setze, will ich Leute | |
aufklären, Dinge einordnen. Und natürlich geht es oft um die meist | |
gestellte Frage: Was kann ich denn tun? Ich zeige also immer wieder, so und | |
so kannst du dich einbringen. | |
Wie denn? | |
Zum Beispiel hatten wir kürzlich in Berlin ein Filmscreening mit „White | |
Torture“ von Narges Mohammadi, danach gab es eine Diskussion. Wenn ich auf | |
so einer Veranstaltung bin, teile ich das natürlich, auch um zu sagen: Hey, | |
guckt mal, das ist eine Form, Solidarität zu zeigen! Geht in die Kinos | |
eurer Städte, bittet sie darum, einen politischen iranischen Film zu | |
zeigen. Menschen schauen sich gerne einen Film an, auch politische Filme. | |
Auch so kann man aufklären und Schallverstärker sein für die Menschen in | |
Iran. | |
Als Social-Media-Aktivistin geht es bei Ihnen auch viel um | |
Online-Aktivismus. Aber was bringt der? Man macht sein Herzchen bei Insta, | |
statt auf eine Demo zu gehen? | |
Aktivismus ist nicht nur, auf die Straße zu gehen! Klar ist das wichtig, | |
aber unterschätze nie die Macht eines Herzchens auf Instagram oder die | |
Macht eines Retweets bei Twitter beziehungsweise X. Das sieht man am Iran | |
sehr gut: Es gibt für die Protestierenden als „Waffe“ nur die | |
Öffentlichkeit. 2019 haben die Mullahs das Internet abgeschaltet, die | |
Proteste wurden niedergeschossen, niemand auf der Welt hat hingeschaut. | |
Jetzt schicken die Iraner Filme, wie sie auf die Straße gehen. Das ist | |
lebensgefährlich, sie machen es trotzdem, damit wir es teilen, damit die | |
Welt sieht, was ihnen widerfährt. Da ist es unsere Pflicht, das zu | |
verbreiten – und ein Like hilft in einem algorithmenunterstützten System, | |
etwas zu verbreiten. Und wenn Menschen damit jeden Tag auf Social Media | |
konfrontiert sind, bleibt etwas hängen. | |
Die deutsche Politik konnten Sie aber noch nicht überzeugen. Kürzlich haben | |
Sie beim Tag der offenen Tür Außenministerin Annalena Baerbock besucht und | |
kritische Fragen gestellt. Warum ist die Ampel so zögerlich in Sachen Iran? | |
Ich erkläre mir das Nichtstun der Bundesregierung damit, dass man die | |
Beziehung zur Islamischen Republik nicht kaputt machen will. Das Auswärtige | |
Amt erkennt nicht das Potenzial der Menschen in Iran, dass sie das Regime | |
tatsächlich zum Sturz bringen werden. Stattdessen halten sie an dem Glauben | |
fest, irgendwie das sogenannte Atomabkommen wiederzubeleben. Wobei ich es | |
sehr naiv finde zu denken, dass man damit den Bau einer Atombombe | |
verhindern kann. Man zögert das vielleicht um wenige Jahre hinaus, und in | |
diesen wenigen Jahren füllt man wieder die Kriegskassen der Islamischen | |
Republik. | |
Aber der Bundeskanzler hat zu Beginn der Proteste eine sehr gute Rede | |
gehalten und das Mullahregime verurteilt. | |
Ja, weil wir maximalen Druck gemacht haben. Ich hatte damals mit innn.it | |
die Petition #Olafsagwas gestartet, wo die Videos dazu über eine Million | |
Reichweite hatten. Ich denke, wegen des öffentlichen Drucks hat er ein | |
Statement gemacht, was nicht schlecht war, er hat wirklich gute Worte | |
gefunden. Der Kanzler kann, wenn er will. Aber er will nicht. Er hat auch | |
nichts gesagt, als der Oberste Gerichtshof Irans das Todesurteil gegen | |
[5][Jamshid Sharmahd] bestätigt hat. Auch der Bundespräsident sagt nichts | |
dazu. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Was ist das für eine | |
Regierung, die sich nicht einmal für die eigenen Staatsbürger einsetzt? | |
12 Sep 2023 | |
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