# taz.de -- Friedensnobelpreis für Narges Mohammadi: Für ein Ende der Tyrannei | |
> Der Nobelpreis für die iranische Menschenrechtsaktivistin ist ein | |
> wichtiges Zeichen. Er sollte der westlichen Kuscheldiplomatie zu denken | |
> geben. | |
Bild: Taghi Ramahi, Ehemann von Narges Mohammadi, zeigt ein altes Foto von ihne… | |
Der Friedensnobelpreis [1][für die iranische Menschenrechtsaktivistin | |
Narges Mohammadi] ist eine gute Nachricht in einem Meer aus schlechten | |
Nachrichten. Die 51-Jährige sitzt zum Zeitpunkt der Verkündung ihrer | |
Auszeichnung in Haft; [2][im Teheraner Evin-Gefängnis] verbüßt sie eine | |
Strafe dafür, dass sie an Gleichberechtigung und Freiheit nicht nur glaubt, | |
sondern dafür kämpft. Sie sitzt in einem Land im Gefängnis, in dem eine | |
16-jährige Kurdin vor wenigen Tagen in der Teheraner U-Bahn so stark | |
misshandelt wurde, dass sie ins Koma fiel. Der Grund für den Angriff der | |
Sittenwächter*innen: Das Mädchen trug kein Kopftuch. | |
Für diese Mädchen und Frauen setzt sich Narges Mohammadi seit vielen Jahren | |
ein. In einem Brief, den sie im Dezember 2022 aus dem Gefängnis | |
schmuggelte, schrieb sie über sexualisierte Gewalt, die ihr und anderen | |
Frauen in Haft widerfährt. Außerdem schrieb sie, wie wichtig es sei, dass | |
die Welt hinschaut: „An dieser Stelle möchte ich betonen“, schrieb | |
Mohammadi, „dass Tapferkeit, Mut, Ausdauer und Kampf etwas bewirken und | |
erreichen können, wenn sie von der Aufmerksamkeit der Medien und der | |
Institutionen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, begleitet | |
werden.“ Oder anders: Die Menschen werden ihre Freiheit nicht erreichen, | |
wenn sie allein kämpfen müssen. | |
Das iranische Regime begeht seine Verbrechen am effektivsten – also am | |
grausamsten –, wenn niemand zusieht. Nur sieht die Welt schon lange nicht | |
mehr hin. Als die Nachricht über das Koma der jungen Kurdin Armita Garavand | |
bekannt wurde, reagierte auch die deutsche Außenministerin. Es sei | |
„unerträglich“, so [3][Annalena Baerbock], dass „schon wieder eine junge | |
Frau in Iran um ihr Leben kämpft“. Das Problem: Es ist offensichtlich sehr | |
wohl erträglich, zumindest für die internationale Gemeinschaft. Die | |
internationale Diplomatie ist zu einem Umgang mit dem Regime zurückgekehrt, | |
den es vor der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung pflegte. | |
## Ein bemerkenswerter Brief | |
Die UN-Generalversammlung im September war eine Zusammenkunft der Schande. | |
Iranischstämmige Journalist*innen wurden von Regimetreuen bedroht, | |
westliche Politiker*innen, die so gern von Menschenrechten sprechen, ließen | |
sich Hände schüttelnd mit den Schlächtern aus Teheran abbilden, was von | |
iranischen Staatsmedien genüsslich propagandistisch genutzt wurde. Der | |
Nobelpreis sollte auch ein Signal an westliche Politiker*innen sein: | |
Ihr steht auf der falschen Seite. | |
Ihren Brief aus dem Dezember 2022 beendete Narges Mohammadi so: „Wir werden | |
nicht nachgeben, bis der Sieg errungen ist: die Einführung von Demokratie, | |
Frieden, Menschenrechten und ein Ende der Tyrannei.“ Ein Satz, würdig der | |
Trägerin eines Friedensnobelpreises. | |
6 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gilda Sahebi | |
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