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# taz.de -- Klage gegen Israels Justizreform: Countdown in Jerusalem
> Am Obersten Gericht entlarven Regierungsangehörige ihr Verständnis von
> Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Eine Gewaltenteilung gehört nicht
> dazu.
Bild: Alle 15 Richter des Obersten Verfassungsgerichts sitzen erstmalig zusamme…
Es ist der Auftakt zur entscheidenden Phase im Streit über Israels
Justizreform. Die 15 Richter und Richterinnen des Obersten Gerichtshofs in
Jerusalem treten zusammen, um zu einer Entscheidung über Petitionen gegen
die [1][umstrittene Gesetzesreform] zu beraten. Gleich zu Beginn geht es um
die eigenen Befugnisse, um die Aufhebung der sogenannten Aufhebungsklausel
bei unangemessenen Gesetzen.
Schon im Vorfeld signalisierten Regierungsangehörige, dass sie eine
eventuelle Aufhebung der Aufhebungsklausel nicht akzeptieren würden. Selbst
Regierungschef Benjamin Netanjahu verweigerte die Zusage, sich an die
richterliche Entscheidung zu halten, egal wie sie auch ausfalle. Wenn
Regierungsangehörige und Abgeordnete richterliche Entscheidungen nicht mehr
akzeptieren, warum sollte das sonst noch jemand tun?
Vor den 15 Richtern und Richterinnen liegt eine Entscheidung mit
historischer Tragweite. Das Oberste Gericht spielt in Israel eine
vergleichsweise wichtige Rolle, denn es gibt weder eine zweite Kammer noch
eine Verfassung. Ein souveränes Gericht ist eine der Säulen der
Gewaltenteilung und Demokratie. Nicht ohne Grund dauern die
[2][Massenproteste seit Anfang des Jahres] unverändert heftig an.
Eine Aufhebung der als Grundgesetz beschlossenen Einschränkung der
Angemessenheitsklausel wäre allerdings ein nie dagewesener Eingriff des
Gerichts. Und eine Staatskrise wäre die sichere Folge. Wer dem Plädoyer des
Knessetabgeordneten Simcha Rothman vor Gericht zuhörte, musste den Eindruck
bekommen, dass Demokratie für ihn etwas sehr Einfaches ist. Wichtig sei
zuallererst „das Volk“, sagte er und meinte damit mindestens 50 Prozent der
Wahlberechtigten.
## Schräges Demokratieverständnis
Dieses Demokratieverständnis ist mehr als naiv. Bei der Anhörung am
Dienstag machten die Vertreter der Regierung und des Parlaments wiederholt
deutlich, dass fundamentale demokratische Elemente wie Gewaltenteilung
sowie Menschen- und Minderheitenrechte für sie wenig zählen. Auf die Fragen
der Richter, wie die Regierung künftig den Missbrauch von Macht verhindern
möchte, blieben sie die Antworten schuldig.
Die Möglichkeit einer Verfassungskrise mit gänzlich unbekanntem Ausgang
sorgt bei [3][vielen Menschen in Israel für berechtigte Angst]. Die
Vorstellung, den Demokratieabbau hinnehmen zu müssen, allerdings nicht
weniger. Immer häufiger ist daher auf den Protesten Zustimmung für ein
Eingreifen der Richter zu hören, und ihre Entscheidung als Chance für einen
Neustart der Verhandlungen über die Zukunft der israelischen Demokratie zu
nutzen. Das wäre der richtige Weg.
12 Sep 2023
## LINKS
[1] /Justizreform-in-Israel/!5956782
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[3] /Justizreform-in-Israel/!5950633
## AUTOREN
Felix Wellisch
## TAGS
Israel
Justizreform
Demokratie
Massenproteste
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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