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# taz.de -- Justizreform in Israel: Gericht bremst Justizumbau
> Israels Oberstes Gericht hat ein Kernelement des Justizumbaus gekippt.
> Justizminister Levin wirft den Richter*innen Machtmissbrauch vor.
Bild: Eine Schlappe für Regierungschef Netanjahu (hier im Juli im Parlament in…
Jerusalem afp | Schwere Schlappe für die Regierung von Benjamin Netanjahu:
Das Oberste Gericht Israels hat ein zentrales Element der umstrittenen
Justizreform für ungültig erklärt. Wie das Gericht am Montag mitteilte,
stimmten 8 von 15 Richtern gegen eine im Juli vom Parlament verabschiedete
[1][Gesetzesänderung zur sogenannten Angemessenheitsklausel]. Die Änderung
der Klausel sollte dem Obersten Gericht die Möglichkeit nehmen,
Entscheidungen der Regierung als „unangemessen“ einzustufen und außer Kraft
zu setzen.
Das Gericht erklärte, die Gesetzesänderung sei gekippt worden „wegen des
schweren und beispiellosen Schadens für die grundlegenden Charakteristika
des Staates Israel als ein demokratischer Staat“.
Das Parlament hatte das Gesetz zur Einschränkung der Justizbefugnisse im
Juli trotz anhaltender Proteste mit knapper Mehrheit verabschiedet.
Netanjahus Regierung, eine Koalition aus seiner Likud-Partei und
rechtsextremen und ultraorthodoxen Parteien, erachtet die
Gesetzesänderungen für notwendig, um die Machtverhältnisse bei der
Gewaltenteilung neu zu regeln.
Die Kläger gegen das Gesetz zur Einschränkung der sogenannten
Angemessenheitsklausel hatten argumentiert, es schwäche die Justiz als
Pfeiler der israelischen Demokratie. Sie befürchten, eine Entmachtung der
Justiz könnte [2][einem autoritären Staat den Weg ebnen], da Israel weder
über eine Verfassung noch über eine zweite Parlamentskammer verfügt.
Die Pläne der Regierung zum Umbau der Justiz haben das Land tief gespalten.
Seit der Vorlage der Reform vor einem Jahr hatten Woche für Woche
zehntausende Menschen dagegen demonstriert. Die Massenproteste endeten erst
mit dem beispiellosen Überfall der radikalislamischen
Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober.
Regierung kritisiert Gericht
Israels Justizminister Jariv Levin warf dem Gericht nach der
Urteilsverkündung vor, „die ganze Macht für sich in Anspruch zu nehmen“.
Mit ihrer Entscheidung nähmen „die Richter die ganze Macht in ihre Hände,
die in einem demokratischen System auf ausgewogene Weise aufgeteilt ist
zwischen den drei Gewalten“ Exekutive, Legislative und Judikative, erklärte
der Minister im Onlinedienst Telegram.
Levin, der Architekt der Justizreform, erklärte, das Urteil „beraubt
Millionen Bürger ihrer Stimme“. Er kritisierte zudem die Veröffentlichung
des Urteils „mitten im Krieg“. Dies schade der „notwendigen Geschlossenhe…
in diesen Tagen für den Erfolg unserer Kämpfer an der Front“.
Auch Netanjahus Likud-Partei erklärte, es sei „bedauerlich“, dass der
Oberste Gerichtshof beschlossen habe, sein Urteil zu veröffentlichen,
während „rechts- und linksgerichtete Soldaten“ kämpften und ihr Leben
riskierten.
Oppositionsführer Yair Lapid begrüßte dagegen das Urteil. „Der Oberste
Gerichtshof hat seine Aufgabe, die Bürger Israels zu schützen, treu
erfüllt“, schrieb Lapid im Kurzbotschaftendienst X.
Die Entscheidung „muss respektiert werden“, erklärte Benny Gantz, Mitglied
des Kriegskabinetts und ehemaliger Rivale Netanjahus, auf X. Er rief zur
Einheit auf, „um den Krieg gemeinsam zu gewinnen“.
Die Bewegung für gute Regierungsführung, die die Klage gegen die Klausel
eingereicht hatte, begrüßte eine „historische“ Entscheidung. „Die Regie…
und die Minister, die die Justiz umgehen wollten, haben gelernt, dass es in
Jerusalem Richter gibt und eine Demokratie mit Gewaltenteilung“, erklärte
die Bewegung.
Auch eine der Organisatorinnen der Proteste gegen die Justizreform, Schikma
Bressler, begrüßte das Urteil in einem Video. „Die Entscheidung des
Obersten Gerichtshofs befreit uns zumindest vorläufig vom Schwert der
Diktatur“, sagte Bressler.
2 Jan 2024
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[1] /Umstrittene-Justizreform-in-Israel/!5950619
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Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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