# taz.de -- Verkehrswende in New York City: Autofahrer sollen Subway helfen | |
> In New York City soll eine Maut eingeführt werden, deren Einnahmen zu 100 | |
> Prozent in den Nahverkehr fließen. Doch es gibt Klagen dagegen. | |
Bild: Wer hier fährt, soll künftig zahlen: Straße in Manhattan | |
NEW YORK taz | Verstopfte Straßen. Genervte Verkehrsteilnehmer. Und ein | |
tägliches Konzert aus Hupen und Sirenen. Wer schon einmal zur | |
Hauptverkehrszeit im New Yorker Stadtteil Manhattan unterwegs war, der | |
weiß, dass es viel Geduld und Nerven erfordert. Ein neuer Plan soll nun | |
Abhilfe schaffen und zugleich die Lebensqualität durch Investitionen in den | |
öffentlichen Personennahverkehr verbessern. Es handelt sich um ein für die | |
USA einmaliges Konzept. Doch nicht jeder ist von der Idee begeistert. | |
Der Plan ist schnell erklärt: Kraftfahrer sollen eine [1][Maut] zahlen, | |
wenn sie in Downtown Manhattan unterwegs sein wollen. Dazu zählen alle | |
Gebiete südlich des weltbekannten Central Parks. Wie hoch der Preis genau | |
sein wird, steht noch nicht fest. Doch laut Entwurf werden die Gebühren pro | |
Fahrzeug zwischen 9 und 23 US-Dollar liegen, abhängig von der Tageszeit | |
sowie diversen anderen Faktoren. | |
Befürworter des Plans versprechen sich eine Reihe von positiven | |
Entwicklungen für die Stadt und ihre Bewohner. Dazu zählen weniger | |
[2][Lärmbelästigung], eine Reduzierung der Luft- und Umweltverschmutzung, | |
kürzere Wartezeiten für das Eintreffen von Polizei, Feuerwehr und | |
Rettungswagen und eine Verbesserung der Infrastruktur für Bus und U-Bahn. | |
Denn die Einnahmen aus den Mautgebühren, welche mehr als 1 Milliarde Dollar | |
pro Jahr betragen sollen, werden zu 100 Prozent den öffentlichen | |
Verkehrsbetrieben zugutekommen. | |
„Die Mauteinnahmen werden die New Yorker Subway (U-Bahn) in ein modernes | |
und zuverlässiges Verkehrsmittel verwandeln, wie es sich für New York | |
gehört. Zugleich werden dadurch die Fahrzeiten von Buslinien und | |
Lieferungen reduziert, da weniger Fahrzeuge die Straßen verstopfen“, sagt | |
Danny Pearlstein von der Pro-ÖVNP-Vereinigung Riders Alliance im Gespräch | |
mit der taz. | |
## 19 Kilometer pro Stunde | |
Eine Studie aus dem Jahr 2018 hat gezeigt, dass die Überlastung der | |
Verkehrsinfrastruktur in der Metropolregion New York einen wirtschaftlichen | |
Verlust von jährlich bis 20 Milliarden US-Dollar nach sich zieht. Die | |
Durchschnittsgeschwindigkeit in Midtown Manhattan während der Stoßzeiten | |
liegt bei gerade einmal 19 Kilometer pro Stunde, was New York den Titel als | |
verkehrsgeplagteste Stadt der Welt beschert. New Yorker sitzen sage und | |
schreibe 10 Tage pro Jahr im Stau. | |
„Das Congestion Pricing Model wird dafür sorgen, dass die Menschen einen | |
Teil ihrer Zeit und ihres Geldes zurückgewinnen werden, da durch weniger | |
Stau die Effizienz von Firmen und Arbeiten gesteigert wird“, sagt Danny | |
Pearlstein. Der Plan, der bereits 2019 von Abgeordneten auf Landesebene | |
abgesegnet wurde, könnte im kommenden Jahr endlich Realität werden. | |
Erste elektronische Mautstationen wurden in den vergangenen Tagen in | |
Manhattan bereits aufgestellt. Da sich auch Bundesstraßen innerhalb der | |
geplanten Mautzone befinden, musste auch das amerikanische | |
Bundesverkehrsministerium seine Zustimmung geben. Die Behörde erteilte Ende | |
Juni grünes Licht. | |
Doch auch jetzt, nach mehreren Jahren der Verzögerung aufgrund der | |
Coronapandemie, langwierigen Umweltprüfungen und bürokratischen Hürden, ist | |
die Einführung von Congestion Pricing im Big Apple noch nicht garantiert. | |
Der Grund sind zwei neue Klagen, die gegen das Mautkonzept in den | |
vergangenen Wochen erhoben wurden. | |
## Klagen gegen das Projekt | |
Die Regierung des US-Bundesstaates New Jersey sowie der Präsident des New | |
Yorker Stadtteils Staten Island haben rechtliche Schritte eingeleitet, um | |
das Projekt zu stoppen. Beide Klagen beziehen sich vor allem darauf, dass | |
Pendler aus beiden Regionen durch die Maut unverhältnismäßig hohe Kosten zu | |
schultern haben. „Diese massive Mauterhöhung bedeutet Mehrausgaben von | |
Hunderten von Dollars pro Monat, die einer Familie an anderer Stelle | |
fehlen“, sagt New Jerseys demokratischer Gouverneur Phil Murphy. | |
Danny Pearlstein von Riders Alliance bezeichnet die Klagen als typisch | |
amerikanisch. „Jeder hier hat einen Anwalt auf Kurzwahltaste.“ Er weist | |
jedoch vor allem den Grundsatz der Klage zurück. | |
„Nur eine verschwindend geringe Zahl von Pendlern aus New Jersey und Staten | |
Island wird die neue Maut bezahlen. Schon jetzt nutzen fast 85 Prozent | |
aller Pendler die öffentlichen Verkehrsmittel, um nach Downtown Manhattan | |
zu gelangen. Und genau diese sind es, die von den erhöhten Einnahmen und | |
Reinvestitionen in die Verkehrsinfrastruktur profitieren werden“, so | |
Pearlstein. | |
Auch die [3][CO2-Emissionen] im Stadtgebiet sollten durch die Einführung | |
einer Maut deutlich reduziert werden. Eine Studie der Cornell University in | |
Zusammenarbeit mit dem City College of New York hat gezeigt, dass eine | |
Reduzierung von bis zu 15 Prozent möglich sei. Es wird jedoch auch | |
Ausnahmeregelungen geben, die es bestimmten Gruppen erlaubt, die Maut zu | |
umgehen. Ob der Startschuss wirklich im nächsten Jahr fällt, wird sich in | |
den kommenden Monaten zeigen. | |
6 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Hansjürgen Mai | |
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