# taz.de -- Afrikas erster Klimagipfel: Kein Kontinent ist so betroffen | |
> Die Staatschefs Afrikas wollen sich im Vorfeld der globalen | |
> Klimakonferenz positionieren. Ihre Länder leiden besonders unter der | |
> Erderhitzung. | |
Bild: Er spricht von Löwen und haut auf den Tisch: Kenias Präsident William R… | |
Kampala taz | Das wird auf der UN-Klimakonferenz in Dubai Ende des Jahres | |
wohl kaum passieren: „Auf eurem Morgenspaziergang könnt ihr einem Löwen | |
begegnen“, witzelte [1][Kenias Präsident William Ruto] in seiner | |
Eröffnungsrede am Montag zum Auftakt des ersten afrikanischen Klimagipfels, | |
der von Montag bis Mittwoch in Kenias Hauptstadt Nairobi stattfindet. | |
„Um Umwelt- und Artenschutz zu diskutieren, sind wir also in der richtigen | |
Stadt“, folgert er und erläutert den Besuchern aus aller Welt, wie nah | |
Kenias Wildtiere und die Menschen hier zusammenleben. Der nächste | |
Nationalpark liegt quasi direkt am Stadtrand, nur wenige Kilometer von den | |
Konferenzhallen entfernt. | |
„Dies ist kein gewöhnlicher Gipfel“, verspricht er. Sondern dies sei der | |
Anfang einer Zukunft, in welcher die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas | |
einhergehen werde mit dem Erhalt der Umwelt und der Artenvielfalt. | |
Vertreter aus über 50 Staaten werden erwartet, UNO-Generalsekretär António | |
Guterres sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sind | |
anwesend. | |
Afrikas erster Klimagipfel ist längst überfällig. Denn kein Kontinent hat | |
mit den Anpassungen an den Klimawandel so sehr zu kämpfen wie Afrika. | |
Obwohl die 1,3 Milliarden Afrikaner aufgrund des niedrigen Grads der | |
Industrialisierung nur rund 4 Prozent zum globalen Klimawandel beigetragen | |
haben, bezahlen sie dafür den höchsten Preis. | |
## Klimakosten schwer zu stemmen | |
Von extremer Dürre am Horn von Afrika, die seit Jahren Millionen Menschen | |
hungern lässt, bis hin zu [2][Schlammlawinen und Fluten, wie beispielsweise | |
im Juni im Osten der Demokratischen Republik Kongo], welche über 600 | |
Menschen in einer Nacht in den Tod rissen –, erleben die Afrikaner | |
mittlerweile fast mehr Katastrophen, ausgelöst durch Klimawandel als durch | |
Krieg und Terror. | |
Doch Afrikas Regierungen haben nur im geringen Maß finanzielle Mittel und | |
Kapazitäten, mit diesen Folgen umzugehen, geschweige denn, ihnen präventiv | |
zu begegnen. | |
Ein Beispiel: In Uganda hat jüngst eine interne Erhebung des Ministeriums | |
für Katastrophenschutz und Flüchtlinge die Summe von über 250 Millionen | |
Euro festgelegt, die das Ministerium jährlich einplanen müsste, um | |
[3][Opfern von Fluten oder Dürre] zu helfen. Dies entspricht fast dem | |
jährlichen Budget, das für Bildung vorgesehen ist. Dies kann das ohnehin | |
restlos überschuldete Land nicht allein stemmen. Ähnlich sieht es in fast | |
allen afrikanischen Ländern aus. | |
## Afrikanische Länder mit einer Stimme sprechen | |
Um Afrikas Staatsschulden infolge des Klimawandels nicht ins Unermessliche | |
steigen zu lassen, hat nun Kenias Präsident die Initiative übernommen, die | |
Afrikaner auf einen gemeinsamen Standpunkt einzuschwören. | |
„Wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz sollen in Zukunft nicht im | |
Widerspruch zueinander stehen“, so Ruto in seiner Eröffnungsrede. Sein | |
erklärtes Ziel: Auf den internationalen Klimakonferenzen und weltweiten | |
Gipfeln zum Thema Artenschutz, sollen die afrikanischen Länder in Zukunft | |
mit einer Stimme sprechen, um bei den Verhandlungen um die Gelder gemeinsam | |
Druck aufzubauen. | |
Im vergangenen Jahr haben die westlichen Industriestaaten Transferzahlungen | |
für die Länder des Globalen Südens in enormem Umfang in Aussicht gestellt | |
und sich [4][beim Weltklimagipfel COP27 in Ägypten auf einen | |
Entschädigungsfonds geeinigt]. Wer profitiert und wer einzahlt, bleibt aber | |
offen. | |
## Löwenanteil der Gelder sichern | |
Auf dem internationalen [5][Artenschutzgipfel COP25] in Montreal im | |
Dezember 2022 haben die teilnehmenden Staaten eine Finanzierung von 200 | |
Milliarden Dollar für Artenschutzvorhaben jährlich in Aussicht gestellt. | |
Darunter fallen neben Transferzahlungen der reicheren Staaten an die Länder | |
des Globalen Südens auch private Investitionen und Gelder, die auf den | |
Kapitalmärkten als Rendite eingespielt werden. | |
Die Afrikaner wollen sich bei diesen Verhandlungen nun den Löwenanteil der | |
Gelder sichern. Um dies zu erreichen, wollen die Regierungsvertreter in den | |
nächsten Tagen in Nairobi einen gemeinsamen Standpunkt ausarbeiten. Im | |
Dezember steht der nächste Klimagipfel, COP28, in Dubai an. | |
Bereits im Juni hat Kenias Präsident Ruto auf dem Klimagipfel in Paris auf | |
den Tisch gehauen. „Das derzeitige internationale Finanzsystem ist unfair, | |
strafend und ungerecht“, monierte er und verlangte eine Grundsatzreform. | |
## Eine weltweite Klimasteuer | |
Anstatt Klimaanpassungen in Afrika über weitere Kredite zu finanzieren, was | |
langfristig die afrikanischen Steuerzahler noch weiter belasten würde, | |
schlug er vor, eine weltweite Steuer auf fossile Brennstoffe, Luftfahrt | |
sowie Seetransport einzuführen, womit Anpassung an den Klimawandel sowie | |
Naturschutz bezahlt werden können. | |
„Das ist ein mutiger Schritt, den die Welt braucht, um unsere Umwelt zu | |
schützen und eine nachhaltige Zukunft für alle zu sichern“, so Ruto in | |
Paris. „Wir wollen nicht weiter betteln gehen“, hatte er betont. Der Gipfel | |
in Nairobi ist also nun der erste Schritt, über alternative | |
Finanzierungsideen zu diskutieren. | |
4 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Kenias-Praesident-William-Ruto/!5947596 | |
[2] /Klimakatastrophe-in-der-DR-Kongo/!5930234 | |
[3] /Klimakrise-in-Ruanda-und-Uganda/!5932328 | |
[4] /Klima-Reparationszahlungen-auf-der-COP/!5894300 | |
[5] /Artenschutzgipfel/!5900962 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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