| # taz.de -- Grünen-Chefin in der Lausitz: Vertrauen bilden im Kohlerevier | |
| > Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang besucht zwei Tage lang die Lausitz. | |
| > Der Ausstieg aus der Kohle ist ein Reizthema. Lang wirbt um Vertrauen. | |
| Bild: Begrüßung für die Grünenvorsitzende Ricarda Lang durch Bergbau-Lehrli… | |
| Schwarze Pumpe/Cottbus taz | Ricarda Lang will die Jahreszahl partout nicht | |
| sagen. Zweimal wird sie von Journalist*innen gefragt, ob sie trotz all | |
| der [1][Schwierigkeiten am Kohleausstieg 2030] auch in Ostdeutschland | |
| festhalte. Lang spricht von Parteitagsbeschlüssen und über Klimaschutz, | |
| aber „2030“ kommt nicht über ihre Lippen. Die Grünen-Vorsitzende steht vor | |
| dem Ausbildungszentrum der Leag, das auf dem riesigen Gelände „Schwarze | |
| Pumpe“ in der Lausitz liegt. Links von ihr der Arbeitsdirektor des | |
| Energiekonzerns, rechts ein Mitglied der Jugendausbildungsvertretung. Also | |
| besser nicht vor den Kameras [2][das Reizthema] anfachen. In den internen | |
| Gesprächen ist es ohnehin präsent. | |
| Seit Montag ist Lang auf Sommertour, die ersten beiden Tage verbringt sie | |
| in der Lausitz. Ihre Mission: zuhören und Vertrauen aufbauen. Das | |
| Verhältnis zwischen den Grünen und dem Kohlekonzern ist traditionell | |
| schwierig, im März hatte die Partei für zusätzlichen Ärger gesorgt. Zwei | |
| Vertreter des Gesamtbetriebsrats wollten zur Fraktionsklausur nach Weimar | |
| kommen, dann wurde die Beschlussvorlage für die Klausur bekannt. Darin | |
| stand, dass die Grünen den Kohleausstieg im Osten um acht Jahre auf 2030 | |
| vorziehen wollen. Die Arbeitnehmervertreter sagten ab. | |
| „Das war ein böses Foul“, sagt Toralf Smith, einer von ihnen. Es müssten | |
| endlich die versprochenen Subventionen fließen, damit der Konzern | |
| Planungssicherheit habe, fordert Smith. Der grüne Wirtschaftsminister | |
| Robert Habeck, meint er, tue nicht genug dafür, dass die EU-Kommission die | |
| Beihilfen genehmige. Und natürlich habe das Hochfahren der [3][Kraftwerke | |
| als Folge der Energiekrise] die Personalplanung des Konzerns vollständig | |
| durcheinandergebracht. „Die Verunsicherung in der Belegschaft könnte größer | |
| nicht sein.“ | |
| Habeck hat die Leag bereits zweimal besucht, jetzt also Lang. Sie betont | |
| bei jeder Gelegenheit, dass man die Kompetenzen und Erfahrungen vor Ort | |
| nützen müsse. Und dass es um die Menschen vor Ort und Sicherheit für ihre | |
| Jobs gehe. Dass Klimaschutz als Ziel nicht reicht, um die Leute hier | |
| mitzunehmen, scheint angekommen zu sein. Doch die Grünen stehen auch unter | |
| Druck ihrer Mitglieder und Wähler*innen, in Sachen Kohleausstieg zu | |
| liefern. | |
| ## Lausitz soll zum Green Valley werden | |
| 400 Auszubildende gibt es bei der Leag, hundert von ihren hatten am Montag | |
| ihren ersten Arbeitstag. Als Lang ankommt, stehen viele von ihnen mit | |
| Transparenten vor der Tür. „Hier ist die nächste Generation“ heißt es auf | |
| einem Banner. Das „nächste“ steht über „letzte“, was durchgestrichen … | |
| Die Jugendlichen sind höflich, wütende Proteste gibt es nicht. Als die | |
| Grünen-Chefin durch die verschiedenen Ausbildungsbereiche geht, sagen | |
| Einzelne, dass sie auch nach der Ausbildung in der Region und bei der Leag | |
| bleiben wollen. | |
| „Das ist mein Zuhause“, sagt einer von ihnen. „Manchmal habe ich Angst, w… | |
| es weitergeht“, meint auch der Jugendausbildungsvertreter. Leag-Chef | |
| Thorsten Kramer betont später beim Gespräch in der Unternehmenszentrale in | |
| Cottbus hingegen, dass sich der Konzern bereits ändere. Die Lausitz werde | |
| zum „Green Valley“, sagt er, zum „grünen Tal“. Je schneller der Ausbau… | |
| die alternativen Energien erfolge, desto eher könne das Unternehmen aus der | |
| Kohle aussteigen. Das Tempo reiche noch nicht. | |
| Auf Tagebauflächen der Leag sollen große Solar- und Windenergieparks | |
| entstehen, das Unternehmen will bis 2030 Photovoltaik- und Windanlagen mit | |
| 7 Gigawatt Leistung auf einer Fläche von 33.000 Hektar aufbauen. Die | |
| Kraftwerke sollen künftig mit Wasserstoff betrieben werden. Die Leag wolle | |
| weiter Energie produzieren, denn „das ist unsere DNA“, sagte Kramer. | |
| ## Transformation muss gelingen | |
| Bei der Transformation sei die Zukunftsperspektive für die Menschen das | |
| Wichtigste. Man müsse darauf achten, dass „es“ nicht entgleite. Deutlicher | |
| wird Kramer nicht. Er dürfte damit die politische Situation in der Lausitz | |
| meinen. [4][In der Region an der Grenze von Brandenburg und Sachsen ist die | |
| AfD stark], in beiden Ländern wird der Landtag im kommenden Jahr gewählt. | |
| Die extrem rechte Partei könnte auf Platz eins landen. „Es geht nicht nur | |
| um soziale, sondern auch um demokratische Verantwortung“, betont auch Lang | |
| Am Dienstag trifft die Grüne im Gründerzentrum „Dock 3“ auf dem | |
| Schwarze-Pumpe-Gelände Christine Herntier, die parteilose Bürgermeisterin | |
| von Spremberg – der brandenburgischen Gemeinde, auf der ein Teil des | |
| Geländes liegt. Im Gespräch wiederholt Herntier mehrfach: „Es darf kein | |
| zweites Mal passieren, dass hier in der Lausitz die Transformation nicht | |
| gelingt.“ | |
| 23 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Tagebaue-in-der-Lausitz/!5952599 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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