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# taz.de -- Südafrika beim Russland-Afrika-Gipfel: Wo endet Freundschaft?
> Beim Russland-Afrika-Gipfel muss sich besonders Südafrika heiklen Fragen
> stellen. Dabei geht es nicht nur um die Haltung zum Krieg in der Ukraine.
Bild: Teilnehmer des russisch-afrikanischen Gipfels in Sankt Petersburg am 27. …
Zum Auftakt des zweitägigen [1][Russland-Afrika-Gipfels] in Sankt
Petersburg sind am Donnerstag nur 17 Staatschefs der 54 Länder Afrikas
erschienen – wesentlich weniger als beim ersten Gipfel 2019, als es noch 43
waren. So gab es diesmal Absagen aus Nigeria, Kenia, der Demokratischen
Republik Kongo, Ruanda und Sambia. Dabei sind außer Südafrika unter anderem
Ägypten, Äthiopien, Mali, Senegal, Simbabwe und Uganda.
Ein Kreml-Sprecher machte für das Wegbleiben bereits den „Druck des
Westens“ verantwortlich. Zu dem parallel stattfindenden Forum mit
zahlreichen Arbeitsgruppen waren bis Donnerstag dagegen fast 1000
Delegierte aus afrikanischen Ländern angereist, allein 39 aus Südafrika
unter Leitung von Präsident Cyril Ramaphosa.
Mit Spannung wird erwartet, worüber jenseits von Bekundungen zu
historischen „Freundschaften“ zwischen der damaligen Sowjetunion (zu der
auch die Ukraine gehörte, was gern vergessen wird) und Befreiungsbewegungen
Afrikas konkret gesprochen werden wird:
Wird es auch um die drohenden Hungersnöte in Ländern Ostafrikas wie dem
Sudan oder Tansania nach der russischen Aufkündigung des Getreideabkommens
mit der Ukraine gehen? Deren Lieferungen können nun nicht mehr sicher
beziehungsweise nur noch teilweise über teure Umwege stattfinden – wobei
Russland jüngst selbst [2][ukrainische Getreidesilos] bombardierte. Wo
werden afrikanische Länder eigene Positionen formulieren, auch bei bislang
mehrheitlicher Enthaltung bei den UNO-Abstimmungen gegen Russlands Krieg
gegen die Ukraine?
Auf dem ersten Russland-Afrika-Gipfel vor vier Jahren hatte Putin noch
ausdrücklich die „Souveränität aller Länder“ betont. Er sprach von
„bedingungsloser Hilfe beim Aufbau von Infrastrukturen in Afrika – anders
als zahlreiche westliche Länder, die dies nur mittels Drohung oder
Erpressung tun“. Nun sicherte Putin schon im Vorfeld des Gipfels zu, dass
Russland in der Lage sei, „Getreide aus der Ukraine durch sowohl
kommerzielle als auch kostenlose Lieferungen an notleidende Länder Afrikas
zu ersetzen“. Dies auch als deutliche Kritik an der EU-Sanktionspolitik
gegen Russland, obwohl dieses Angebot fragwürdig bleibt. Bereits jetzt sind
seit dem Ende des Abkommens die Getreidepreise weltweit um 9 Prozent
gestiegen.
Es gibt eine eigene Tradition, nach der Delegierte aus Russland und
afrikanischen Ländern sich gegenseitig als „Freunde“ begrüßen, zuweilen
auch Staatschefs mit Vornamen. Zuletzt geschehen Mitte Juni bei der
Friedensmission sieben afrikanischer Staaten in der Ukraine und Russland.
## Ramaphosas 10-Punkte-Plan
Trotz dieser Freundschaftsbekundungen sollte das Bemühen der Leitung dieser
Mission durch Südafrikas Präsident Ramaphosa in Gesprächen mit Selenski und
dann Putin nicht lächerlich gemacht, sondern als ernsthafter
Vermittlungsversuch anerkannt werden. Auch weil Ramaphosas „10-Punkte-Plan“
kritisch gegenüber Russland vermerkte, dass „Kriegsgefangene und
verschleppte Kinder freizulassen“ seien und die „Souveränität aller Staat…
gemäß der UN-Charta anerkannt“ werden müsse. „Freund Wladimir“ ließ s…
Unmut unmittelbar spüren: Die russische Luftwaffe bombardierte Kyjiw, als
Ramaphosa mit Begleitung dort eintraf und zunächst in einem Bunker Zuflucht
suchen musste.
Brisant wurde die „Freundschaft“ Südafrikas mit Russland, als Ramaphosa als
Gastgeber des nächsten BRICS-Gipfels in Johannesburg vom 22. bis 24. August
auch Putin einladen sollte: Als Mitgliedsland des Internationalen
Strafgerichtshofs (IStGH), der einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt
hatte, wäre er verpflichtet, ihn bei Einreise zu verhaften. Monatelang
wurden alternative „Lösungen“ erkundet, wie die Verlegung des BRICS-Gipfels
nach China, das kein IStGH-Mitglied ist, wie übrigens auch Russland und die
USA nicht.
Erst kürzlich gab es ein allgemeines Aufatmen in Südafrika, als Putin
bekannt gab, nicht zum nächsten BRICS-Gipfel zu reisen, sondern seinen
Außenminister Lawrow zu schicken und selbst nur digital teilzunehmen.
Inzwischen gibt es auch einen Gerichtsbeschluss in Südafrika, wonach Putin
bei Einreise auch in Zukunft verhaftet werden müsste.
## BRICS-Staaten nicht unterschätzen
Gleichwohl sollte die Bedeutung von BRICS (einem Zusammenschluss von
Brasilien, Russland, Indien, China seit 2009, mit Südafrika seit 2010)
nicht unterschätzt werden, da es als Gegenpol zu den reichsten
Wirtschaftsnationen der G7 schon jetzt mehr als die Hälfte der
Weltbevölkerung repräsentiert und mehrere Länder des globalen Südens (unter
anderem Ägypten, Iran, Kuba, Saudi-Arabien und Uruguay) sich um Aufnahme
bemühen.
Beim vorbereitenden Treffen der BRICS-Außenminister*innen Anfang Juni
in Kapstadt betonte Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor, dass BRICS
nicht nur historisch notwendig sei. Vielmehr hätten auch jüngst die reichen
Länder des Nordens während der Coronapandemie gezeigt, „dass sie uns zuerst
im Stich lassen“.
Wer als „Freund“ gilt, kann auch persönliche Privilegien erhalten: Nicht
zufällig hält sich Südafrikas Ex-Präsident Jacob Zuma (81) derzeit zu
„medizinischer Behandlung“ in Moskau auf. 2018 musste er wegen massiver
Bereicherung auf Staatskosten zurücktreten und schafft es seitdem, sich
einer Verurteilung trotz mehr als 70 Korruptionsanklagen zu entziehen.
Bislang gab es lediglich eine bescheidene Gefängnisstrafe wegen seiner
Weigerung, vor Gericht zu erscheinen. Als diese Strafe letzte Woche
bestätigt wurde, verlängerte Zuma seine ärztliche Versorgung in Russland
auf unbestimmte Zeit.
27 Jul 2023
## LINKS
[1] /Putin-laedt-zum-Russland-Afrika-Forum/!5946428
[2] /Bomben-auf-ukrainische-Getreidesilos/!5946371
## AUTOREN
Lutz van Dijk
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