# taz.de -- BRICS-Gipfel in Südafrika: Stelldichein des Globalen Südens | |
> In Johannesburg treffen sich die wichtigsten Schwellenländer. Auf der | |
> Agenda des Bündnisses steht die Erweiterung. Viele Länder zeigen | |
> Interesse. | |
Bild: Skyline von Johannesburg, Südafrika | |
KAPSTADT taz | Seit Sonntag ist das Sandton-Tagungszentrum in Johannesburg | |
weiträumig abgesperrt. Sogar der Luftraum ist für Drohnen und jede Form von | |
privatem Flugverkehr gesperrt. Hier findet ab Dienstag der 15. Gipfel der | |
BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) statt. In | |
einer Fernsehansprache betonte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa am | |
Sonntagabend, dass 30 afrikanische Staatschefs der Einladung zur | |
Gipfelteilnahme und zu mehr internationaler Kooperation gefolgt seien. Und | |
bereits am Montag begann ein offizieller Staatsbesuch von Chinas Staats- | |
und Parteichef Xi Jinping. | |
Noch Ende Juli hatte Julius Malema von den oppositionellen EFF (Economic | |
Freedom Fighters) die Staatschefs von Brasilien, Indien und China | |
populistisch aufgefordert, aus „Solidarität mit Putin“ dem Gipfel | |
fernzubleiben. Der russische Präsident kommt nicht nach Südafrika, denn ein | |
Gericht hat auf Antrag der stärksten Oppositionspartei DA (Democratic | |
Alliance) bestätigt, [1][dass Putin aufgrund des bestehenden Haftbefehls | |
des Internationalen Strafgerichtshofes] in Den Haag gegen ihn wegen | |
Kriegsverbrechen in der Ukraine bei der Einreise in Südafrika zu verhaften | |
sei. Für Russland soll nun Außenminister Sergei Lawrow kommen. | |
2009 hatten Brasilien, Russland, Indien und China gemeinsam das Bündnis | |
BRIC gegründet, 2010 wurde es durch die Aufnahme Südafrikas zu BRICS. Von | |
Beginn an verstand BRICS sich als Stimme des Globalen Südens gegenüber den | |
reichen Industrienationen USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, | |
Deutschland, Japan und Italien, vereint in der G7-Runde. | |
Aber welche Zukunft hat BRICS in einer zunehmend polarisierten Welt? | |
Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor wurde im Vorfeld nicht müde zu | |
betonen, dass BRICS nicht als „antiwestlich“ oder gar „prorussisch“ zu | |
sehen sei. Es vereine einfach „circa 42 Prozent der Weltbevölkerung, fast | |
30 Prozent des Weltterritoriums und rund 20 Prozent des internationalen | |
Handels“, sagte sie. | |
## Eine schräge Allianz | |
Südafrika hat für BRICS große Pläne, so die Ministerin weiter: „Jetzt wird | |
es auch um die Aufnahme neuer Länder des Globalen Südens gehen, von denen | |
konkret 23 Anträge vorliegen.“ Nachdem Marokko am Wochenende erklärt hatte, | |
wegen des ungelösten Streits um die Westsahara nicht mehr interessiert zu | |
sein, bleiben 22. | |
Wird nun BRICS also in einem größeren Bündnis des „Globalen Südens“ | |
aufgehen? [2][Während Brasiliens Lula und Indiens Modi] einer Erweiterung | |
zunächst vorsichtig gegenüberstehen, wollen Chinas Xi und Russlands Putin | |
angesichts internationaler Isolation dies „so bald wie möglich“. | |
Es lohnt sich, die Liste der 22 Länder genauer zu betrachten, die zum Teil | |
tatsächlich schräge Allianzen mit sich bringen würden: Algerien, | |
Argentinien, Bangladesch, Bahrain, Belarus, Bolivien, Kuba, Ägypten, | |
Äthiopien, Honduras, Indonesien, Iran, Kasachstan, Kuwait, Nigeria, | |
Palästina, Saudi-Arabien, Senegal, Thailand, die Vereinigten Arabischen | |
Emirate, Venezuela und Vietnam. | |
67 Vertreter*innen aus Ländern des Globalen Südens haben ihre Teilnahme | |
in Johannesburg zugesagt. Mehrere Staatschefs sollen kommen, etwa aus Iran | |
und Argentinien. Eingeladen wurde auch der UN-Generalsekretär. Interessant | |
ist auch, wer nicht eingeladen worden ist: die EU etwa, und auch | |
Frankreichs Emmanuel Macron, der ausdrücklich Interesse an einer Teilnahme | |
bekundet hatte. | |
## Zuma aus dem Exil zurück | |
Wandile Sihlobo von der Landwirtschaftskammer Südafrikas kommentiert: „Die | |
BRICS-Partnerländer haben eine minimale Bedeutung für die Agrarexporte | |
Südafrikas, derzeit gerade mal 8 Prozent gegenüber 37 Prozent mit anderen | |
Ländern allein in Afrika. Südafrika wird jedoch seine Exporte weltweit | |
erweitern, und hier kann BRICS mit dem Abbau von Zöllen bei neuen Märkten | |
hilfreich sein.“ | |
Die Klima-Akivistin Nokwanda S., deren Großeltern sich im Exil in Moskau | |
kennenlernten, sieht trotz traditionell „russischer Sympathien“ auch | |
Gefahren: „Südafrika sollte sich nicht auf eine Seite schlagen. Niemand | |
kann sagen, wie die Parlamentswahlen 2024 bei uns ausgehen – zumal mehr und | |
mehr bisherige Wähler des ANC (African National Congress) genug haben von | |
Präsident Ramaphosas leeren Versprechen nach Überwindung extremer Armut und | |
einer Basisversorgung mit Strom und Wasser. Das sind unsere hausgemachten | |
existenziellen Probleme, die niemanden bei BRICS wirklich interessieren.“ | |
Weitgehend unbeachtet von allem BRICS-Wirbel ist letzte Woche | |
[3][Südafrikas korrupter Ex-Präsident Jacob Zuma] aus seinem Moskauer | |
„Exil“ zurückgekehrt, nachdem eine noch ausstehende Gefängnisstrafe von | |
wenigen Monaten wegen Wegbleibens vor Gericht gestrichen worden war. Seine | |
„dringend notwendige ärztliche Behandlung“ in Russland, die er noch kurz | |
vorher auf unbestimmte Zeit verlängert hatte, war nun vom einen auf den | |
anderen Tag nicht mehr nötig. | |
22 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Lutz van Dijk | |
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