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# taz.de -- Volksinitiative „Hamburg enteignet“: Die Verfassungsklage kann …
> „Hamburg enteignet“ freut sich: Die Berliner Senatskommission kommt
> zum Ergebnis, dass eine Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen rechtens
> ist.
Bild: Entscheidung von großer Tragweite möglich: Hamburgisches Verfassungsger…
Hamburg taz | Für die Aktivist:innen der [1][Volksinitiative „Hamburg
enteignet“] ist es eine 156-seitige juristische Analyse, die sie mit großer
Freude gelesen haben: Der Ende Juni in Berlin vorgestellte
„Abschlussbericht der Expertenkommission zum Volksentscheid
‚Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen‘“ kommt zu dem Schluss, d…
Enteignungen [2][nicht nur möglich, sondern auch ein effizientes Mittel
sind.]
Doch was folgt aus den Ergebnissen des Berliner Abschlussberichts für die
Hamburger Debatte um Lösungen für einen überteuerten Wohnungsmarkt?
„Der Kommissionsbericht bestätigt und ermutigt uns, weil er grünes Licht
für die Vergesellschaftung von Immobilienbeständen auch in Hamburg gibt“,
sagt Initiativensprecher Hanno Hinrichs. Der Berliner Abschlussbericht
dürfte nach der parlamentarischen Sommerpause eine besondere Rolle spielen:
Dann wird der Hamburger Senat entscheiden, ob er gegen die Volksinitiative
vor das Verfassungsgericht ziehen will.
Rund ein Jahr lang hatte die 13-köpfige Expert:innenkommission unter
dem Vorsitz der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD)
beraten, um „Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen“ zur Umsetzung des
erfolgreichen Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ zu erörtern.
Die Kommission sollte vor allem die zentrale Frage klären, ob ein dem
Volksentscheid entsprechendes Gesetz „im Einklang“ mit dem noch nie zuvor
angewendeten Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes steht.
## Grundgesetz gilt auch in Hamburg
Die Kommission beantwortet in ihrem Bericht die Frage eindeutig: „Ein
Vergesellschaftungsgesetz steht tatbestandlich im Einklang mit den in Art.
15 GG ausdrücklich genannten Voraussetzungen“, heißt es dort etwa. Ein
solches Gesetz könnte das Land Berlin tatsächlich für die
Immobilienbestände großer Wohnungsunternehmen verabschieden.
Die Hamburger Enteignungsinitiative orientiert sich mit ihren Forderungen
eng an dem Berliner Vorbild und sieht den Abschlussbericht deshalb als
relevant nicht nur für Berlin. „Aus dem Bericht geht klar hervor, dass auch
Hamburg berechtigt ist, große Immobilienbestände zu vergesellschaften“,
sagt Hinrichs. „Denn auch hier gilt Artikel 15 des Grundgesetzes.“
Darüber hinaus sieht die Hamburger Ini sich in weiteren zentralen Punkten
bestätigt: Die Kommission sieht [3][keine adäquate Alternative zur
Vergesellschaftung, die „bei gleichem Ertrag für die Zwecke des
Allgemeinwohls offensichtlich milder ist]“. Und anders als
Kritiker*innen der Volksinitiativen behaupteten, müsse die
Entschädigung der Wohnungsunternehmen für die öffentliche Hand nicht
übermäßig teuer werden.
Weil eine Vergesellschaftung etwas anderes ist als eine Enteignung, könne
in diesem Fall die Entschädigungssumme unter dem Marktwert der Immobilien
liegen. Grundlage für die Entschädigungshöhe könne demnach sein, was für
das Land finanzierbar sei und welche Erträge die gemeinnützige
Bewirtschaftung erbringe.
## Klagt der Senat?
„Der Bericht widerlegt den Mythos, dass die großen Immobilieneigentümer auf
Basis der Immobilienmarktwerte entschädigt werden müssen“, sagt Hinrichs.
„Es wird für die Stadt Hamburg also deutlich günstiger, als viele
behaupteten.“
Doch weder beim Senat noch bei den Regierungsfraktionen von SPD und Grünen
ist zu erkennen, dass der Bericht zu einen Sinneswandel in der politischen
Bewertung führt. Nur die Linkspartei reagierte bislang freudig auf die
Aussagen der Expert:innen.
Dabei muss der Hamburger Senat bald entscheiden, ob er den Weg der
Volksinitiative zu einem Volksentscheid in Hamburg verbarrikadieren will:
Nachdem die Volksinitiative im Frühjahr mehr als 18.000 Unterschriften in
Rathaus eingereicht und ihre Ziele im Bürgerschaftsausschuss für
Stadtentwicklung vorgestellt hat, steht im Spätsommer der Antrag auf ein
Volksbegehren als nächster Schritt zu einem Volksentscheid an.
Bei vorangegangenen Volksinitiativen war das der Moment, in dem der Senat
Klage vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht einreichte und „erhebliche
Zweifel“ an der Verfassungsmäßigkeit von Initiativenzielen geltend machte.
## … und wer bezahlt das?
Dass er klagt, gilt einerseits als naheliegend, da eben auch in Hamburg
noch keine Vergesellschaftung stattgefunden hat, also besagte, erhebliche
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Maßnahme nachvollziehbar
wären. Indes: Die Berliner Expert:innenkommission hat genau das
geprüft und keine Zweifel aufkommen lassen.
„Dem Hamburger Senat fehlt mit dem Kommissionsbericht jegliche juristische
Grundlage, um Klage vor dem Verfassungsgericht einzureichen“, sagt deshalb
Hinrichs. „Sollte er es dennoch tun, wäre das an Absurdität nicht zu
überbieten und nur als Verzögerungsstrategie zu erklären.“
[4][Allerdings argumentierte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD)
jüngst,] dass in Hamburg Volksinitiativen unzulässig sind, wenn sie den
Haushalt übermäßig belasteten – die Entschädigungszahlungen an die
Wohnungskonzerne könnten der Vorgabe folglich zuwiderlaufen.
Sollte der Senat das Verfassungsgericht anrufen, dürfte es wohl deutlich
mehr als ein Jahr dauern, ehe mit einem Urteil zu rechnen ist.
10 Jul 2023
## LINKS
[1] /taz-Salon-in-Hamburg/!5924872
[2] /Gutachten-zu-Wohnungspolitik-in-Berlin/!5940303
[3] /Enteignung-grosser-Wohnungskonzerne/!5940206
[4] https://www.mopo.de/hamburg/hitzige-debatte-sollen-hamburgs-gross-vermieter…
## AUTOREN
André Zuschlag
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