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# taz.de -- Cyberbetrug in Philippinen: Großrazzia gegen Menschenhandel
> In den Philippinen wurden 2.724 Personen festgenommen – und damit
> befreit. Sie waren in Gebäude eingesperrt und zum Cyberbetrug gezwungen
> worden.
Bild: Polizist:innen während ihres Großeinsatzes am 27. Juni in Manila
Berlin taz | In der philippinischen Hauptstadt Manila hat die Polizei am
Dienstag bei einer Razzia in einem Komplex aus sieben Gebäuden insgesamt
2.724 Personen festgenommen. Darunter sind 1.534 Einheimische und 1.190
Personen aus mindestens 17 asiatischen und afrikanischen Ländern.
Die zunächst Festgenommenen wurden mutmaßlich von Menschenhändlern in den
Gebäuden gefangengehalten, um für diese weltweit Internetbetrug mit
Onlineglücksspielen und Kryptowährungen durchzuführen. Damit sind sie Opfer
und wohl erzwungene Täter zugleich. Die Polizei steht jetzt vor der
schwierigen Aufgabe, die genauen Verantwortlichkeiten zu klären.
Laut einer Polizeisprecherin war dies die bisher größte Razzia in den
Philippinen gegen Menschenhändler. Bereits im Mai waren bei einer ähnlichen
Aktion in der nördlich von Manila gelegenen Freihandelszone Clark knapp
1.400 Personen aus sklavenähnlichen Arbeitsverhältnissen befreit worden.
Das Geschäftsmodell der Menschenhändler basiert darauf, dass sie ihre Opfer
über die sozialen Medien mit dem Versprechen auf attraktive und auf gut
dotierte Jobs anlocken. Dann werden den Getäuschten die Reisepässe
abgenommen, sie in Gebäuden eingesperrt und unter Drohungen zum Cyberbetrug
gezwungen.
## Betrug mit manipulierten Internetgeschäften
Dabei müssen sie in langen Arbeitsschichten für sehr wenig Geld meist
Landsleute online oder per Smartphonechat zu manipulierten
Internetgeschäften überreden, bei denen die Opfer viel Geld verlieren. Oft
geschieht dies mit Hilfe vorgetäuschter Nutzerprofile und vermeintlicher
Onlineflirts.
Wollen die zum Cyberbetrug gezwungenen Personen aussteigen, werden sie
meist geschlagen, von ihnen horrende Ablösesumme verlangt oder sie werden
an andere Cybergangs weiterverkauft. Dadurch steigen die verlangten
Ablösesummen weiter an und machen einen Ausstieg noch unmöglicher.
Im Sommer 2022 machte Kambodscha und dort insbesondere die
[1][brachliegende Casinostadt Sihanoukville] international Schlagzeilen als
Welthauptstadt des Onlinebetrugs. Als wichtige Drahtzieher galten
chinesische Triadenbosse, die zum Teil Kambodschas Staatsbürgerschaft
erworben und mutmaßlich Entscheidungsträger bestochen hatten.
Als der internationale Druck auf die Regierung in Phnom Penh zu groß wurde,
gingen die Behörden halbherzig gegen die meist vorab gewarnten Betrüger
vor. Erreicht wurde hauptsächlich nur eine weitere Dezentralisierung des
Cybercrimes.
## Schwache Regulierung und Machtvakuum hilft Cybercrime
So zogen die Onlinebetrugsbanden in die Grenzregionen zu Vietnam und
Thailand oder nahe der myanmarischen Grenzstadt Myawaddy. Dort herrschen
aufgrund des Bürgerkriegs mafiöse Zustände samt einem Machtvakuum.
Die Philippinen haben eine hochentwickelte, global agierende IT-Industrie,
die schon seit Jahren dank schwacher Regierung gute Verbindungen zur
Unterwelt, aber auch in die lokale Politik hat. Sie weiß auch, wie man
mittels Onlinekampagnen die Karrieren von Politikern zerstören kann, die
ernsthaft gegen Cybercrime vorgehen wollten. So gelingt bei den Razzien
zwar meist die Befreiung der Cybersklaven, aber die Drahtzieher der
Cybergangs bleiben in der Regel unbehelligt.
29 Jun 2023
## LINKS
[1] /Casino-Kapitalismus-in-Kambodscha/!5921768
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
Philippinen
Razzia
Cyberkriminalität
Kryptowährung
Kambodscha
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Ferdinand Marcos
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Philippinen
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