# taz.de -- Kritik an Geheimdienst: BND-Chef könnte Absetzung drohen | |
> Erst spät informierte der Auslandsnachrichtendienst über den | |
> Wagner-Aufstand in Russland. Am Mittwoch muss sich der BND im Bundestag | |
> rechtfertigen. | |
Bild: Der BND ist schlecht informiert, vielleicht wartet er bis es in der Zeitu… | |
BERLIN taz | Für [1][BND-Präsident Bruno Kahl] dürfte es am Mittwoch | |
ungemütlich werden. Hinter abhörsicheren Türen im Bundestag wird das | |
Parlamentarische Kontrollgremium tagen – und es wird auch um die | |
Performance des Auslandsgeheimdiensts gehen. Auch der Auswärtige Ausschuss | |
will sich am selben Tag damit beschäftigen. Und an Kritik am BND mangelt es | |
derzeit nicht, im Raum steht gar eine Absetzung von Kahl. | |
„Es muss ein Ende haben, dass der BND immer wieder von Ereignissen | |
überrascht wird“, sagte der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner, Teil des | |
Kontrollgremiums, am Montag der taz. „Zu klären sind die zentralen Fragen, | |
ob der BND in der gleichen Liga mit den Diensten unserer engsten | |
Verbündeten mitspielt, ob er mit diesen kooperiert und ob er von ihnen die | |
wesentlichen Dinge erfährt.“ Von einem Rücktritt Kahls spricht Stegner | |
nicht. Aber: „Wenn es Defizite gibt, muss geklärt werden, woran das liegt | |
und dazu gehört auch die Führung des Dienstes.“ | |
Kritisierte Defizite gab es zuletzt einige. Als in Russland [2][jüngst die | |
Wagner-Söldner um Jewgeni Prigoschin gegen Putin rebellierten], soll der | |
BND das Kanzleramt erst informiert haben, als der Aufstand schon lief – die | |
US-Dienste sollen weit vorher Bescheid gewusst haben. Auch vom Ausbruch des | |
Ukraine-Kriegs vor anderthalb Jahren wirkte Präsident Kahl überrascht, | |
[3][er weilte damals in Kiew]. Die Machtübernahme der Taliban 2021 in | |
Afghanistan hatte sein Dienst so schnell ebenso wenig vorhergesehen. Und | |
zuletzt kam auch noch ein [4][mutmaßlicher Doppelspion] in den eigenen | |
Reihen dazu. | |
Zum Wagner-Aufstand hatte zuletzt auch Kanzler Olaf Scholz in der ARD | |
erklärt, er habe davon im Vorfeld nichts gewusst. Man müsse über den | |
Informationsfluss zwischen den Verbündeten nochmal sprechen. Am Montag gab | |
sich sein Sprecher zurückhaltend: Der Kanzler arbeite mit allen Chefs der | |
obersten Bundesbehörden eng und vertrauensvoll zusammen, erklärte er auf | |
Nachfrage. | |
## Der BND schweigt zu der Kritik | |
Aber auch andere in der Ampel üben Kritik. So erklärt zwar Konstantin von | |
Notz (Grüne), Vorsitzender des Kontrollgremiums, er sehe „derzeit keinen | |
Anlass“ für eine Rücktrittsdebatte um Kahl. Aber: Das Kontrollgremium habe | |
die Erkenntnislage des BND in Bezug auf den Ukrainekrieg „von Beginn an | |
sehr genau im Blick“. Der Dienst habe in der Vergangenheit immer wieder vor | |
den Gefahren aus Russland und China gewarnt, mit dem Ukrainekrieg müsse die | |
Zeitenwende aber auch beim BND Veränderungen zeigen. Weil dieser „ohne | |
Zweifel gerade in diesen Zeiten ein relevanter Pfeiler unserer wehrhaften | |
Demokratie“ sei, seien „funktionierende und effektive Strukturen umso | |
wichtiger“, so von Notz zur taz. Daher werde sich das Kontrollgremium mit | |
den Fragen der BND-Informationslagen und Kooperationen mit den | |
Partnerdiensten „intensiv befassen“. | |
Der BND selbst äußert sich zu der Kritik auf Nachfrage bisher nicht. | |
[5][Kahl war 2016 ins Amt gekommen], damals eingesetzt von CDU-Kanzlerin | |
Angela Merkel. Sein im Nachgang der NSA-Affäre gechasster Vorgänger Gerhard | |
Schindler kritisierte dieser Tage, der BND sei zuletzt juristisch so | |
eingeengt worden, dass die mangelhafte Informationsbeschaffung nicht | |
erstaune. SPD-Mann Stegner weist das zurück: „Das ist Quatsch. Es gibt | |
Recht und Gesetz – und damit muss und kann der BND arbeiten.“ Es dürften | |
muntere Sitzungen am Mittwoch im Bundestag werden. | |
3 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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