Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Proteste gegen Nato-Manöver: Krieg und Frieden üben
> Weil am Montag mit "Air Defender 23" das bisher größte Luft-Manöver der
> Nato beginnt, protestieren Friedensgruppen am Fliegerhorst Wunstorf.
Bild: Nicht nur wegen der Lautstärke ein Problem: Boeing C17 der US Air Force …
Hamburg taz | In Rendsburg war schon am Donnerstag der Lärm der landenden
Flugzeuge auf dem Fliegerhorst Jagel zu hören. Auch in Wunstorf bei
Hannover hat Friedensaktivist Gerhard Biederbeck schon etwas gehört. Allein
100 Flugzeuge kommen nach [1][Information der Bundeswehr] aus den USA, um
mit insgesamt 250 Maschienen aus 25 Ländern die „größte Verlegeübung von
Luftstreitkräften seit Bestehen der NATO“ zu proben.
Es kann „auch mal lauter“ werden, schreibt die Luftwaffe auf ihrer Homepage
über [2][“Air Defender 23“]. Vom 12. bis zum 23. Juni proben bis zu 10.000
Übungsteilnehmer ein „Nato Artikel-5-Beistandsszenario“ unter deutscher
Führung. Das Großmanöver wurde schon 2018 – also weit vor dem Ukraine-Krieg
– beschlossen und in den Folgejahren „ausgeplant“.
Dabei geht man von dem geopolitischen Szenario in einem „fiktiven Jahr der
Zukunft“ aus, bei dem die „jahrelange Konfrontation der Nato mit dem
östlichen Militärbündnis Occasus“ den Boden Deutschlands erreicht und
feindliche Kräfte im Osten schon etwa ein Viertel des Landes besetzt halten
und versuchen, nach Norden zur Ostsee vorzustoßen.
Insbesondere die Standorte Wunstorf bei Hannover – wo Transportmaschinen
landen können – und Jagel bei Schleswig seien „Dreh- und Angelpunkte“
während der Übung. Besonders bei den Start- und Landesphasen komme es zu
einer höheren Lärmbelästigung als üblich. Um Rücksicht zu nehmen, nutze die
Luftwaffe Korridore über dünn besiedelten Gebieten, schreibt die
Bundeswehr. Auch würden die Übungsgebiete weiträumig verteilt und „zeitlich
gestaffelt“.
## Fluglärm ist nicht einziges Problem
Eine Landkarte zeigt drei „Übungslufträume“ über Deutschland, je eine in
Süd-, Ost- und Norddeutschland. Der Übungsraum Ost werde von zehn bis 14
Uhr, der Übungsraum Süd zwischen 13 und 17 Uhr und der Übungsraum Nord von
16 bis 20 Uhr für militärische Nutzung „zeitweise reserviert“. Nachts und
am Wochenende fänden keine Flüge statt. Für den zivilien Luftverkehr könne
dies zu Verzögerungen führen.
Doch für Friedenaktivisten ist dies nur ein Nebenaspekt. „Die Bundeswehr
tut so, als ob das einzige Problem der Fluglärm wäre“, sagt Gerhard
Biederbeck. Der pensionierte Lehrer für Deutsch- und Politik gehört zur
„[3][Friedensinitiative Neustadt/Wunstorf“], die für diesem Samstag um fü…
Minuten vor zwölf zur Demo vor dem Haupttor des Fliegerhorstes Wunstorf
einlädt. Das Flugblatt dazu mit der Überschrift „Frieden üben – statt
Krieg“ habe seine Gruppe 900-mal verteilt. Er rechnet nun mit 300 bis 500
Teilnehmern.
„Der Krieg war noch nie so nah wie jetzt“, sagt Biederbeck. „Wir fordern
sofort diplomatische Verhandlungen, damit der Dritte Weltkrieg abgewendet
wird“. Dies hätten jüngst auch mehere hundert US-Bürgermeister gefordert.
Die Flüge beim Manöver gingen regelmäßig Richtung Baltikum und Rumänien bis
zur russischen Grenze, sagt Biederbeck. „Die Frage ist: Wirkt so ein
Manöver eskalierend oder nicht? Wir sagen, es wirkt eskalierend“. Es finde
ein Manöver statt, das der Gegner als beunruhigend empfinden müsse. „Ich
habe Sorge, will dabei aber nicht alarmistisch sein“, fügt er hinzu.
Die Friedensgruppe wolle auch nicht als „Putin-Versteher“ gelten. Sie sei
unabhängig und gehöre zu keiner Partei. Der örtliche „Arbeitskreis
Regionalgeschichte“ habe sich schon ausführlich mit dem Wunstorfer
Flughafen beschäftigt. So seien von diesem Fliegerhorst 1937 Luftangriffe
auf die Zivilbevölkerung im spanischen Guernica gestartet. Bei jetzigen
Manöver würden dort A400- M-Lufttransporter abheben, die Jagdbomber im Flug
betanken und Fallschirmjäger an vorderster Front absetzen könnten. Er
spiele eine „zentrale Rolle“ und würde, wenn es zum Krieg kommt, zu den
„prioritären Zielen“ des Gegners zählen. Die Menschen in der Region
Hannover wären „auf Schlimmste betroffen“.
## Demo vor dem Fliegerhorst
Auf der Demo, zu der eine Fahrraddemo ab Bahnhof Neustadt und ein
Schweigemarsch ab Bahnhof Poggenhagen führen und die von acht weiteren
Gruppen unterstützt wird, wird sich je ein Redebeitrag mit der Geschichte
des Flughafens und der Herstellung der A400-M im spanischen Sevilla und den
Forderungen gegen die wachsende Kriegsgefahr befassen.
Insgesamt sind laut [4][Homepage des „Netzwerks Friedenkooperative“] für
die nächsten Tage über ein Dutzend Aktionen gegen das Großmanöver geplant.
Im Norden gibt es am in Dienstag in Lüchow um 17 Uhr eine Mahnwache auf dem
Marktplatz unter dem Motto „Den Himmel entrüsten!“ und am Mittwoch um 12
Uhr eine Mahnwache direkt vor dem Haupttor des Tornadostandortes Jagel.
Die [5][Linke in Hamburg] empört, dass im Vorweg wegen Verspätungen in der
zivilen Luftfahrt die Nachtflugbeschränkung für den [6][Hamburger
Flughafen] aufgehoben wurde. Es sei nicht in Ordnung, dass die Anwohner vor
den Interessen der Fluggesellschaften zurückstehen müssten, sagt ihr
Umweltpolitiker Stephan Jersch. Laut Hamburger Senat dürfen verspätete
Flugzeuge noch bis 1 Uhr nachts landen. Flughafensprecherin Janet Niemeyer
sagte auf taz Nachfrage, konkrete Aussagen, wie die Übung sich auf den
Flughafen auswirke, seien noch nicht möglich. Da dies die bislang größte
Luftübung der Nato darstelle, lägen hierzu „noch keine Erfahrungen vor“.
Reisende sollten sich über ihren Flugstatus „auf dem Laufenden halten“.
10 Jun 2023
## LINKS
[1] https://www.bundeswehr.de/de/organisation/luftwaffe/team-luftwaffe-auf-uebu…
[2] /Warnung-vor-Flugausfaellen/!5936873
[3] https://www.auepost.de/stadtgespraech/friedensinitiative-wunstorf-wuerde-zu…
[4] https://www.friedenskooperative.de/termine
[5] https://www.linksfraktion-hamburg.de/erst-das-militaer-dann-das-geschaeft-u…
[6] https://www.hamburg-airport.de/de/unternehmen/instandhaltung-pisten-1166
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Militär
Nato
Manöver
Verteidigung
US-Army
Luftwaffe
Bundeswehr
Bundeswehr
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kirchentag 2023
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Gewerkschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Übung Air Defender: Luftspiele sind gestartet
Am Montag hat das Manöver Air Defender begonnen. Geprobt wird für den
Verteidigungsfall, ein Signal der Stärke soll gesetzt werden.
Nato-Luftverteidigungsübung: Air Defender beginnt
Am Montag startet die Nato ihre Luftverteidigungsübung. 10.000 Soldat*innen
und 250 Flugzeuge sind im Einsatz. Friedensaktivist*innen demonstrieren.
Ukrainische Ostfront: Granaten und geöffnete Geschäfte
Die Region um die Stadt Bachmut ist in den vergangenen Wochen hart
umkämpft. Ein Besuch an der Front.
Kirchentag ringt um Waffenlieferungen: Mehr als nur Gebete
Waffen für Kyjiw sind die große Kontroverse auf dem Kirchentag. Steinmeier
ist dafür, der Friedensbeauftragte der EKD dagegen.
Nato-Truppenübung „Air Defender“: Das Mega-Manöver
Es soll die größte Übung seit Gründung der Nato werden und ein Zeichen an
Russland senden. Auch der zivile Luftverkehr könne gestört werden.
Warnung vor Flugausfällen: 50.000 Minuten Verspätung
Aufgrund einer Luftwaffenübung sei im Juni mit Flugausfällen zu rechnen,
sagt die Gewerkschaft der Flugsicherung. Damit widerspricht sie der
Bundeswehr.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.