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# taz.de -- Gasbohrungen vor Borkum: Steinriffe sollen Gasbohrer stoppen
> Greenpeace stellt Ergebnisse aus eigenen Tauchuntersuchungen vor Borkum
> vor. Das umstrittene Gasförderprojekt sei nicht genehmigungsfähig,
> behaupten sie.
Bild: Greenpeace-Taucher protestieren gegen geplante Gasbohrungen
Hannover taz | Bei den umstrittenen Gasbohrungen vor Borkum überschlagen
sich die Ereignisse. An diesem Dienstag stellte Greenpeace in einer
Pressekonferenz [1][die Ergebnisse eigener Tauchuntersuchungen und ein
Rechtsgutachten vor.] Die Umweltschützer glauben, damit den entscheidenden
Hebel gefunden zu haben, um das Förderprojekt des niederländischen Konzerns
One Dyas noch zu verhindern.
Denn sie haben gleich mehrere Steinriffe in der unmittelbaren Umgebung der
geplanten Bohrstelle und der Trassenführung für die Stromversorgung
gefunden, die als unbedingt zu schützende Biotope einzustufen seien. „Aus
unserer Sicht ist das Projekt damit rechtlich nicht mehr
genehmigungsfähig“, erklärt Energieexpertin Anike Peters.
Währenddessen versuche der Konzern offenbar Fakten zu schaffen, sagt
Pressesprecherin Sonka Terfehr. Denn in der vergangenen Nacht war eine
Bohrplattform des Unternehmens weiter nördlich angelandet.
Greenpeace-Aktivisten protestierten dagegen und versahen die Plattformwand
[2][von Schlauchbooten aus mit dem Schriftzug „No New Gas“.]
Allerdings handelt es sich hierbei um ein anderes Gasfeld, für das die
Genehmigung bereits vorliegt. Für das größere Förderprojekt, das noch näher
an der Insel Borkum und dem Schutzgebiet Wattenmeer liegt, läuft das
Verfahren noch. Erst im April hatte [3][ein niederländisches Gericht die
vorbereitenden Bauarbeiten aufgrund] von Klagen der Insel und mehrerer
Umweltverbände gestoppt.
## Ökologische Kleinode
Zur Vorgeschichte gehört, dass man noch 2021 eigentlich glaubte, das
Projekt würde ad acta gelegt – im niedersächsischen Landtag gab es damals
einen breiten Konsens, Bohrungen in unmittelbarer Nähe zum Nationalpark
Wattenmeer nicht zu genehmigen. Getragen wurde der sowohl von der damals
noch rot-schwarzen Landesregierung als auch von der grünen Opposition.
Erst mit der Energiekrise aufgrund des russischen Überfalls auf die Ukraine
vollzog sich die Kehrtwende, seither gilt vor allem Wirtschaftsminister
Olaf Lies (SPD) als energischer Verfechter des Projektes. Bei [4][vielen
Inselbewohnern und Umweltverbänden setzte sich] deshalb der Eindruck fest,
die Genehmigungen sollten in Rekordzeit und ohne Rücksicht auf Verluste
durchgedrückt werden.
Die nun entdeckten Steinriffe sind ökologische Kleinode, erklärt Philipp
Schubert, Forschungstaucher bei Submaris. Von seinen Tauchgängen hat er
beeindruckende Bilder der insgesamt vier Riffe mitgebracht. Während die
Nordsee mit ihren Weichböden aus Sand und Schlick sonst kaum Halt bietet,
siedeln hier Pflanzen und Tiere dicht an dicht. „In unseren Proben fanden
sich 88 verschiedene Arten, 17 davon stehen auf der Roten Liste.“ Sowohl
nach dem EU- als auch nach deutschem Umweltrecht müsste man sie als
Schutzgebiete ausweisen – damit wäre das Gasprojekt aber unvereinbar.
Große Verwerfungen gibt es dabei auch um die Frage, welche Erkenntnisse
frühzeitig vorlagen und ob sie früher und umfangreicher in das
Genehmigungsverfahren hätten einfließen müssen. Greenpeace behauptet, das
Umweltministerium habe eine seit 2021 vorliegende Studie zu einem großen,
östlich der Bohrstelle gelegenem Steinriff „unter Verschluss“ gehalten.
Mit den Tauchern von Submaris und dem Gutachterbüro Bio-Consult hat
Greenpeace noch einmal dieselben Leute mit einer Untersuchung betraut und
das Untersuchungsgebiet dabei ausgedehnt. Das Ursprungsgutachten sei erst
im April aufgrund des Drucks von Greenpeace veröffentlicht worden – nachdem
die [5][Aktivisten dem Landtag im Wortsinne aufs Dach gestiegen waren.]
Sowohl der jetzige Umweltminister Christian Meyer (Grüne) als auch der
damalige Umweltminister und jetzige Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD)
bestreiten das aber. Als „konstruiert“ und „nicht sauber“ bezeichnete L…
die Vorwürfe. Das Gutachten sei niemals geheim gewesen, es stand die ganze
Zeit [6][auf der Seite des zuständigen Niedersächsischen Landesbetriebs für
Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)] zum Download bereit.
## Minister im Konflikt
Es sei aber eben auch in einem ganz anderen Zusammenhang entstanden, 2021
ging es darum, das Riff zu kartieren und dem Bund als potenzielles
Schutzgebiet zu melden. Man habe damals kein Interesse daran gehabt, das
öffentlich zu machen, um es vor unbefugten Zugriffen zu schützen, sagt
Umweltminister Christian Meyer (Grüne), der als ausgewiesener Gegner des
Gasförderprojektes gilt. Die ihm unterstellten Behörden NLWKN und der
Nationalpark Wattenmeer hätten ihre Bedenken im laufenden
Planfeststellungsverfahren auch immer wieder zum Ausdruck gebracht und auf
weitere Untersuchungen gedrängt. Wenn sich diese ökologischen Bedenken
nicht ausräumen ließen, sei das Projekt auch aus seiner Sicht nicht
genehmigungsfähig.
Damit steht er im Konflikt zu Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), der
weiterhin als großer Befürworter des Projektes auftritt. Er verweist
darauf, dass es nach wie vor eine große Herausforderung sei, eine
Mangellage im kommenden Winter zu vermeiden. „Da halte ich es für wenig
angebracht, auf der einen Seite Gaslieferungen von unseren niederländischen
Nachbarn zu erwarten und auf der anderen Seite Fördervorhaben per se zu
verhindern.“ Es komme nun darauf an, das laufende
Planfeststellungsverfahren sauber abzuarbeiten.
Greenpeace fordert derweil schon einmal Ministerpräsident Stephan Weil
(SPD) auf, ein Machtwort zu sprechen und von seiner Richtlinienkompetenz
Gebrauch zu machen.
13 Jun 2023
## LINKS
[1] https://presseportal.greenpeace.de/226954-greenpeace-gutachten-bestatigt-sc…
[2] https://presseportal.greenpeace.de/226966-protest-auf-see-greenpeace-aktivi…
[3] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Gericht…
[4] /Umweltverbaende-protestieren/!5910122
[5] /Protest-gegen-Gasbohrungen-vor-Borkum/!5928632
[6] https://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/195020/Bioconsult_Schuchardt_Sc…
## AUTOREN
Nadine Conti
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