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# taz.de -- Klimaprotest nimmt Reiche ins Visier: Jets erst recht
> Die Letzte Generation will jetzt gezielt gegen klimaschädlichen Reichtum
> protestieren. Darf die breite Masse deshalb aufatmen?
Bild: Genug gefeiert! Das reichste Prozent emittiert zehnmal so viel CO₂ wie …
Vielleicht lässt es sich in einer Jacht auch auf einer Sintflut aushalten.
Vor allem lässt sich die Sintflut damit aber hervorragend auslösen. Mehr
als 1.000 Liter Diesel verbrauchen manche der Luxusschiffe pro Stunde. Ein
fossiles Fest. [1][Eine Klimakatastrophe].
Das sieht auch die Klimaschutz-Gruppe Letzte Generation so. „Die
Klimakatastrophe kommt nicht einfach so. Sie wird gemacht – und zwar in
erster Linie von den Reichen“, heißt es in einem Plan der Gruppe für den
Sommer 2023. „Deshalb werden wir in den nächsten Wochen an die Symbole des
modernen Reichtums gehen, die nationale Aufmerksamkeit auf die
rücksichtslose Verschwendung der Reichen lenken und die Ungerechtigkeit
sichtbar werden lassen.“
Jachten, Privatjets, große Villen mit Klimaanlage und Pool: Superreiche
haben ganz besonders [2][viel Schuld an der Klimakrise]. Das zeigt sich in
harten Zahlen. Die durchschnittliche Person in Deutschland ist für etwa 10
Tonnen Kohlendioxid im Jahr verantwortlich. Beim reichsten Prozent sind es
dagegen laut Daten der Denkfabrik World Inequality Lab 105 Tonnen, also
mehr als das Zehnfache.
Die 800 Menschen, die das reichste 0,001 Prozent von Deutschland ausmachen,
verursachen demnach sogar unvorstellbare 11.700 Tonnen. Die ärmsten
Menschen leben umgekehrt – teils unfreiwillig aufgrund von finanziellen
Zwängen – viel klimafreundlicher als der Durchschnitt, haben teils nur
einen jährlichen Ausstoß von 3 Tonnen CO₂.
## Trotz, Wut, Ablehnung
Das ist natürlich ein krasses Ungleichgewicht. Die Klimakrise ist deshalb
nie nur ein Umweltproblem, sondern sie hat mit (Un-) Gerechtigkeit zu tun.
Dass das nun auch die Letzte Generation interessiert, ist deshalb
nachvollziehbar und sinnvoll. Welche Aktionen die Gruppe genau plant, ist
noch unbekannt.
Auf jeden Fall kann man auch annehmen, dass ein unangenehmer Nebeneffekt
ihrer üblichen Straßenblockaden ausbleibt: dass [3][Konservative und
Neoliberale plötzlich und kurzweilig ihr soziales Herz] für die pendelnde
Krankenschwester entdecken, als wäre deren eventueller Aufenthalt im
Klimaklebe-Stau die Hauptursache für den Pflegenotstand in Deutschland.
Privatjets sind klimaschädlich und unnötig – darauf können sich die
allermeisten einigen. Dass Proteste gegen die Luxuswelt ähnliche Wellen der
Ablehnung auslösen wie die Straßenblockaden, ist deshalb nicht anzunehmen.
Aber: Vielleicht steckt dahinter auch ein heimliches Aufatmen der breiten
Masse, diesmal nicht selbst angesprochen zu sein.
Dabei ist natürlich auch das „normale“ Leben in Deutschland und vielen
anderen Ländern extrem klimaschädlich – und wiederum viel CO₂-intensiver
als das in anderen Ländern. In Indien beispielsweise verursacht die
Durchschnittsperson nur etwa 2 Tonnen CO₂ pro Jahr. Das ist ungefähr die
Größenordnung, in die es für alle Menschen auf der Welt gehen müsste. Die
Klimakrise ist eben nicht nur in Deutschland ungerecht, sondern weltweit.
Deutschland trägt viel Klimaschuld und muss sich ändern – nicht nur die
Superreichen, sondern praktisch alle. Daran erinnert die Letzte Generation
mit ihren Straßenblockaden. Das ist es, was die starken Emotionen
hervorruft: Trotz, Wut und Ablehnung. Ob das der Gruppe auch politischen
Erfolg einbringt, steht auf einem anderen Blatt.
6 Jun 2023
## LINKS
[1] /Tourismus-der-Zukunft/!5934804
[2] /Ungleiche-Emissionen-in-Deutschland/!5922585
[3] /Rechte-sorgen-sich-um-Arbeitslose/!5831784
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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Reichtum
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