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# taz.de -- Graichen-Affäre im Klimaministerium: Das grüne Eigentor
> Es mag den Grünen um die gute Sache gehen. Aber auch wegen zögerlicher
> Selbstkritik ist die Affäre längst zu einer Gefahr für die
> Ampel-Koalition geworden.
Bild: Robert Habeck nach der Sitzung der Aussschüsse für Wirtschaft und Klima…
Kennen Sie Mario Czaja? Der CDU-Generalsekretär fährt, wenn er nicht gerade
genüsslich dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck wegen der
Graichen-Affäre ans Schienbein [1][twittert], gern große Geschütze auf für
den Bau von Autobahnen.
Die A 100, [2][behauptete Czaja kürzlich im Bundestag], werde für weniger
Lärm und weniger Abgasemissionen sorgen, wenn sie quer durch Berlin
gepflügt sein wird. Czajas Bruder Sebastian, [3][ein aktuell nicht weiter
wichtiger FDP-Politiker], der ebenfalls stets [4][mehr Autobahnen fordert],
ist mit [5][einer Frau verheiratet], die nach eigenen Angaben
[6][Referentin für Länderangelegenheiten ist – bei der Autobahn GmbH].
Was die Raserliebhaberei der Czajas mit [7][der Causa Graichen] zu tun hat?
Nichts. Sie zeigt erst einmal nur, wie nahe sich in der Hauptstadt
Expert:innen und Politiker:innen stehen. In [8][jeder Partei]. Sie
zeigt aber auch, wie politische Kommunikation funktioniert. Allein durch
die Thematisierung der familiären Bande entsteht ein, ja, was? Ein
Geschmäckle?
Selbst wenn es sich hier nur um eine vollkommen harmlose Liebesaffäre
zwischen fachlicher Expertise und politischer Agitation handeln sollte, das
Odeur des Verwerflichen verzieht sich nicht mehr. Wer so einen Trumpf dem
politischen Gegner vor die Nase legt, muss sich nicht wundern, wenn er ihn
bei nächster Gelegenheit um die Ohren gehauen bekommt. Dass den Grünen ein
solcher Fehler unterlaufen ist im wichtigsten und umkämpftesten Ressort,
dem Klimaministerium, ist unverzeihlich.
## Es geht nicht um Korruption
Natürlich kann man einwenden, dass Habecks Staatssekretär Patrick Graichen
ein ausgewiesener Experte ist, ebenso wie sein Trauzeuge, an dessen
Berufung zum Geschäftsführer der regierungseigenen Deutschen
Energie-Agentur Graichen beteiligt war. Und dass die umstrittene
Postenvergabe [9][längst korrigiert wurde]. Zu Recht dürfen die Grünen
betonen, dass es hier nicht um Korruption geht, nicht um Versorgungsposten
für politische Amigos, nicht um das Wirtschaften in die eigene Tasche,
sondern um die gute Sache: die dringend benötigte Energiewende. Schon klar.
Das reicht aber nicht, wenn Union und Bild eine wilde Kampagne anzetteln,
um die Zahnpasta wieder in die Tube zu quetschen. Ganz egal, ob die
Vorwürfe gegen Graichen und damit gegen Habeck aufgebauscht sind. Sie haben
sich auch durch [10][die zögerliche Selbstkritik] längst zur größten Gefahr
für die Grünen in der Ampel ausgewachsen.
Wenn Habeck Glück hat, wird er das Odeur wieder los, indem er mit Graichen
seinen besten Mann vor die Tür setzt. Wenn er Pech hat, reicht nicht einmal
mehr das. Dann steht Habecks Klimapolitik auf dem Spiel.
11 May 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/MarioCzaja/status/1655552699398602752
[2] https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7550802#url=L21lZGlhdGhla292ZXJs…
[3] /FDP-nach-der-Berlin-Wahl/!5912556
[4] /FDP-Fraktionschef-zu-Ampelkoalition/!5850058
[5] https://www.bz-berlin.de/berlin/wahl-2021-wie-viel-katharina-steckt-in-den-…
[6] https://www.xing.com/profile/Katharina_Czaja%E7%99%BD%E4%B8%BD%E5%A8%9C
[7] /Wirtschaftsministerium-in-der-Krise/!5930470
[8] /Wirtschafts--und-Klimaministerium/!5822657
[9] /Kluengel-im-Bundeswirtschaftsministerium/!5928721
[10] /Transparency-Chefin-ueber-Fall-Graichen/!5930469
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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