# taz.de -- Protest gegen Großprojekte in Mexiko: Eine Karawane des Widerstands | |
> Unter dem Motto „El Sur resiste“ protestieren indigene Aktivist*innen | |
> im Süden Mexikos gegen Regierungsprojekte wie den „Tren Maya“ in ihren | |
> Gebieten. | |
Bild: Protest gegen den „Mayazug“ im mexicanischen Playa del Carmen | |
Oaxaca taz | Ein Touristenzug, eine Containertrasse und einige dazugehörige | |
Industrieparks im Süden des Landes zählen zu den ambitioniertesten | |
Projekten des mexikanischen Präsidenten [1][Andrés Manuel López Obrador]. | |
Wenn alles nach Plan verläuft, dürften bald zahlreiche Urlauber*innen | |
mit dem „[2][Tren Maya]“ – dem „Mayazug“ – auf der Halbinsel Yucat�… | |
karibischen Stränden zu präkolonialen Pyramiden rauschen. | |
Und im Isthmus von Tehuantepec wird der „Interozeanische Korridor“ dafür | |
sorgen, dass eine Bahn große Mengen an Gütern vom Pazifik zum Atlantik | |
befördert. Entlang der Strecke, die den Panamakanal entlasten soll, sollen | |
industrielle Anlagen entstehen, in denen Unternehmen steuerfrei produzieren | |
können. 150.000 Arbeitsplätze würden dort bis 2030 geschaffen, verspricht | |
López Obrador, und viele weitere durch den Tourismus in der Karibik. Gerade | |
im verarmten Süden Mexikos brauche es diese Entwicklung, erklärt der | |
Staatschef. | |
Doch davon sind nicht alle überzeugt. Einige indigene Gemeinden befürchten, | |
dass durch die Megaprojekte ihre natürlichen Lebensgrundlagen zerstört | |
werden. Sie sprechen von „Projekten des Todes“, die ausschließlich auf | |
kapitalistische Verwertung ausgerichtet seien. Deshalb ziehen seit | |
vergangener Woche mehrere Dutzend Aktivist*innen in der Karawane | |
„[3][El sur resiste]“ – „der Süden widersteht“ – durch die betroff… | |
Gebiete. Am kommenden Wochenende wollen sie ihre Reise mit einem | |
internationalen Treffen in der Stadt San Cristóbal de las Casas beenden. | |
Beteiligt sind zehn Organisationen, von denen die meisten im Nationalen | |
Indigenen Kongress (CNI) eingebunden sind, und internationale | |
Vertreter*innen, die wie der CNI den aufständischen Zapatisten aus dem | |
Bundesstaat Chiapas nahestehen. „Die Karawane kann aufzeigen, dass es | |
Kämpfe und Widerstände und Formen eines würdigen Lebens, Denkens sowie | |
Fühlens und der Verbindung zu unserem Lebensraum gibt, die anders sind als | |
das von Individualität und Konkurrenz gezeichnete kapitalistische System“, | |
erklärt Ángel Sulub aus der Karibik-Stadt Carillo Puerto. | |
## Die Maya-Gemeinden in Yucatán fühlen sich übergangen | |
Bereits in den ersten Tagen waren die Beteiligten mit den | |
Sicherheitskräften konfrontiert. Nach dem Besuch eines Protestcamps des | |
indigenen Mixe-Dorfs Mogoñe Viejo auf der Strecke der geplanten | |
Containertrasse lösten Polizisten und Soldaten das Lager gewaltsam auf. | |
Sechs Personen wurden festgenommen und zwei Tage später nach öffentlichem | |
Druck wieder freigelassen. | |
Die Mixe kritisieren, dass sie nicht adäquat zu dem Vorhaben befragt und | |
über die Umweltfolgen informiert worden seien. Versprechungen wie eine | |
bessere Gesundheitsversorgung würden nicht umgesetzt. Solche Vorwürfe | |
erheben auch Gemeinden, auf deren Land große Windkraftanlagen gebaut | |
wurden. „Obwohl es in Juchitán 15 Windparks gibt, haben wir von den | |
Unternehmen kein einziges Watt erhalten“, erklärt ein Anwohner. | |
Auch Maya-Gemeinden auf der Halbinsel Yucatán fühlen sich von der Regierung | |
hintergangen. „Neun Millionen Bäume wurden gefällt, obwohl es hieß, dass | |
kein einziger abgeholzt werde“, kritisiert eine Karawanen-Teilnehmerin. | |
Umweltgutachten bestätigen, dass der Tren Maya den Dschungel und das | |
umfangreiche unterirdische Wassersystem zerstören könnte. „Dieser Zug ist | |
nicht Maya, sondern Militär“, skandierten die Aktivist*innen nicht zu | |
Unrecht: Der Touristenzug und der „Interozeanische Korridor“ werden vom | |
Verteidigungsministerium betrieben. | |
Trotz der Kritiken kann sich López Obrador sicher fühlen. Die Mehrheit der | |
Menschen in den betroffenen Regionen steht hinter seinen Plänen. Dabei | |
spielen sicher auch Sozialprogramme eine Rolle, mit denen sich der | |
Präsident gezielt Zustimmung sichert. Aber vor allem hoffen viele, dass die | |
Projekte Arbeitsplätze schaffen, um nicht von staatlichen Zahlungen und | |
Geldern emigrierter Angehöriger abhängig zu sein. Die Vision einer in die | |
Natur eingebundenen Subsistenzwirtschaft, wie sie manche Indigenen und ihre | |
Unterstützer*innen anstreben, kann sie nicht überzeugen. | |
4 May 2023 | |
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[3] https://www.elsurresiste.org/ | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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