Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Landtagswahl in Bremen​: Mit dem Tandem auf Platz zwei
> In Bremen wird am Sonntag gewählt. Die CDU schickt ein Duo aus einem
> Landwirt und einer Klimaaktivistin ins Rennen. In Umfragen liegt die SPD
> vorn.
Bild: Parteistrategen inszenieren Imhoff als pragmatischen Landwirt und Winter …
Berlin taz | Wiebke Winter hat an diesem Donnerstag Ende April eine nicht
ganz leichte Aufgabe. Auf dem Zukunftskongress der CDU soll sie dem
Publikum ausgerechnet ein Lastenfahrrad schmackhaft machen. Winter trägt
T-Shirt und Sneaker zum modernen dunkelgrünen Hosenanzug, auf der Bühne im
Berliner Tempodrom preist sie tapfer den Moover an, ein Rad speziell für
Paketlieferant*innen.
„Ich bin überzeugt, wenn Sie den Moover gesehen haben“, sagt sie in ihr
Headset, „dann werden Sie sagen, Lastenfahrräder sind nicht nur was für den
Prenzlauer Berg oder Menschen, die aus Hafermilch gemachten Latte macchiato
trinken, sondern es ist eine Neuheit für uns alle.“ Das mag nach billigem
Klischee klingen, aber irgendwie muss man die Christdemokrat*innen im
Saal ja kriegen.
Die Firma Rytle, die den Moover entwickelt hat, ist eines von sechs
Start-ups, die die CDU zum Pitch geladen hat. Winter ist die Patin des
Unternehmens. Die promovierte Juristin ist 27 Jahre alt, Chefin der Jungen
Union in Bremen und jüngstes Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Außerdem
[1][hat sie die Klimaunion mitgegründet], einen Verein, der die CDU beim
Thema Klimapolitik voranbringen will – und den ein Teil der Partei durchaus
kritisch sieht. Winter, die im Bremer Norden aufgewachsen ist und 2021 mit
einer Bundestagskandidatur scheiterte, kennt sich also mit
Herausforderungen aus.
Eine solche steht ihr am Sonntag auch in Bremen bevor. Dann wird in dem
kleinen Stadtstaat eine neue Bürgerschaft gewählt und Winter soll der CDU
zum Sieg verhelfen. Deshalb steht sie auf Listenplatz zwei der CDU und
tritt medienwirksam [2][mit Spitzenkandidat Frank Imhoff] als „Das Tandem
für Bremen“ an. Auf dem Tandem allerdings sitzt Winter hinten.
## Unklar, was bei einem Wahlsieg aus Winter wird
Sollte der CDU tatsächlich der Einzug ins Bremer Rathaus gelingen, wird
Imhoff Bürgermeister. Was aus Winter dann wird, ist offen – oder zumindest
öffentlich nicht bekannt. Aber das Ganze würde ohnehin an ein Wunder
grenzen. Die CDU hat in Bremen noch nie den Bürgermeister gestellt.
Vor vier Jahren aber war sie nah dran. Erstmals in der Bremer Geschichte
hat sie es 2019 geschafft, bei der Bürgerschaftswahl auf Platz eins zu
liegen, bislang hatte die SPD eine Art Abo darauf. Angetreten waren die
Christdemokrat*innen mit einem Quereinsteiger: dem bis dahin
parteilosen IT-Unternehmer Carsten Meyer-Heder.
In die Regierung kam die CDU damals aber trotzdem nicht. Die Grünen-Basis
konnte sich eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP schlicht nicht
vorstellen. Am Ende wurde SPD-Mann Andreas Bovenschulte Bürgermeister und
führt seitdem – erstmals im Westen – eine rot-grün-rote Regierung an, die
erstaunlich geräuschlos regiert.
Meyer-Heder erklärte früh, dass er nicht noch einmal antreten wird. Statt
auf ihn setzt die Bremer CDU nun auf einen Mix: Spitzenkandidat Frank
Imhoff zählt zum bewährten CDU-Landespersonal, hinzu kommt Wiebke Winter,
die das Angebot aufpeppen und für andere Wähler*innengruppen attraktiv
machen soll.
## Inszenierung als zupackendes und modernes Duo
Und in der Tat stehen die beiden für zwei recht unterschiedliche
Politiker*innentypen. Imhoff, 54, sitzt bereits seit 24 Jahren im Landtag;
als einer der wenigen in der CDU hat er wirklich vom guten Abschneiden
seiner Partei 2019 profitiert. Er ist seitdem Präsident der Bürgerschaft –
was ihn öffentlich bekannter gemacht hat. Imhoff ist Landwirt, der
Familienbetrieb im Stadtteil Strom im Bremer Westen wird inzwischen von
seiner Tochter geführt.
Er erzählt aber gern, dass er morgens noch in den Stall zu den 120
Milchkühen geht, weil ihn das erde. Die Parteistrategen inszenieren ihn
entsprechend als pragmatischen und bodenständigen Typ, der die Dinge mit
gesundem Menschenverstand angeht und zupacken kann. Wiebke Winter dagegen
ist für das Junge, Moderne, Urbane zuständig.
Auf einen harten, kontroversen Wahlkampf hat die CDU bislang verzichtet.
Imhoff und Winter, die häufig auch gemeinsam auftreten, setzen vor allem
auf die Themen Bildung, innere Sicherheit und Verkehr. In Berlin hat das
der CDU jüngst geholfen, recht überraschend und deutlich die
Wiederholungswahl zu gewinnen.
## Umfragen lassen CDU hoffen
Hoffnungen zumindest kann sich [3][nach den letzten Umfragen auch die CDU
in Bremen] machen. Hier könnte es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD
kommen, auch wenn diese leicht vorne liegt. Der positive Bundestrend dürfte
der CDU nutzen, Parteichef Friedrich Merz war unlängst zum Wahlkampf da,
auch die erfolgreichen CDU-Ministerpräsidenten aus Schleswig-Holstein und
Nordrhein-Westfalen, Daniel Günther und Hendrik Wüst.
Bürgermeister Bovenschulte hat eine Koalition mit der CDU nicht
ausgeschlossen. Sollte die CDU noch einmal, wie vor vier Jahren, auf Platz
eins landen, könnten sich aber auch die Grünen dieses Mal anders
entscheiden. Dazu allerdings müsste es erst einmal für Schwarz-Grün
reichen. Jamaika dagegen scheint wegen der FDP keine Option zu sein.
Beim Pitch im Berliner Tempodrom ist es für Winter übrigens nicht gut
ausgegangen. Bei der Abstimmung im Saal über die beste
Start-up-Präsentation schafften es die Firma Rytle und ihr Lastenrad noch
nicht einmal unter die ersten drei. Das zumindest wird ihr in Bremen mit
der CDU nicht passieren.
9 May 2023
## LINKS
[1] /CDU-Politikerin-zur-Klimakrise/!5815044
[2] /Die-Bremer-CDU-hat-einen-Spitzenmann/!5852468
[3] /Bremen-Buergerschaftswahl-2023/!5924488
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Senat Bremen
Frank Imhoff
Bremen
Schwerpunkt Klimawandel
Wahl in Bremen
CDU
CDU Bremen
Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023
Friedrich Merz
Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023
Andreas Bovenschulte
SPD Bremen
Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023
FDP Bremen
Bremen
R2G Bremen
## ARTIKEL ZUM THEMA
CDU-Parteitag in Berlin: Sinnsuche und Populismus
Parteichef Merz kommt am Wochenende mit einer Definition um die Ecke. Doch
ein anderer CDUler sorgt mit seiner Einlassung für noch mehr Wirbel.
Wahl zur Bremer Bürgschaft: Bovi rockt durch in Bremen
Sie ist wieder stärkste Kraft, und zwar deutlich: Die SPD holt in Bremen 30
Prozent. Eine Koalition mit Grünen und Linken scheint erneut möglich.
Bürgermeister Bovenschulte vor der Wahl: Der Retter der Bremer SPD
Mit Bürgermeister Andreas Bovenschulte sitzt die Bremer SPD wieder fest im
Sattel. Eine demütigende Wahlniederlage wie 2019 wird es dieses Mal wohl
nicht.
Bremer Bürgerschaftswahlkampf: AKP-Freunde kuscheln mit CDU
Eine AKP-Lobbyorganisation hat in Bremen Werbung für Oğuzhan Yazıcı von der
CDU gemacht. Auch SPD-Politikern wird Erdoğan-Nähe nachgesagt.
Bürgerschaftswahl in Bremen: Jugendliche wählen als ob
Unter 16-Jährige konnten symbolisch für die Bremer Bürgerschaftswahl
Stimmen abgeben. Besonders die Linke hat dabei verloren. Wahlalter
umstritten.
Politologe über Bremer Wahlkampf: „Erstaunlich inhaltsleer“
Der Bremer Politikwissenschaftler Andreas Klee spricht zum taz-Salon über
schwächelnde Grüne, beliebte Linke und die Misere in der Bildungspolitik.
Bremen-Bürgerschaftswahl 2023: Was kommt nach Rot-Grün-Rot?
In Bremen wird am 14. Mai das Landesparlament neu gewählt. Die rot-rot-grün
Koalition hat funktioniert. Aber kann sie weiter regieren? Alle Grafiken
zur Wahl.
Die Bremer CDU hat einen Spitzenmann: Der Präsident wird Kandidat
Landtagspräsident Frank Imhoff darf den beliebten Bremer SPD-Bürgermeister
bei der nächsten Wahl herausfordern: Die CDU hat keine Frau gefunden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.