# taz.de -- Rechtsextreme Partei „Bürger in Wut“: Ziemlich unbürgerlich | |
> Die „Bürger in Wut“ wollen bei der Bremen-Wahl auf Fraktionsgröße | |
> wachsen. Die Partei gibt sich zivil, pflegt aber Kontakte zu Rockern und | |
> Neonazis. | |
Bild: Mal sehen, wie viele so denken wie er: Wahlplakat von Oberwutbürger Jan … | |
HAMBURG taz | Die „Bürger in Wut“ (BiW) sind in der Bremischen Bürgerscha… | |
bisher eine Randerscheinung. Die Partei wird lediglich von den beiden | |
Polizeibeamten außer Dienst Jan Timke und Peter Beck vertreten. Bei der | |
Wahl am Sonntag könnte sich das ändern. Bei aktuellen Umfragen liegt die | |
nationalistische Wählervereinigung bei neun Prozent. Ihre Chancen sind auch | |
deshalb gewachsen, weil die AfD aus rechtlichen Gründen [1][nicht zur Wahl | |
zugelassen wurde]. | |
An der Weser treten die selbsternannten Wutbürger*innen weniger radikal | |
und krawallig als die AfD auf. Ihre Wut ist aber nicht minder rechts. | |
Einzelne Kandidaten kommen aus der AfD, weitere sind mit dem | |
Hooligan-Rocker-Rotlicht-Milieu verbandelt. | |
Die Spitzenkandidaten für die anstehende Wahl sind der BiW-Gründer Timke, | |
der erneut in Bremerhaven kandidiert, und Piet Leidreiter, der in Bremen | |
antritt. Leidreiter hat bereits bei der AfD Erfahrung gesammelt. 2013 war | |
er Gründungsmitglied in Bremen, 2014 wurde er Bundesschatzmeister, 2015 | |
erlangte er ein Mandat in der Bürgerschaft und wechselte im selben Jahr zu | |
den späteren „Liberal-Konservativen Reformern“. | |
Vor sechs Jahren ging Leidreiter zu den BiW. Bis 2019 bildete er mit Timke | |
und dem ehemaligen AfD-Abgeordneten Klaus Remkes die parlamentarische | |
Gruppe BiW. Bei Facebook deuten [2][Timke und Leidreiter] an, was sie als | |
liberal und moderat verstehen. Am 9. Mai steht dort der Verweis auf eine | |
Polizeimeldung, nach der sechs Männer wegen Messerverletzungen in | |
Krankenhäuser gebracht werden mussten. Dazu wird behauptet: „Das größte | |
Sicherheitsrisiko in Bremen ist der rot-grün-rote Senat.“ | |
Die angedeutete Annahme, die gegenwärtige Einwanderungs- und Asylpolitik | |
sei die Ursache für Gewalt, verdichtete Leidreiter in einem | |
Wahlkampfschreiben. Unter dem Slogan „Klartext im Wahlkampf“ behauptet er, | |
dass Bremen durch „Jugendliche und Kinder aus Marokko, Tunesien und | |
Algerien“ zu einer „Hochburg des Verbrechens“ geworden sei. Dass die Daten | |
des Senats dies nicht hergeben, stört ihn nicht. | |
Für die BiW treten mit Sven Schellenberg, Platz zwei, und Ulf Nummensen, | |
Platz sieben, zwei weitere Ex-AfDler an. Die Angaben zum BiW-Kandidaten auf | |
Listenplatz 18 sind spärlich: Heiko Werner, 1976, kaufmännischer | |
Angestellter. Doch der Mann mit dem markanten Kinnbart aus Vegesack hat | |
eine neonazistische Vergangenheit. | |
Bereits 2001 tauchte sein Name im Zusammenhang mit polizeilichen | |
Ermittlungen gegen die Rechsrock-Szene in Ostfriesland als Kontakt auf. Im | |
Mai 2018 nimmt Werner an einem Solidaritätsmarsch der gewaltbereiten | |
Neonazi-Szene für die [3][inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck] | |
in Bielefeld teil, wie Fotos belegen. Im Juni 2018 beteiligt sich Werner am | |
sogenannten Tag der deutschen Zukunft von NPD und militanter | |
Kameradschafts-Szene in Goslar. | |
„Infos dieser Art lagen uns nicht vor“, sagt Sven Schellenberg, Platz zwei | |
auf der BiW-Liste. Recherchen zu Werner hätten nichts Negatives ergeben. | |
Auch André Minne, Listenplatz drei, hat sich eher außerparlamentarisch | |
betätigt und Gleichgesinnte gefunden, die sich in Bremer Initiativen gegen | |
Geflüchtete und Asyl engagierten, darunter auch Rocker- und Rotlichtgrößen. | |
Diese Kontakte sind für die selbsternannte Law-and-Order-Wahlvereinigung | |
offensichtlich kein Widerspruch. | |
Mindestens via Facebook ist André Folkert Minne mit [4][Stefan Ahrlich] | |
befreundet. Ahrlich gilt seit Jahren an der Weser als eine Größe im Milieu | |
zwischen „Hells Angels“-Rockern und rechtsextremen „Standarte“-Hooligan… | |
Zu „Odin statt Jesus“ bekennt er sich mit einem tätowierten Schriftzug auf | |
der linken Brustseite und mit der T-Shirt-Aufschrift „Endstufe-Crew“ zeigt | |
er offen seine Nähe zu der Rechtsrockband. | |
## Im Zuhälter-Netzwerk | |
Im Netzwerk Ahrlichs, des „stadtbekannten Türstehers und Zuhälters“ | |
(Weser-Kurier), scheint sich Minne wohl zu fühlen. Er kommentiert nicht nur | |
mehrfach „Stefan’s Post“ und duzt die Rotlichtgröße, sondern liked auch, | |
das sich Ahrlich im August 2022 bei „Freunden, Brüdern und guten Bekannten“ | |
für Glückwünsche bedankt. | |
Ein gemeinsamer Bekannter ist der umstrittene Kampfsporttrainer Jens W., | |
eine Szenegröße für Rocker und Hooligans. Minne nennt ihn bei Facebook | |
vertraulich beim Spitznamen „Jenzo“. Jens W. besucht rechte | |
Demonstrationen. Unter einem Foto der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck | |
postet er: „Wenn es denn die Wahrheit ist, warum darf man dann nicht drüber | |
reden bzw. es anzweifeln??? verstehe ich nicht“. | |
Minne ruft ihn und weitere bekannte rechte Protagonist*innen zur Wahl | |
seiner Partei auf. Bei Twitter wird Minne deutlich: Er hetzt gegen | |
Blockaden der „Letzten Generation“ mit dem Spruch „Der ZeckenKärcher kö… | |
es ‚lösen‘“. Er behauptet, die Atlantik-Brücke habe der Presse befohlen, | |
den Krieg in der Ukraine als „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ zu | |
bezeichnen oder kommentiert die Umbenennung der Langemarckstraße in | |
Georg-Elser-Allee mit: „Was ne Woke scheisse“. | |
11 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andrea Röpke | |
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