Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lidl-Kampagne für Einwegflaschen: Ein System für die Tonne?
> Moderator Günther Jauch wirbt für ein neues Einwegplastik-System. Die
> Deutsche Umwelthilfe warnt davor, auf die Kampagne reinzufallen.
Bild: Laut Einschätzung der Umweltorganisation verwendet Lidl irreführende Za…
Berlin taz | „Ist das nicht ein richtig gutes System für die Umwelt?“,
fragt Günther Jauch. Im Werbespot für neue PET-Flaschen des Discounters
Lidl läuft der Moderator durch eine futuristisch anmutende,
computergenerierte Fabrik. „Kein Neuplastik, viel weniger CO2-Verbrauch
beim Transport, weniger Müll und günstiger für Sie als Verbraucher ist es
auch noch“, sagt Jauch.
Ein umweltfreundliches System also? Nein, meint die Deutsche Umwelthilfe
(DUH). Sie kritisiert die Lidl-Kampagne „Aus Liebe zur Natur“ samt der
Ökobilanzstudie des Ifeu-Instituts, auf die sich der Lebensmitteldiscounter
stützt. „Wir warnen Verbraucherinnen und Verbraucher davor, auf die
Werbekampagne von Lidl hereinzufallen“, so Barbara Metz,
Bundesgeschäftsführerin der DUH.
Laut Einschätzung der Umweltorganisation verwendet Lidl zur Begründung
irreführende Zahlen – und verschweigt unliebsame Ergebnisse. So vergleiche
Lidl sein eigenes [1][Einwegplastik-System] nicht mit dem eines
spezifischen Mehrweg-Abfüllers, sondern mit Marktdurchschnittsdaten von
Mehrweg. Ähnlich hat sich der Verpackungsexperte des Umweltbundesamtes,
Gerhard Kotschik, in der Neuen Osnabrücker Zeitung geäußert.
Für das System des Discounters würden ferner neue technische Daten der
Jahre 2021/22 verwendet, für Mehrweg hingegen Zahlen, die teils älter als
zehn Jahre sind, erläutert die DUH. „Darüber hinaus verschweigt der
Discounter in seinen Werbespots und auf Plakaten, dass die
0,5-Liter-Lidl-Einweg-Plastikflasche aus 100 % Recyclingmaterial
ökobilanziell schlechter als Mehrweg abgeschnitten hat“.
## Ein bisschen Materialschwund ist immer
Die DUH stößt sich auch an der Behauptung von Lidl, beim Kreislauf der
[2][Flaschen] gehe kein Material verloren. Tatsächlich gebe es beim
Recycling immer einen Materialschwund von 2 bis 5 Prozent – das verlorene
Plastik müsse wieder aufgefüllt werden.
Wie der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer, berichtet,
kauft Lidl dafür alte Plastik-Einwegflaschen von anderen Unternehmen auf.
Diese Firmen „müssen das Material dadurch anderweitig ersetzen. In der
Regel greifen sie dazu auf fossil basiertes Neuplastik zurück. Der
angebliche 100-Prozent-Recyclingkreislauf von Lidl wird so zur Farce“, sagt
Fischer.
In einer Mitteilung des Konzerns, die der taz vorliegt, antwortet Lidl auf
die Kritikpunkte. So bestünde die Kreislaufflasche ausschließlich aus
[3][recyceltem Material]. Dazu gehörten aber „auch Flaschen anderer
Hersteller“.
## Jauch will Wein weiter in Glasflaschen abfüllen
DUH-Geschäftsführerin Metz forderte Jauch auf, sich von der Kampagne zu
distanzieren. Der Moderator hingegen verteidigte das neue Lidl-Produkt in
der Neuen Osnabrücker Zeitung als „ökologische Getränkeverpackung, zu der
es allerdings noch Aufklärungsbedarf gibt“. Vom Vorwurf des „Greenwashings…
wollte Jauch jedoch nichts wissen.
Während Jauch weiter zu der Kampagne steht, scheint er von der Lidl-Idee
nicht komplett eingenommen zu sein. Auf seinem Weingut von Othegraven in
Kanzem an der Saar plant er nach eigenen Angaben jedenfalls nicht, auf das
PET-Flaschen-System umzusteigen.
28 Apr 2023
## LINKS
[1] /Recycling-mit-Enzymen/!5871465
[2] /Verbraucherschuetzer-warnen/!5165989
[3] /Kreislaufwirtschaft-in-Afrika/!5833869
## AUTOREN
Leon Holly
## TAGS
Recycling
Plastikflaschen
Kreislaufwirtschaft
GNS
Ernährung
Landwirtschaft
Plastikmüll
Schwerpunkt Klimawandel
Plastikmüll
Kreislaufwirtschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Werbeverbot für Süßigkeiten: Großer Kampf gegen kleine Laster
Die Politik diskutiert über ein mögliches Verbot von TV-Werbung für
Süßkram. Verbände machen Druck. Doch die Spots sind längst Kulturgut
geworden.
Vorwürfe gegen Lidl-Zulieferer: Quälerei fürs Kühlregal
Eine spanische Tierschutzorganisation erhebt schwere Vorwürfe gegen einen
Zuchtbetrieb. Die Produkte könnten auch in deutschen Filialen gelandet
sein.
Deutsche Umwelthilfe prüft Lidl und Aldi: Verpackungssünder Discounter
Die Deutsche Umwelthilfe hat erneut Supermärkte auf ihren Plastikverbrauch
untersucht. Vor allem Discounter bleiben ein Problem.
Klimaschädliche Weinflaschen: Wein besser aus dem Tetrapak
Einweg-Glasflaschen sind klimaschädlich – doch beim Wein sehr verbreitet.
Welche alternativen Verpackungen es für Wein gibt und welche Hürden sie
haben.
Recycling mit Enzymen: Problemfresser namens PHL7
Forscher:innen aus Leipzig haben ein Enzym entdeckt, das PET-Plastik
schnell zersetzt. Hilft es in Zukunft dabei, die Plastikflut zu bewältigen?
Kreislaufwirtschaft in Afrika: Recycling als Jobmotor
Bisher leben die Ärmsten auf dem afrikanischen Kontinent vom Müll. Ruanda
führt nun eine Allianz an, um daraus ein Business zu machen.
Verbraucherschützer warnen: Plastikflaschen machen weiblich
Eine neue Studie zeigt, dass Mineralwasser aus PET-Flaschen Stoffe enthält,
die wie Östrogene wirken. Die könnten die männliche Fruchtbarkeit
schädigen, warnen Experten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.